Richter Hannes Westbomke (von links), Justizministerin Marion Gentges und Florian Diekmann, Präsident des Landgerichts Hechingen, stellen die Möglichkeiten künstlicher Intelligenz vor. Foto: Nowotny

Marion Gentges, Justizministerin des Landes Baden-Württemberg, besucht das Landgericht Hechingen und stellt das KI-Pilotprojekt vor.

Hechingen"Die Digitalisierung in der Justiz ist uns beiden ein großes Anliegen", betont Justizministerin Marion Gentges. Wir fassen das Thema mit Fragen und Antworten zusammen:

Bisher gibt es die elektronische Akte. Was ist das?

"Säße man in den Gerichten noch immer auf stapelweise Papierakten, bräuchten wir über Künstliche Intelligenz überhaupt nicht zu sprechen", erklärt Diekmann. Die elektronische Akte (eAkte) ermöglicht Verfahren elektronisch zu bearbeiten. Dies geschieht in drei Bereichen: Die Polizei fängt an und erfasst Straftaten elektronisch, weiter geht es zur Staatsanwaltschaft und von dort zum Gericht.

Wie verbreitet ist die elektronische Akte?

"Die Justiz in Baden-Württemberg ist bundesweit führend bei der Einführung der elektronischen Akte", sagt die Ministerin. Alle Finanz-, Arbeits-, Sozial- und Verwaltungsgerichte, beide Oberlandesgerichte, alle 17 Landgerichte sowie 64 Amtsgerichte sind inzwischen mit der elektronischen Akte ausgestattet. Das Hechinger Landgericht war das erste im Raum Stuttgart, welches diese eingeführt hat.

Wo kommt die künstliche Intelligenz zum Einsatz?

Das Justizministerium in Baden-Württemberg hat das Konzept eines bundesweit einheitlichen KI-Portals entwickelt, das bereits bei Bund und Ländern erfolgreich vorgestellt wurde. Es sieht vor, dass die IT-Systeme aller Länder an das zentrale KI-Portal angeschlossenen werden. "Es macht keinen Sinn, dass einer sein eigenes Süppchen kocht", sagt Gentges und verdeutlicht das Ziel eines bundesweiten Rahmen für die Justiz-KI. "Am Ende entscheidet der Richter", verdeutlicht die Ministerin. "Künstliche Intelligenz ist immer nur eine digitale Assistenz und muss so sinnvoll eingesetzt werden."

Gibt es Praxisbeispiele für den Einsatz von künstlicher Intelligenz?

Ja. In Baden-Württemberg werden KI-Systeme bereits erfolgreich genutzt. In Stuttgart wird der Einsatz im Zusammenhang mit Massenverfahren erprobt. Das KI-System sortiert etwa ähnliche Verfahren in "Stapeln". Analog würden solche Verfahren Jahre dauern. Durch den Einsatz der KI wird die Arbeit laut Diekmann effizienter und deutlich schneller.

Wie kommt die KI in Hechingen zum Einsatz?

Im Hechinger Landgericht wird derzeit die Software "Codefy" in Zivilverfahren erprobt. Diese ist darauf ausgelegt, eine Strukturierung von Dokumenten zu ermöglichen und bei der Erfassung, Ordnung und Beurteilung des Streitstoffs zu unterstützen. Insbesondere bei Anwaltsschriftsätzen erleichtere die KI die Arbeit, denn Schriftsätze werden länger, Akten dicker und Sachverhalte komplexer.

Hilfreich wird das Tool etwa bei Verfahren über Mietverhältnisse, die auch mal 800 Seiten umfassen können: Die KI-gestützte Prüfassistenz zeigt aus den 800 Blatt zum Beispiel die Daten des Mieters oder die Bedingungen des Mietverhältnisses zielgenau an. Das System kann schließlich eine Tabelle erstellen und zeigt was Kläger, Beklagte und Gericht zu den einzelnen Punkten von Anträgen im Verfahren sagen.

Stolz Vorreiter zu sein

"Für die Justiz ist es von großer Bedeutung sich den technischen Fortschritt zu Nutze zu machen. Wir in Hechingen sind stolz, bei der Entwicklung Intelligenter Systeme wie "Codefy" einmal mehr Vorreiter zu sein", verdeutlicht Florian Diekmann, Präsident des Landgerichts Hechingen.