Die Künstlerin Temenuzhka Dikanska-Greber aus Schwenningen lässt sich in der Natur von Spiralen inspirieren. Foto: Bender

Die Schwenninger Künstlerin Temenuzhka Dikanska-Greber gehört der Gruppe 24 in Albstadt an und beteiligt sich an der Ausstellung im KulTurm in Ebingen. Vernissage ist am 7. November.

Ihr erstes Spielzeug bestand aus Papier und Pinsel. Nach ihrem Studium hat sie Wolle Stück für Stück so eingefärbt, dass beim Weben ein großes Kunstwerk entstand, das eher einem Gemälde als einem Wandteppich glich. Temenuzhka Dikanska-Greber hat das Talent für Motiv und Farbe in die Wiege gelegt bekommen. Diese Wiege stand einst in Bulgarien.​

 

Deshalb hat die quirlige Frau auch ihren Magister an der ältesten und bedeutendsten Kunsthochschule Bulgariens in Sofia abgelegt. Durch ihre Lehrberechtigung hat die Künstlerin sieben Jahre lang Kunst unterrichtet. Lediglich zum Aufbaustudium kam sie nach Deutschland, wo sie sich an der Kunsthochschule in Kassel in Bildender Kunst speziell auf das Lehramt vorbereitete und ihr Examen machte.

Kunst liegt in der Familie

Schon ihre Eltern waren akademisch ausgebildete Künstler: der Vater Grafiker und Bildhauer, die Mutter Malerin und Textildesignerin. In diesem Umfeld ist Temenuzhka Dikanska-Greber, die sich kurz Temi nennt, aufgewachsen. Während die Mutter immer neue Designs für Vorhangstoffe entwarf, saß die Tochter mit einem Skizzenblock daneben und malte ähnliche Strukturen. Der Vater unterrichtete dazu an einem internationalen Kunstgymnasium. „Das hat mich alles sehr geprägt“, berichtet die Frau mit den blonden Locken.

Werk wächst „wie ein Kind“

Für einen Wandteppich mit 1,50 Meter Größe hat Temi rund sechs Monate lang gewebt. So wie ihre Mutter. Damals hat sie gesehen, wie das Kunstwerk erst nur zwei bis drei Zentimeter, aber dann immer mehr wächst, „wie ein Kind“, während beim Entstehen immer noch Improvisation möglich ist. Es war die erste große Leidenschaft, die die Künstlerin erfasst hat und mit der sie in der Nationalgalerie in Sofia Ausstellungen gefüllt hat. In ihrer ehemaligen Heimatstadt steht noch immer der Webstuhl von Temi. Für solcherlei Kunst hat sie momentan keine Zeit mehr. Auch nicht zum Unterrichten – dabei hat sie sich während ihres Studiums doch auch auf diese pädagogische Seite vorbereitet. Aber inzwischen ist Temi selbst Mutter. Da bleibt eben weniger Zeit für die große Leidenschaft.

Als Temi in Kassel am Landgericht riesige 2,40 Meter hohe abstrakte Kunstwerke ausstellte, kam ein Bäcker aus Heinstetten vorbei. Sein Interesse galt sehr schnell der Künstlerin selbst – mehr als deren beeindruckenden Werke. Heute sind die beiden verheiratet und nach der anfänglichen Pendelei zwischen Kassel und dem Heuberg, bezog man schließlich das Haus in Schwenningen, das bereits vorhanden war. Hier findet sich inzwischen kaum noch Platz an den Wänden für die Kunst von Temi. Jeder Raum erstrahlt von farbgewaltigen Spiralen und Blüten. Viele weitere Leinwände sind im Haus der Tante ausgelagert. Das Unterrichten musste sie vorerst auch aufgeben, denn die neunjährige Tochter nimmt noch viel Zeit in Anspruch, zumal der Gatte bei einem namhaften Unternehmen im Schichtbetrieb arbeitet. Er ist aber immer mit dabei, wenn es um den Aufbau bei Ausstellungen geht.

Inspiration aus der Natur

Egal, ob 100 der 2,40 Meter großen Werke im Kloster Mariaberg ihren Platz finden mussten oder ob in Bad Sebastiansweiler 70 Bilder ausgestellt wurden. Ob im Landgericht in Ulm, der Galerie Bernhard in Tuttlingen oder bei der Gartenschau in Sigmaringen. Waren es in der Zeit in Kassel eher abstrakte Kunstwerke, so malt Temi in Schwenningen auf dem Heuberg inzwischen sehr viel Forales. Die Inspiration holt sie sich in der Natur. „Die Natur bietet einen großen Formen- und Farbenreichtum. Die Weite, die Unendlichkeit – das ist wie eine Art Meditation“, beschreibt die Künstlerin ihre Eindrücke.

