Mit dem bevorstehenden Weihnachtsfest rückt auch die alljährliche Suche nach den passenden Geschenken näher. Wie wäre es mit Musical-Karten unter dem Weihnachtsbaum? Kann man sich trauen? Alles zu 2G-Regel, Stornierungsmöglichkeiten und Terminverschiebungen im Fall eines weiteren Lockdowns in der Kulturbranche.
Oberndorf/Stuttgart - Wer auf der Suche nach besonderen Geschenken ist und seinen Liebsten Erlebnisse bieten will, die es nicht jeden Tag gibt, schaut sich gerne über die Kreisgrenzen hinaus um. Die großen Musical spielen in Baden-Württemberg zum Beispiel in Stuttgart und Baden-Baden. Das Einzugsgebiet ist groß, weil die Besucher dafür weite Wege nicht scheuen. Und die Veranstalter der Shows sitzen noch weiter vom Spielort weg als die Gäste.
"Stage Entertainment" zum Beispiel ist eines der weltweit führenden Unternehmen in der Live-Unterhaltung. Es hat den Hauptsitz in Hamburg und entwickelt und produziert auch Musical, die es im Süden des Landes zu sehen gibt. "Stage Entertainment hat zwei Theater in Baden-Württemberg, beide in Stuttgart: Das Stage Apollo Theater und das Stage Palladium Theater", erklärt Unternehmens-Sprecher Stephan Jaekel.
"In manchen Saisons sind Musicals von uns auch auf Deutschland-Tour. Die Baden-Württembergische Aufführungsstätte dafür ist das Festspielhaus Baden-Baden. Aktuell haben wir aber kein Musical in einer Tournee." Im Stage Apollo Theater spielt derzeit "Disneys Aladdin" bis auf unbestimmte Zeit, im Stage Palladium Theater läuft "Tanz der Vampire" bis Ende August 2022 und danach folgt "Tina - Das Tina Turner Musical" ab Anfang Oktober 2022, erzählt der Sprecher.
Nachfrage vor Weihnachten groß
Das Bedürfnis nach Erlebnissen sei ungebrochen. Während der behördlich angeordneten Schließung der Theater ab 13. März 2020 bis zur Ankündigung der Wiederaufnahme des Spieltriebes in Stuttgart im Juli 2021 habe es nahezu überhaupt keine Nachfrage nach Karten gegeben, bedauert Jaekel. Seit Oktober spielen die Vorstellungen im Palladium wieder und seit dem 2. November auch im Apollo Theater. "Ab unserer Ankündigung stieg die Nachfrage wieder sprunghaft an und hat Stand heute fast wieder das Niveau aus der Vor-Corona-Zeit erreicht."
Dementsprechend rechnet der Veranstalter in nächster Zeit mit großem Andrang. "Die Vorweihnachtswochen sind unsere mit Abstand verkaufsintensivsten des Jahres", sagt Jaekel. "Damit rechnen wir auch in diesem Jahr. Das zeichnet sich bereits ab." Die Menschen trauen sich also mehrheitlich, Musical-Karten zu verschenken.
Und das Risiko? "Die Baden-Württembergische Eindämmungsverordnung - so heißt die Rechtsgrundlage - ließ bislang unter 3G-Regeln Vollauslastung zu", erklärt der Sprecher. Nun komme aber die 2G-Regel.
Theaterschließung unwahrscheinlich
Eine Schließung der Theaterbetriebe sei aber eher unwahrscheinlich. "Niemand kann die Entwicklung der pandemischen Lage und die politischen Entscheidungen vorhersagen", stellt er klar. "Ein erneutes komplettes Schließen des Angebots erscheint im Moment als zu starker Einschnitt in die Freiheitsrechte. Dennoch ist es natürlich nicht völlig ausgeschlossen." In einem solchen Falle bliebe die Gültigkeit der Tickets selbstverständlich erhalten.
Was aber passiert, wenn ein Ticket-Besitzer zur Zeit seines Termins krank oder in Quarantäne ist? Erkrankung oder Quarantäne seien kein Storno-Grund, lautet die Antwort - es sei denn, man habe eine Rücktrittsversicherung abgeschlossen. Wohl aber könne der Besuchstermin dann verschoben werden, erklärt er Sprecher.
