Ist Künstliche Intelligenz nun Bedrohung, Chance oder ganz einfach nur überschätzt? Eine Veranstaltung in Grenzach-Wyhlen suchte nach Antworten.
Was immer man von Künstlicher Intelligenz (KI) halten mag, eines scheint gewiss: Das Thema zieht – und das offenbar durch alle Generationen. Jedenfalls war bei Roche Deutschland in Grenzach-Wyhlen am Dienstagabend ein Auditorium quer durch alle Altersschichten zusammengekommen, um sich über konkrete Anwendungen und Auswirkungen von KI zu informieren.
„Mit KI die Arbeitswelt gestalten – Wie Life Science die Arbeitswelt neu denkt“ lautete der ambitioniert klingende Titel dieser Veranstaltung der Dualen Hochschule, die von Roche und außerdem vom Projekt „Zukunft.Raum.Schwarzwald“ unterstützt wurde.
Letzteres ist eine vom Land und von der EU geförderte Initiative, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Digitalisierung auch in den ländlichen Raum und auch zu mittelständischen Unternehmen zu bringen. Dass nun also dieses regionale Netzwerk gemeinsam mit einem Global Player und mit einer Hochschule, die sich im besonderen Maß an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und betrieblicher Praxis verortet, ein solches Thema gemeinsam aufgreift, deutet schon darauf hin, dass die Sache vielschichtig sein dürfte. Eine simple Antwort auf die alte Frage Mensch oder Maschine war jedenfalls nicht zu erwarten. Schon das erste Impulsreferat von Professor Jörg Schoder, der an Hochschulen in Zürich und Freiburg lehrt, stellte KI als eine zwar sehr fortgeschrittene Technik, aber eben doch nur als Technik dar. Eine Maschine, die viel kann, die aber Fehler macht und die vor allem der kritischen Begleitung durch den Menschen bedarf.
Vorsichtig bleiben
Gerade bei kommerziellen Anwendungen oder wenn es um Wahrheiten geht, die bei der KI doch eher Wahrscheinlichkeiten seien, sollte der Nutzer vorsichtig bleiben. Auch beim Lernen und beim Arbeiten rät Schoder zum selbstbewusst-kritischen Umgang. Studierende sollten KI durchaus als Hilfsmittel einsetzen, dadurch jedoch nicht das eigene Denken und keinesfalls die Wahrnehmung von Zwischentönen oder Differenzierungen preisgeben.
Analog gelte das auch für die Arbeitswelt, wo Schoder die KI eher als ein menschlich begleitetes Werkzeug sieht. Was jedoch nicht ausschließt, dass KI viele Tätigkeiten verschwinden lassen wird und dafür vermutlich viele neue entstehen lässt. Ob und in welchen Größenordnungen sich der Einsatz von KI wirtschaftlich lohnt, lasse sich derzeit noch nicht absehen, führte Schoder mit Blick auf unterschiedliche Untersuchungen aus. Diese Studienlage entspricht den praktischen Erfahrungen von Roche.
Katharina Pille, die Leiterin der Aus- und Weiterbildung von Roche Deutschland berichtete von der Erfahrung, dass ein Großteil der erforderlichen Fertigkeiten sowohl im gewerblichen wie im akademischen Teil der Belegschaft einer immer kürzeren Halbwertszeit unterliege.
Offenheit pflegen
Entscheidend sei deshalb, eine grundsätzliche Offenheit neuen Entwicklungen gegenüber zu pflegen. Neugier, diese ureigene menschliche Eigenschaft, stellte Katharina Pille ebenso wie vor ihr Jörg Schoder und wie nach ihr die Teammitglieder der Roche-weiten KI-Zentrale in den Mittelpunkt. Wobei neugierig sein sich deutlich unterscheidet von einer kritiklosen Übernahme. In diesem Sinn fordert Roche von allen 100 000 Beschäftigten ein, KI gewissermaßen als persönlichen Assistenten für Routinetätigkeiten in den Arbeitsalltag zu integrieren.
Wie viel Zeit die Mitarbeiter dabei sparen, lasse sich noch nicht genau beziffern. Entscheidender für den effektiven Nutzen dürfte dann sowieso die bislang unbeantwortete Frage sein, wie kreativ und nützlich die dank KI gewonnene Zeit gefüllt wird.