„Malhand“ verschont

„Das Licht steht für die Lebenskraft, der Wald formt eine Naturkirche, der Sommer begeistert mit seinem satten Grün, der Herbst bietet ein farbenfrohes Feuerwerk. Es ist ein wahres Farbspektakel, verbunden mit Melancholie“, erklärt Temi und zitiert mit dem Herbstgedicht von Rainer Maria Rilke, dass man von den Herbstblättern das Fallenlassen lernen könne, denn es sei nicht das Ende, sondern ein neuer Anfang, aus dem man Kraft schöpfen könne und von Sorgen und Zweifeln loslassen.

Für ihre Serie „Blütenpracht“ hat die Künstlerin für jeden Monat eine bestimmte Pflanze auf Leinwand gebannt. Bald steht eine Ausstellung in der städtischen Galerie in Pfullendorf mit dem Thema „Engel“ an. Auch dort wird Temi ausstellen und lässt sich für ihr Kunstwerk von einem Ereignis aus dem eigenen Leben leiten. Denn kürzlich ist sie auf der Treppe im Haus gestürzt. Glücklicherweise wurde sie wie von Engeln getragen. Außer ein paar Prellungen ist nichts Schlimmeres geschehen. Vor allem wurde ihre „Malhand“ verschont.

Doch nun stellt Temi erst einmal mit der Gruppe 24 im KulTurm in Ebingen ab 7. November aus. Sie wird ihre Spiralen der Öffentlichkeit zeigen. Diese sich kräuselnden Blätter haben viel mit Weite und Unendlichkeit zu tun. Wie die menschliche Entwicklung oder eine windige Umarmung, voll Liebe und Wärme. In Acryl oder Öl beeindrucken diese überdimensionalen Wunder der Natur mit einer Lebendigkeit an Farben und kontrastreichen Akzenten. Die sich windenden Pflanzen haben es Temi angetan. Sie sieht darin so etwas wie eine Unterschrift. Deshalb heißt die Serie auch „Signatur der Natur“. „Die Spiralen-Bilder sind die Verbindung zwischen den abstrakten und den pflanzlichen Werken“, erklärt die Künstlerin. Im Jahr 2013 gab es erstmals Kontakt zu Albstädter Künstlerkreisen. Nach einer längeren Pause kam man bei der Gründung der Gruppe 24 im vergangenen Jahr wieder auf Temi zu.

Freude auf Ausstellung

Sehr gerne hat sich die Schwenninger Künstlerin der Gruppe 24 in Albstadt angeschlossen. „Alle sind ganz herzlich“, schwärmt die gebürtige Bulgarin. Die gemeinsamen Ausstellungen findet sie wunderbar, denn in der Gruppe gibt es total unterschiedliche Künstlerinnen und Künstler, weshalb auch jeder Besucher der Ausstellungen etwas finden wird, was ihn anspricht. Momentan gibt es verschiedene Orte, an denen Temi ausstellt. Sie vermisst das Unterrichten und Gestalten sehr, möchte am liebsten mehr Zeit für ihre Leidenschaft haben. Denn das ist einfach ihre Welt.

Die Gruppe 24 stellt aus

Jahresausstellung
Die Gruppe 24 lädt zur Jahresausstellung ein und freut sich auf zahlreiche Besucher nach ihrer erfolgreichen Ausstellung in der Kapellkirche im Sommer diesen Jahres. Die neue Ausstellung findet im KulTurm statt. Es werden neben Bildern verschiedener Stilrichtungen und Techniken Installationen und Plastiken gezeigt. Die Werke können erworben werden.

Vernissage
Am Freitag, 7. November, findet hierzu die Vernissage im KulTurm Ebingen, Bahnhofstrasse 27, statt. Beginn 19 Uhr. Zur Eröffnung spricht Dr. Kai Hohenfeld, Direktor des Kunstmuseums. Die musikalische Umrahmung gestaltet Jörg Wandel am E-Piano.

Aussteller
Es stellen aus: Ljiljana Babic, Andreas Beck, Karin Beck, Carmen Bitzer-Eppler, Sylvia Bitzer, Irene Bögle, Temi Dikanska-Greber, Hanna Keul, Angelika Kübler, Fritz Leibfritz, Roland Milkau, Käthe Rominger-Schneider, Bruno Schlagenhauf, Brigitte Stein, Leia Tatucu und Jörg Wandel. Die Öffnungszeiten: Samstag, 8., 15., 22. und 29. November 11 bis 16 Uhr sowie Sonntag, 9., 16., 23. und 30. November 14 bis 17 Uhr.