Tickets bleiben gültig
Das ist auch bei ausgefallenen Veranstaltungen möglich. Als der Staat in der Vergangenheit die Show-Schließungen beschloss, habe es gesetzlich eine Gutschein-Regelung gegeben. Der Ticketinhaber hat also Gutscheine für Ersatz-Termine erhalten. "Sollte ein Veranstalter keinen Ersatztermin bieten können oder in Härtefällen - die der Gesetzgeber nicht näher definiert hat - kann der Ticketinhaber Erstattung des Preises verlangen." Die bisherigen Erfahrungen seien aber, dass die überwältigende Mehrheit der Besucher neue Termine akzeptiert halt, weil sie sich auf einen Musicalbesuch freuten. Für diese Geduld und Flexibilität sei man als Veranstalter dankbar, betont er.
Was ist aber mit Ungeimpften, die auch mit Test unter der 2G-Regel keinen Zutritt mehr haben? "Stage Entertainment" trete mit allen Kunden zu diesem Thema in Kontakt und würde in solchen Fällen zunächst anbieten, den Besuchstermin auf einen Zeitraum zu verschieben, der nicht mehr von Corona-Regeln betroffen ist. "Wer dies als Ungeimpfter nicht möchte, kann aber selbstverständlich auch stornieren. Fristen dazu haben wir noch nicht festgelegt", erklärt Jaekel.
Musical für die Familie
Auf Musicals für Kinder und Familien ist das Theater Liberi mit Sitz in Bochum spezialisiert. Die Ensembles des Musical-Betriebs sind seit 2008 in ganz Deutschland, Österreich, Luxemburg und der Schweiz unterwegs. Schneewittchen, Aschenputtel, Aladdin und Das Dschungelbuch spielen aktuell in Baden-Württemberg, und das nicht nur im Stuttgarter Raum, sondern auch von Villingen-Schwenningen über Rottweil, Freudenstadt bis hoch nach Pforzheim.
Sprecherin Tamina Reiff macht sich keine Sorgen, weil sich noch kein vorweihnachtlicher Ansturm abzeichnet. "Es sieht immer sehr lange so aus, als gäbe es gar keine Nachfrage. Dann wird man nervös. Aber ein paar Wochen vor den Veranstaltungen steigen die Karten-Verkaufszahlen dann plötzlich schnell." Im Moment kommen die Anmeldungen noch kurzfristiger als sonst. Aber sie kommen. "Die Oktoberveranstaltungen waren so gut besucht wie noch nie." Mit dem Angebot für Familien treffe das Theater in der Corona-Zeit auch die richtige Niesche, ist sie überzeugt. "Die Kinder mussten auf so viel verzichten, dass die Leute ihnen jetzt wieder etwas bieten wollen."
Ebenso wie bei Stage Entertainment freute sich das Theater Liberi in den vergangenen Wochen über viele Veranstaltungen mit Vollbestuhlung unter 3G. Je nach Regelungen natürlich, die sich nicht nur von Land zu Land, sondern auch nach Kreisen unterscheiden. Sogar in den verschiedenen Spielstätten herrschen teils unterschiedliche Regeln, was die Corona-Vorsorge und Platzverteilung angehe, so die Sprecherin. "Es scheint, als würde sich 2G nun durchsetzen", befürchtet Reiff. Schüler seien da aber ausgenommen, was dem Theater entgegenkommt.
Stornierungen möglich
Weil gesetzlich nicht festgelegt sei, was bei der 2G-Regel aus den Karten der Ungeimpften werde, akzeptiere der Veranstalter Stornierungen. "Es bringt da ja nichts, zu diskutieren", ist Reiff bewusst. "Wenn zum Zeitpunkt des Kaufs nicht absehbar war, dass sich die 2G-Regel anbahnt, ist die Stornierung möglich." Die Karten seien aber nicht personengebunden, können also auch weiter verschenkt werden.
Anders sieht es bei Krankheit oder Quarantäne aus. "Das Risiko, krank zu werden, gab es ja schon immer. Auch vor Corona." Und dieses Risiko könne der Veranstalter nicht auch noch abdecken.
Wie sich die Lage weiter entwickle, sei schwer einzuschätzen. "Wir machen das, was gesetzlich erlaubt ist", sagt sie. Die vergangene Wintertournee habe komplett abgesagt werden müssen. Jetzt seien alle Ensembles froh, wieder unterwegs sein zu dürfen. "Dennoch ist uns bewusst, dass die Gesundheit aller an erster Stelle steht. Wenn wieder eine Phase kommt, in der wir aus diesem Grund nicht mehr spielen dürfen, haben wir dafür auch Verständnis", stellt sie klar. Es könne schließlich niemand etwas für die Lage.