Gäste der Ausstellung beim Betrachten der Werke Foto: Kiolbassa

Der Titel der Ausstellung „connected – fragments“ zielt nicht nur auf Material und Technik der beiden Künstler Verena Freyschmidt und Alex Habisreutinger ab, sondern auch auf Ausdruck und Inhalt der ausgestellten Kunstwerke.

Kunsthistoriker, Kurator und Autor Andreas Gabelmann hat kürzlich einen spannenden Einblick in die außergewöhnliche Ausstellung gegeben. So verwenden beide Künstler Naturmaterialien, doch in ihrer Umsetzung, erläuterte er, könnten diese nicht unterschiedlicher sein. Verena Freyschmidt bewegt sich vor allem im Bereich der Zeichnung, Malerei und Wandinstallation. Ihre bevorzugten Materialien sind Papier, Stift und Schere. Alex Habisreutinger arbeitet dagegen vorwiegend mit Holz. Die Papierschnitte an den Wänden verdichten sich gemeinsam mit den im Raum stehenden Holzskulpturen zur Gesamtpräsentation einer raumgreifenden Installation.

Gabelmann betonte, dass die Wahl der Natur-Werkstoffe gemeinsam mit dem virtuosen Herauslösen und Aufbauen der gesuchten Form aus Fläche und Volumen sowie die Arbeit im und mit dem Umgebungsraum die Arbeiten der Künstler zu einer außergewöhnlichen Ausstellung verbinden.

Vom Fels bis zum Himmel

Freyschmidt studierte Kunstpädagogik und Geschichte, bevor sie sich mit einem Studium der Malerei in Mainz und Düsseldorf ihrer weiteren künstlerischen Ausbildung widmete. Mehrere Jahre lehrte sie Zeichnen an der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft in Bonn und war als Dozentin für Ästhetische Praxis an der Kunsthochschule in Kassel tätig. Sie lebt und arbeitet in Offenbach und Hanau.

Gabelmann erklärte, wie sich ihre Kunst im Spannungsbogen zwischen Zeichnung, Malerei, Druck, Objektkunst und Rauminstallation entfalte. Die feinen linearen und subtil farblichen Strukturen erschaffe sie mit Tusche, Farbstiften und Acrylfarbe. Die aus Papierbögen geschnittenen Fragmente kombiniere sie collagenartig. Dabei würden sich die Elemente zum Teil schichten, überlagern und durchdringen. 
Die Wandinstallationen erinnern an Flechten, Moose und Wurzelgeflechte auf dem Waldboden, aber auch an Unterwasserpflanzen und Fels, Baumrinden oder den Wolkenhimmel.

Natur nicht nur nachahmen

Die gezeigten Werkblöcke mit Titeln wie „Water“, „Wood“ und „Rhizome“ beziehen sich unter anderem auf das verwendete Material, aber auch auf die Intention. Die Natur bloß nachzuahmen sei nicht ihr Ziel, so Gabelmann, vielmehr versuche sie mit den Mitteln von Zeichnung und Malerei auf fragmentiertes Papier deren organische und strukturelle Eigenheiten in eine neue autonome Ausdrucksform zu übersetzen. Ihre Arbeiten nennt Freyschmidt „gleichermaßen freie künstlerische Schöpfungen wie auch Anmutungen an die Natur“.

Mit ihren großflächigen Arbeiten reagiert die Künstlerin meist auf den Ausstellungsort, weshalb sie mit einer Art „Modul-System“ arbeitet. Unterschiedliche Papierelemente kann sie variabel kombinieren und je nach Raum frei und additiv in Szene setzen.

Naturanaloge Strukturen und Prozesse

Auf außergewöhnliche Weise „conntecten“ Freyschmidts Wandinstallationen mit den Holzskulpturen von Alex Habisreutinger, dessen Schaffen ebenso um die Auseinandersetzung mit naturanalogen Strukturen und Prozessen kreist. 
Habisreutinger startete seinen künstlerischen Werdegang mit einem Vorstudium der Gestaltung in Meersburg und absolvierte eine Tischlerlehre. Später studierte er Malerei und Grafik in Karlsruhe. Er lebt und arbeitet in Weingarten.

In seinen Skultpuren, Installationen und Zeichnungen ergänzten und durchdrängen sich organisches Wachstum und konstruktive Form gegenseitig. Gabelmann berichtete, die Werke würden an pflanzliche Gebilde erinnern, die jedoch auch architektonische und technische Komponenten besäßen. Habisreutinger selbst bezeichnet seine Arbeiten gerne als „Naturarchitektur.“ Seine Vorgehensweise nennt er „freie Improvisation“, bei der sich „wie im Free Jazz offene Systeme ergeben, die erweiterbar sind und sich ständig neu zusammenfügen“.

Eigenständige Aussageformen entwickeln

Auch Habisreutinger wolle statt einer Nachahmung der Natur vitale und expressive Gesten schaffen, die den Gesetzen der Natur nachspüren und zugleich eigenständige Aussageformen entwickeln. Während einige Plastiken mit astartigen Bewegungen in den Raum zu greifen scheinen, verdichten sich andere zu kompakten kugelartigen Objekten. Die in sich verschlungenen Holzskulpturen erinnern an Wurzelgeflechte und Nester, aber auch an molekulare Strukturen, Nervenbahnen und DNA-Stränge.


In der Ausstellung „connected – fragments“ ergänzen sich zwei Künslter in ihrer Ähnlichkeit und Diversität gleichermaßen. Mit Freyschmidt und Habisreutinger hat Podium Kunst eine außergewöhnlich kombinierte Ausstellung geschaffen, in der die Komponenten Struktur, Bewegung und Dynamik auf ambivalente Weise ineinandergefügt werden und eine perfekte Synthese zwischen Unterschiedlichem und Gleichem erzeugen. Die Ausstellung ist noch bis zum Sonntag, 26. Februar, im Schloss zu besichtigen. Eine Finissage wird an diesem Tag auch stattfinden.