La Brass Banda entfesselt auf der Bühne ein Feuerwerk der guten Laune. Foto: Fahrland

Der Boden vibriert, die Bühne bebt: Rund 600 Besucher lassen sich am letzten Konzertabend beim Kultursommer mitreißen von Atmosphäre, Sound und Stimmung. 

Oberndorf - Schon die farbenfrohe, unkonventionelle Vorgruppe "Maddis’son Brass Band" steigert die Lust auf einen Abend, der alle gängigen Klischees über Blasmusik widerlegen wird. Mit "Buon giorno" geht es nach Italien, bei "Olga H." zur Frau mit dem Stoffpferd bei der Earth Night am Brandenburger Tor.

Der Titel "Fishing" stammt vom Ehrengast Michael Heidepriem am Schlagzeug. Der begeisterte Angler hat den Aufbau und die großen Erfolge von MBB miterlebt, bevor er sich dem Jazz zuwandte. Zugaben sind kategorisch ausgeschlossen, doch es gibt ein "Extra-Lied", bevor La Brass Banda nach einer Umbaupause die Bühne übernimmt.

Frontmann Stefan Dettl ist ein Energiebündel ohnegleichen. Der Trompetenvirtuose steht intensiv mit den Feierwilligen vor der Bühne in Kontakt und sorgt laut eigenen Worten dafür, dass "der ganze Muskelapparat in Bewegung kommt und sich die Hüften vom Körper lösen." Er ruht nicht eher, bis die Menge "Auszieh’n" ruft und der Fan aus der ersten Reihe seinen Kuh-Overall für den Tubaspieler auf der Bühne herausrückt. Die Band dankt es ihm mit einem Tuba-Solo und vielen temperamentvollen Stücken. "Tubissimo" ist leidenschaftlich bis zur Extase, das Posaunensolo von Manuel Winbeck laut O-Ton Dettl "das mit dem meisten Sex drin."

Band spielte in Russland, Afrika und den USA

La Brass Banda lässt sich in keine Schublade stecken. Atemberaubendes Spieltempo, zungenbrecherische Textpassagen und mitreißende Rhythmen fügen sich zu einem energiegeladenen Musikmix mit unverkennbar internationalen Einflüssen zusammen. Von Balkanklängen über Hardrock, Punk Brass, Techno, Reggae und Bigband Sound bis zur Assoziation einer spanischen Arena ist alles möglich.

La Brass Banda traten in Russland, Afrika und den USA auf, spielten vor 11 000 Besuchern in der Olympiahalle München, bei "SWR3 Das Fest" und beim Southside Festival in Neuhausen ob Eck. Zum zehnjährigen Bandjubiläum 2017 bereisten sie die Welt von Tokio bis Rio de Janeiro. Selbst in bayrischen Filmkomödien taucht ihre Musik auf. In dieser Saison haben sie schon eine Biergartentournee und diverse Auftritte absolviert. Trotzdem ziehen sie in Oberndorf auf dem Elefantenparkplatz eine Bühnenshow ab, als sei es das erste Konzert nach dem langen Lockdown.

Vor und auf der Bühne bekämpfen Publikum und Musiker erfolgreich ihre enormen Entzugserscheinungen, die aufgrund der fehlenden Kulturveranstaltungen in der Pandemiezeit entstanden sind. Der Name des Studioalbums "Danzn" aus dem letztjährigen Corona-Sommer, das in Deutschland vier Wochen auf Platz 3 der Albumcharts landete, ist Programm. Die Menge bewegt sich ausgelassen zur Musik, folgt Aufforderungen zum Super-Pogo und "Circle of Death".

Titel wie "Uijemama", (Heit is a) "Scheena Dog" und "Alarm" laden zum Mitsingen ein. Wilde Gitarrenriffs werden ebenso bejubelt wie der Wettstreit zwischen Trompete und Posaune. Das begeisterte Publikum spürt gar nicht, wie sich die Luftfeuchtigkeit allmählich auf Tische und Bänke legt. Es hält ohnehin niemanden auf den Sitzen. Während auf der Freifläche vorne ausgiebig getanzt wird, stehen dahinter die Grüppchen, die etwas mehr Abstand zu schätzen wissen. Auch sie steigen musikalisch in den "Cadillac", legen sich im Kopfkino nach einer Bulldogfahrt "Nackert" an den See, tanzen und wippen zur Musik.

"Wahnsinns-Umgebung irgendwo im nirgendwo"

Etwas Gesellschaftskritik und Politiker-Schelte kann sich Dettl nicht verkneifen und er bricht eine Lanze für die Bauern. Für die kleinen Biobauern, die ihre Tiere und ihre Maschinen pflegen und für "was G’scheit’s zum Essen" sorgen. Keine Erdbeeren zu Weihnachten, sondern Krautsalat lautet die unmissverständliche Botschaft.

Mittendrin der Titel "Discobauer", dann wird Applaus gefordert für die Ehrenamtlichen vom DLRG-Ortsverein Dornhan-Sulz für ihren Dienst zugunsten der Gemeinschaft, für "Alex und Viktor" von der Security, für die Organisatoren und Techniker des "geilen Festivals" inmitten einer "Wahnsinns-Umgebung irgendwo im nirgendwo" und "das ganze geile Oberndorf".

Die Ausdauer scheint unerschöpflich, die Band hält Wort und liefert ein unvergessliches Konzert ab. Erst werden aus den vorgesehenen 90 Minuten zwei Stunden. Dann folgt die Ankündigung, als Ausgleich für den Ticketpreis so lange zu spielen, bis der Strom ausgeht.

Spätestens nächstes Jahr sind La Brass Banda wieder in der Region. Laut Tourplan wurden die diesjährigen Termine vom Calwer Klostersommer und beim Rottweiler Ferienzauber auf den 6. und 19. August 2022 verlegt.