Ellen Köhler (links) und ein Teil ihres Teams bei einem ersten Ortstermin an der Kreisstraße zwischen Oberdigisheim und Obernheim. Ein Teil des Amphibien-Fangzauns ist bereits installiert. Foto: Weiger

Wenn der Frühling kommt, brauchen die Amphibien am Stausee menschliche Freunde: Im Eimer-Taxi werden sie über die Kreisstraße zwischen Obernheim und Oberdigisheim getragen.

Sie sind wieder unterwegs: Jedes Frühjahr suchen Erdkröten, Grasfrösche, Lurche, Molche und Salamander die Gewässer auf, in denen sie einst Laich und Kaulquappe waren, um selber dort zu laichen. Rings um den Oberdigisheimer Stausee gibt es etliche solche Gewässer, und daher sind die Tiere auf verschiedensten Trassen an der Kreisstraße 7172 unterwegs, versuchen sie zu queren – und begeben sich in Lebensgefahr. Ohne behutsame menschliche Hilfe käme es zu regelrechten Krötenmassakern, davon ist Ellen Köhler vom Naturschutzbund (Nabu) überzeugt.

Jeder Frosch wird protokolliert

Und so ruft Köhler alle Jahre wieder ihre Helfer zusammen, und zwar frühzeitig, noch ehe die Pilgerreisen zu den Laichgründen beginnen – am Samstag war es so weit. Die Amphibien-Fachfrau ist stolz darauf, dass so viele Freiwillige in der Region bereit sind, den Tieren buchstäblich auf die Sprünge helfen. Das Prinzip ist so einfach wie genial: Fangzäune hindern die Amphibien am Queren der Straße und nötigen sie, rechts oder links abzubiegen und einen Umweg einzuschlagen. Auf dem warten dann im Boden vergrabene Eimer, in die Herr Frosch und Frau Kröte hineinplumpsen. Die Helfer müssen dann nur noch die Behältnisse abwandern, über die Straße bringen und dort entleeren – dann kann die Reise weitergehen. Zweimal am Tag sind die Eimer-Taxis unterwegs: in der Morgen- und in der Abenddämmerung. Die Helfer führen Buch, protokollieren nicht nur Sammeltag, Wetter und Temperatur, sondern auch, um welche Amphibien es sich handelt. Kröten und Frösche werden sorgfältig gezählt – an manchen Tagen sind es einige hundert; insgesamt, schätzt Ellen Köhler, helfen die Sammler in jeder Saison rund 2000 Tieren über die Straße.

Die Herren reisen huckepack

Aber noch ist es nicht so weit; noch bremsen Nachtfröste und niedrige Tagestemperaturen die Amphibien aus, und die Eimer am Fangzaun bleiben leer. Das bedeutet Zeitgewinn und eröffnet die Gelegenheit, Neulingen wertvolle Informationen zukommen zu lassen. Etwa zur Zoologie: Die Frösche sind deutlich kleiner als die Kröten und sehr viel feingliedriger, berichtet Ellen Köhler, und bei den Kröten weisen die Weibchen einen wesentlich stattlichen Körperbau als die Männchen. Die Damen tragen die Herren sogar huckepack zum Laichen – sicher ist sicher – , und diese Pärchen, schärft Ellen Köhler den Helfern ein, dürfen auf keinen Fall getrennt werden. Der Mensch ist in dieser Situation mehr als nur Schülerlotse – ihm kommt die Rolle des Geburtshelfers zu. Die Nabu-Verantwortlichen freuen sich besonders über Kinder in den Teams – sie für den Naturschutz zu sensibilisieren, heißt, für die Zukunft vorzubauen.

Noch ist es nicht warm genug

Beim Vororttermin am Sonntag haben Ellen Köhler und ihr Team das Gelände in Augenschein genommen. Ein Teil des Fangzauns steht bereits, aber noch wird er nicht gebraucht – Sonne und blauer Himmel können nicht darüber hinwegtäuschen, wie eisig kalt es ist. Wer im Krötenvolk jetzt schon vorwitzig genug war, sich auf den Weg zu machen, weiß Köhler, gräbt sich unterwegs ein und wartet, bis es wärmer wird. Haben die Amphibien bereits ihr KIndheitsgewässer erreicht und werden dort von einem neuerlichen Kälteeinbruch überrascht, dann lassen sie sich auf den Grund absinken und warten unter der Eisdecke auf wärmere Tage – allerdings, so Köhler, kann es problematisch für sie werden, wenn es mehrere Tage lang knackig kalt ist und das Wasser richtig durchfriert.

Es gibt noch andere Gefahren. Seit einiger Zeit machen verschiedene Krankheitserreger den Amphibien zu schaffen, Rana- und Herpesviren zum Beispiel oder die Pilze "Bd" und "Bsal": Über allem steht deshalb die Hygiene. Die Sammler müssen Zäune, Eimer und Stäbe konsequent desinfizieren, um die Verbreitung der Erreger einzudämmen; außerdem sollten sie Einweghandschuhe tragen und zwischen verschiedenen Amphibien-Standorten die Schuhe wechseln.