Seit Jahren streiten ein Ehepaar und eine Bäuerin im bayerischen Holzkirchen über das Geläut von Kuhglocken. Nachdem die Klage des Mannes abgewiesen worden war, zog die Gattin vor Gericht .
München/Holzkirchen - Lautes Gebimmel, schlechte Gerüche und dann auch noch lästige Insekten: Ein Ehepaar kaufte im oberbayerischen Holzkirchen ein Häuschen in idyllischer Lage, doch mit seinen tierischen Nachbarn kommt es nicht gut aus. Seit drei Jahren versuchen die beiden vor diversen Gerichten, die Kuhglocken – besser noch: die Kühe – von der Nachbarweide wegzuklagen. Auch den Gülle-Gestank und die Insekten wollen sie nicht mehr dulden.
Kuhglocken-Streit beschäftigt die Gerichte
Im Dezember begann vor dem Landgericht München II ein neuer Prozess. Nachdem zuvor die Klage des Ehemanns in erster Instanz abgewiesen worden war und er vor das Oberlandesgericht (OLG) München zog, klagte seine Frau vor dem Landgericht.
Der Gatte wiederum wartet derweil auf das OLG-Urteil, das an diesem Donnerstag verkündet werden soll. Die Klage richtet sich gegen die Bäuerin, die mit drei Dutzend Milchkühen einen Familienbetrieb betreibt – und gegen die Gemeinde, die das ein Hektar große Weidegrundstück verpachtet hat.
Anfangs habe man die Landwirtin „ganz in Ruhe“ und „ganz höflich“ gebeten, „ob sie bitte die Glocken abnehmen“ könne, sagte die Frau vor Gericht. Die Bäuerin habe zu Ohropax geraten. „Die ganze Zeit bimmelt es, Tag und Nacht“, berichtete der Anwalt, Peter Hartherz.
Das Anwesen befinde sich in einem Wohngebiet. Im Übrigen sei es Tierquälerei, Kühen eine Glocke umzuhängen. „Niemand braucht im Flachland Kuhglocken.“ Die Richterin wandte sich an die Bäuerin: „Wofür haben Sie denn Kuhglocken?“ Die Bäuerin: „Für den Fall, dass die Kühe ausbrechen und man sie nachts hört.“
Dauer-Gebimmel und Gülle-Teppiche
Das Ehepaar hat angeboten, auf eigene Kosten GPS-Kuhglocken anzuschaffen. Die Bäuerin meint, damit gebe es keine Erfahrungen. Der Ehemann war mit seiner Klage vor dem Landgericht München II Ende 2017 gescheitert, weil er 2015 mit der Bäuerin einen Vergleich geschlossen hatte. Nur im entfernteren Teil der Wiese mit 20 Meter Abstand sollten die Kühe grasen und bimmeln dürfen. Genutzt hat die Absprache wenig.
Das Paar hatte das Haus in bester Lage 2011 erworben und aufwendig hergerichtet. Zwar sei auch früher gedüngt worden, doch die Bäuerin habe „einen Teppich von Gülle“ ausgebracht, berichtet der Anwalt. Der Wert der Immobilie habe sich dadurch um 40 000 bis 50 000 Euro verringert. Für Bürgermeister Olaf von Löwis hat der Fall grundsätzliche Bedeutung. Er habe nicht den Eindruck, dass es dem Paar darum gehe, in die Dorfgemeinschaft integriert zu werden. Ein Mediationsgespräch hätten sie abgelehnt.
Immer wieder landen Nachbarschaftsstreitigkeiten vor Gericht. Eine Übersicht:
Januar 2016
Der Streit über eine Hecke im oberpfälzischen Seubersdorf, die ein Anwohner (65) eigenmächtig gestutzt hatte, artet aus. Sein Nachbar, ein 63-jähriger Rentner, bespritzt den Hobbygärtner an dessen Haustür mit Lösungsmittel und zündet ihn mit einem Bunsenbrenner an. Dabei ruft er laut Anklage: „Jetzt habe ich dich endlich, du gemeine Matz.“
Das Opfer erleidet Brandverletzungen im Gesicht, an den Oberschenkeln und Händen. Das Landgericht Fürth-Nürnberg verurteilt den Rentner wegen versuchten Mordes zu sechseinhalb Jahren Gefängnis.
November 2015
In Sachsen-Anhalt verklagt ein Anwohner den benachbarten Fußballverein. Ihn stören die zahlreichen Fußbälle, die über den Zaun auf sein Grundstück fliegen. Die Richter des OLG Naumburg geben dem Kläger recht. Maximal ein Fußball pro Woche darf auf dem Nachbargrundstück landen, ansonsten drohen dem Verein 250 000 Euro Strafe.
Oktober 2017
Ein Rolling-Stones-Fan wird in Baden-Württemberg verklagt. Sein Nachbar fühlt sich durch das Rolling-Stones-Logo in seiner Ehre verletzt. Der Rockfan hat gemeinsam mit seiner Tochter einen Mund mit einer ausgestreckten Zunge aus Holz gebastelt – das Markenzeichen der Rockband – und dieses als Deko im Garten aufgestellt.
Der Nachbar sah die ausgestreckte Zunge als Beleidigung und Ehrverletzung an. Die Richter entscheiden zugunsten des Stones-Fans. Die selbst gebastelte Gartendeko darf bleiben.
Juli 2016
Es gibt keine „optische Luftverschmutzung“ durch den Nachbarn – oder doch? Dieser Frage geht das Amtsgericht und in zweiter Instanz das Landgericht Dortmund nach. Ein Rentner klagte, weil sein jüngerer Nachbar nach dem Saunieren im eigenen Garten nackt spazieren ging.
Der Nachbar fühlte sich durch die Freizügigkeit gestört und klagte, um die „Emissionen“, die vom Nachbargrundstück durch die Nacktheit auf sein Grundstück übergingen, abzuwehren. Die Richter weisen die Klage ab. Die Nacktheit stelle keine „ideelle Emission“ von Schadstoffen auf das Grundstück dar. Das Persönlichkeitsrecht des Rentners werde ebenfalls nicht eingeschränkt.
Juli 2015
Eine Katzenbesitzerin aus Frankfurt am Main lässt ihre Katze auf dem Grundstück ihrer Wohnanlage frei laufen. Das gefällt den anderen Bewohnern gar nicht und sie beschweren sich bei der Katzenhalterin. Sie befürchten eine Verunreinigung des Treppenhauses und der Anlage durch die Samtpfote.
Die Zusage, dass der Dreck umgehend entfernt werde, reicht ihnen nicht. Sie ziehen vor Gericht. Sie fordern einen Leinenzwang für die Katze – als vorbeugende Maßnahme gegen verschmutzte Treppen. Das Landgericht Frankfurt gibt den Klägern recht. „Die Haustierhaltung gehört nicht zum wesentlichen Inhalt der Nutzung von Wohnraum.“