Sven Gnass spielt auf der Klarinette in Begleitung von Harald Sinot am Klavier Stücke von Astor Piazolla und Carlos Gardel. Foto: Siegmeier

"Menschen und Räume" ist die Ausstellung von Ingrid Wild und Verónica Munín-Glück überschrieben. Am Samstag wurde sie im Fürstensaal des Wasserschlosses Glatt eröffnet.

Sulz-Glatt. Kunst und Kultur sind Lebensmittel – spätestens bei der Vernissage am Samstagabend im Fürstensaal des Glatter Wasserschloss wurde das offenbar. Das Publikum strömte regelrecht zur Ausstellungseröffnung in den Fürstensaal. Die bereitgestellten 60 Stühle waren im Nu belegt und auch die weiteren, die kurzfristig aufgestellt wurden. Auch die Stehplätze im Gang und im hinteren Bereich waren gut belegt, was Bernhard Rüth, den Kurator der Ausstellung, und die Künstlerinnen besonders freute. "Ein wenig Normalität in diesen verrückten Zeiten", freute sich Bernhard Rüth in seiner Begrüßung, nachdem die Musiker Sven Gnass an der Klarinette und Harald Sinot am Klavier, das Publikum mit einem Stück des Tangokönigs Astor Piazolla auf die Ausstellung eingestimmt hatten.

Aufsteigerinnen der Kunstszene

Unter dem Motto "Menschen und Räume" präsentiert der Landkreis Rottweil bis zum 3. Juli aktuelle Arbeiten von Verónica Munín-Glück und Ingrid Wild, "die zu den Aufsteigerinnen in der regionalen Kunstszene zählen", betonte Rüth. Für die aus Argentinien stammende Malerin Verónica Munín-Glück, die in Sulz und Dornhan lebt und arbeitet, ist die Ausstellung gewissermaßen ein Heimspiel. "Und doch kommt sie hier im Wasserschloss doch einer Premiere gleich", sagte Rüth. Denn die Werke der Kosmopolitin, die seit 1992 als Künstlerin, Architektin und Möbeldesignerin tätig ist, waren im vergangenen Jahrzehnt zwar in vielen Kunstmetropolen zu sehen, aber "noch nie in Sulz am Neckar", so Rüth.

Die Arbeiten der in Königsfeld-Weiler lebenden Malerin Ingrid Wild, die sich dem Kunstraum Rottweil sehr verbunden fühlt, hat ihre Werke bereits mehrfach in Einzel- und Gruppenausstellung in der Region gezeigt. Die Initiative zu der Ausstellung sei von den beiden Künstlerinnen selbst ausgegangen.

Das Interesse an Malerei, auch an figurativer Malerei, ist offenbar groß. Das sei in den vergangenen Jahrzehnten anders gewesen. Vor allem im Kunstraum am oberen Neckar hatte die gegenständliche Kunst einen schweren Stand. In der Hochburg Rottweil habe bis zur Jahrtausendwende die gegenstandslose Kunst in ihren verschiedenen Spielarten dominiert, so Rüth. Die figurativ arbeitenden Künstler hätten eher die Außenseiterpositionen besetzt. "Vielfach totgesagt, ist sie aber letztlich nicht totzukriegen – weltweit nicht, und im Kunstraum am oberen Neckar schon gar nicht. Im Gegenteil: Die Malerei feiert fröhliche Urständ", freute sich Bernhard Rüth. Im Zeichen der Postmoderne sei die figurative Kunst wieder in den Fokus gerückt. Seit den 1960er-Jahren haben sich sukzessive Künstlerpersönlichkeiten durchgesetzt, die der menschlichen Figur in der Malerei wieder Geltung verschafft haben.

Fantastische Raum-Geschichten

In Verónica Munín-Glücks figurativen Raumbildern, die reale Architekturen in surreale Szenerien verwandeln, erzählt die Künstlerin mit malerischen Mitteln fantastische Raum-Geschichten. Die Bildräume sind von schemenhaften Menschen und Tieren bevölkert, die im fiktiven Raum agieren und mit dem fiktiven Raum interagieren. "So besitzt die magische Bildwelt narrativen Mehrwert", sagte Rüth.

Ingrid Wild hingegen widmet sich in ihrem künstlerischen Schaffen dem Menschen in seinem gesellschaftlichen Umfeld. In ihrer Bildwelt taucht die umrisshaft angedeutete menschliche Figur in archetypisch anmutenden Konstellationen auf. "Mit komplexen Mitteln rückt die Malerei Ingrid Wilds auf symbolhafte Weise existenzielle Momente der Conditio humana in den Blick", betonte Rüth. Wilds Bilder halten die Balance zwischen Figuration und Abstraktion. Sie setzen auf die räumliche Wirkung der Farbe. "Beide Künstlerinnen geben – jede auf ihre Art – in der Malerei dem Thema "Mensch" den ihm gebührenden Raum, im wörtlichen wie im übertragenen Sinne.

Im Anschluss dankten die beiden Künstlerinnen Bernhard Rüth mit zwei besonderen Weinpräsenten für sein jahrelanges und unermüdliches Engagement um die Kunst und Kunstschaffenden am oberen Neckar.

Die Ausstellung "Menschen und Räume" ist bis zum 3. Juli, dienstags bis freitags von 14 bis 17 Uhr und an den Wochenenden und Feiertagen von 11 bis 18 Uhr zu besichtigen. Auch ein Katalogbuch ist erschienen, das man zum Preis von 12 Euro in der Ausstellung erwerben kann.