Foto: dpa

Kampfansage von VfB-Chef Erwin Staudt: "Ich werde bis zur letzten Patrone kämpfen."

Stuttgart - Schon Gerhard Mayer-Vorfelder wusste: Das Amt des VfB-Präsidenten ist nicht vergnügungssteuerpflichtig. Erwin Staudt wird ihm wohl kaum widersprechen. Der Bär ist noch nicht erlegt, da wird sein Fell schon verteilt.

Es ist ja nicht so, dass Hansi Müller, Achim Egner oder auch Karl Allgöwer den Mund nur aufmachen, wenn es etwas zum Essen gibt. Alle drei besitzen nach eigenen Angaben ein funktionstüchtiges Telefon, und es gibt für Journalisten auf der Pirsch nach Neuigkeiten durchaus die Möglichkeit, mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Das ist, aus welchen Gründen auch immer, nicht geschehen. Weshalb die drei Sportsfreunde am Mittwoch aus der Zeitung erfuhren, wohin sie ihr Ehrgeiz womöglich noch treibt: Hansi Müller und Achim Egner stünden als Doppelspitze für das Präsidenten-Amt des VfB Stuttgart bereit, hieß es. Und Karl Allgöwer, der Ex-Nationalspieler, sympathisiere mit einer Gruppe Oppositioneller um den Stuttgarter Bankmanager Björn Seemann (39).

Hansi Müller bittet um Solidarität mit dem VfB

Dem ehemaligen VfB-Profi Hansi Müller fiel bei der Morgenlektüre erst die Kaffeetasse aus der Hand, dann verfasste er eine Pressemitteilung, in der geschrieben stand, was gut informierte Journalisten schon seit Wochen wissen: Er schließt definitiv aus, das Präsidentenamt beim VfB zu übernehmen. "Schon aus familiären Gründen stehe ich für eine solche Position nicht zur Verfügung", schreibt Hansi Müller und bittet stattdessen um Solidarität für den Club und die Mannschaft. "Jegliche Personaldiskussion in der gegenwärtig schwierigen Situation des VfB ist schädlich und abträglich und nützt nur den sportlichen Kontrahenten im Kampf gegen den Abstieg."

Auch Achim Egner, Mitinhaber eines Stuttgarter Unternehmens im Bereich der Internet-Technologie und zwischen November 2000 und Februar 2001 Vorstandsmitglied beim VfB, lässt keine Zweifel an seiner Haltung: "Das Präsidentenamt kommt für mich überhaupt nicht infrage." Es sei unseriös, wenn man Dinge in die Zeitung schreibe, ohne mit dem Betroffenen darüber geredet zu haben. "Der VfB braucht zurzeit alles andere als eine Diskussion um den Präsidenten", knurrt der langjährige VfB-Fan.

Und wen wundert's: Auch bei Karl Allgöwer hielt sich die Freude über sein mutmaßlich neues Betätigungsfeld in Grenzen. "Ich bin total erstaunt und verärgert", sagt der ehemalige Wasen-Karle, "ich weiß von nichts. Es gibt keinerlei Absprachen mit irgend jemandem. Das ist ja wie im Kino."

Seemann: "Ich will dem Verein helfen."

Björn Seemann, sagt Allgöwer, kenne er nur vom Golfen, ab und zu sehe man sich auch im Stadion. Seemann ist Leiter der Stuttgarter Niederlassung der Privatbank Julius Bär, Mieterin einer Teilloge in der Mercedes-Benz-Arena. "Da läuft man sich über den Weg. Und natürlich reden wir auch über die Situation beim VfB", sagt Allgöwer, "mehr aber nicht". Seemann selbst sagt dazu: "Keine Ahnung, warum Karl Allgöwer im Zusammenhang mit mir genannt wurde." Der Stuttgarter Bankier bestätigt aber: "Ich bin seit meiner Kindheit VfB-Fan. Ich will dem Verein helfen. Da ändert sich ja seit Jahren nichts." Und er fügt gegenüber unserer Zeitung hinzu: "Ich habe ein kompetentes Team mit ehrgeizigen Leuten um mich versammelt, das bereit wäre, die Führung im Verein zu übernehmen. Der Club muss viel erfolgsorientierter gemanagt werden. Wir wissen, wie das funktioniert. Mit Hundt und Staudt geht es nicht weiter."

Staudt "stinksauer"

Zunächst einmal geht aber nichts ohne den Aufsichtsrat. Denn allein das Kontrollgremium des Vereins schlägt laut Satzung vor, wer sich im Sommer dieses Jahres bei der Mitgliederversammlung zur Wahl des Präsidenten stellt. Und der Aufsichtsratschef sagte gestern nur, dass er nichts sagen will. "An den Spekulationen um einzelne Personen ist rein gar nichts dran", sagte Dieter Hundt und fügte hinzu: "Der Aufsichtsrat wird zu gegebener Zeit eine Entscheidung treffen." Was bedeutet: Es kann weitergehen mit Erwin Staudt, es muss aber nicht. Staudt selber meldete sich gestern aus Lissabon - selbstredend "stinksauer".

"Da wurde schlecht recherchiert und zur völlig falschen Zeit ein Fass aufgemacht, wir dürfen den Spielern jetzt kein Alibi für schlechte Leistungen liefern. Es geht einzig und allein um den Klassenverbleib, wetterte der VfB-Boss, "wir werden uns nach der Saison natürlich Gedanken machen. Wir haben eine Führung im Verein und das wird bis zur nächsten Mitgliederversammlung so bleiben. Man sucht natürlich immer einen Vollpfosten, wenn es sportlich schlecht läuft. Aber ich verspreche schon jetzt: Ich werde bis zur letzten Patrone kämpfen."

Seemann beeindruckt das alles nur mäßig. Er will mit seinem Team bei der Mitgliederversammlung antreten. Die wird aber frühstens im Juli stattfinden. "Ich weiß, das ist schwierig. Doch wir leben in einer Demokratie und ich will, dass die Mitglieder bei der Wahl eine Alternative haben", sagt der gebürtige Stuttgarter. Kein schlechter Gedanke. Wenn die Namen stimmen.