Heute wird in Berlin der Fernsehpreis Bambi verliehen. Ein willkommener Anlass für die Damen, in großer Garderobe zu erscheinen. Ein kleine Geschichte des Abendkleids.
Stuttgart/ Berlin - Ein in gelungenes Abendkleid muss eigentlich nur eine Anforderung erfüllen: Es muss der Trägerin einen unvergesslichen Prinzessinnen-Moment bescheren. Nicht viele Mode-Designer vermögen es, eine solche Kreation zu schaffen. Wobei es auch immer auf die Frau ankommt, die das Kleid trägt. Einen Prinzessinnen-Moment für die Ewigkeit schuf 1955 Grace Kelly bei der Oscar-Verleihung. Das eisblaue Kleid der Designerin Edith Head mit schlichter Korsage und Spaghetti-Trägern war wie geschaffen für die künftige Fürstin. In einem Rock, der in Wasserfallfalten bis zum Boden fiel und einer langen Schleppe schwebte der Star mit einer Mischung aus entrückter Anmut, makelloser Schönheit und Hollywoodglamour über den roten Teppich.
Schon in der Antike gab es Festbekleidung
Doch wer hat es eigentlich erfunden, das Abendkleid? Der Überlieferung nach gehörte bereits in der Antike eine Festbekleidung zur Sitte. Diese Stücke hob sich durch edle Materialien, goldene Verzierungen und Stickereien von der Alltagskleidung ab.
Im Mittelalter gaben Kleiderordnungen und regionale Bräuche vor, was zu festlichen Anlässen getragen wurde. Während die Bürgersfrau meist nur ein schönes Kleid für den Sonntag oder einen Ball besaß, sammelten sich bei Damen der Oberschicht schon ein paar mehr an – an diesem Sachverhalt hat sich bis heute nichts geändert. Abendkleider waren übrigens nicht nur Frauen vorbehalten, bis zum 14. Jahrhundert wurden sie auch von Männern getragen. Im 16. Jahrhundert schlug die Stunde des Reifrocks, und die Ballkleider konnten nicht pompös genug sein.
Abendgarderobe als Spiegel von Trends und Zeitgeist
Im 18. und 19. Jahrhundert waren es vorwiegend Bälle, zu denen man eine vornehme Robe trug. Im 20. Jahrhundert waren es schließlich nicht mehr Kleiderordnungen, sondern Designer der Haute Couture, die vorgaben, was en vogue war. Und so wurde auch die Abendgarderobe immer mehr zum Spiegel des Zeitgeists.
Das zeigt sich auch aktuell. Schließlich lautet das Zauberwort in der Mode derzeit Feminismus. Sogar bei Dior und Valentino sieht man eher Bequemes als Atemberaubendes. In den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts war das schon einmal ähnlich. Damals schlug die Stunde der Flapper-Kleider. Der Kleidersaum der Abendroben rutschte beinaufwärts, und der Schnitt der Taille wurde so gerade wie der Buchstabe H.
Die Frauen wurden immer freizügiger
Später wurde es wieder weiblicher – vom New Look der 40er Jahre über die Swinging Sixties mit den weit schwingenden Röcken bis hin zu den glitzernd-glamourösen Roben der 70er Jahre. Im Lauf der Jahre gaben sich die Frauen immer freizügiger. So trug die Schauspielerin Farrah Fawcett 1978 bei der Oscar-Verleihung ein goldenes Kettenhemd-Hängerchen mit tiefem Rückenausschnitt und ohne BH. Legendär auch das laszive Sicherheitsnadelkleid von Versace, das Liz Hurley 1994 bei der Premiere des Films „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“ trug. Und die Sängerin Beyoncé wagte sich 2015 auf der Met-Gala in New York in einem einlagigen Tüllkleid von Givenchy, das nur das nötigste bedeckte, auf den Roten Teppich.
Oscar de la Renta schuf viele Prinzessinnen-Momente
Der König des Abendkleid-Designs war Oscar de la Renta. Der 2014 gestorbene Designer schuf atemberaubende Galaroben für Stars wie Sarah Jessica Parker, Cameron Diaz oder Oprah Winfrey. Auch der 1997 tödlich verunglückten Prinzessin Diana hat er das ein oder andere Traumkleid auf den Leib geschneidert. De la Renta hatte ein Fingerspitzengefühl für die perfekte Mischung aus Eleganz und Weiblichkeit und bereitete vielen berühmten Frauen einzigartige Prinzessinnen-Momente.
Einen ebensolchen hatte die Schauspielerin Cate Blanchett 2016 bei der Oscar-Verleihung. Zwar nicht in Oscar de la Renta, dafür in Armani Privé sorgte sie für Jubel bei den Stilkritikern. Das Kleid in einem hellen Blau-Türkis-Ton, über und über mit Zierblüten bestickt, einem gewagten Ausschnitt, einem bodenlangen Rock und einer Schleppe verschmolz mit der unnahbar-anmutigen Aura von Cate Blanchett. Ihr Auftritt hätte der Designlegende Yves Saint Laurent bestimmt gut gefallen. Der hat einmal gesagt: „Eine Dame trägt keine Kleider. Sie erlaubt den Kleidern, von ihr getragen zu werden.“