Auch wenn sich die Freien Wähler missachtet fühlen, steht die Aufgabenerfüllung nach Ansicht des Gremiums im Fokus. Deshalb wird Michels Eilentscheidung abgesegnet. Foto: Cools

Hat der Landrat seine Kompetenzen überschritten? In einer kurzfristig einberufenen virtuellen Verwaltungsausschusssitzung am Montagnachmittag nahm er nun erneut Stellung zu seiner Eilentscheidung, die große Wellen geschlagen hatte.

Kreis Rottweil - "Bei dieser Sache geht es nicht ums Rechthaben", stellte Landrat Wolf-Rüdiger Michel in der Videositzung klar. Mit seiner Eilentscheidung habe er vor allem die wachsende Unsicherheit im Sozialamt darüber, wie es nun angesichts der enorm hohen Arbeitsbelastung durch die Flüchtlingswelle weitergehen soll, beseitigen wollen.

Überprüfung eingeleitet

Aber von vorne: Die Fraktion der Freien Wähler im Rottweiler Kreistag hatte vergangene Woche eine aufsichtsrechtliche Überprüfung durch das Regierungspräsidium (RP) eingeleitet, nachdem Michel per Eilentscheidung die Schaffung von 19 zunächst unbefristeten Stellen in der Landkreisverwaltung beschlossen hatte – mit Personalmehrkosten in Höhe von rund 810 000 Euro, wobei laut Aussage Michels 230 000 Euro vom Land erstattet würden.

Hintergrund war der enorme Flüchtlingszustrom aus der Ukraine gewesen. Dadurch entstehe "akuter Handlungsbedarf", wie in der Verwaltungsausschusssitzung am 21. März mitgeteilt wurde. Die Freien Wähler sahen sich durch die Entscheidung des Landrats – ohne eine Abstimmung – übergangen. Wie sich in der Sitzung am Montag herausstellte, hatte auch die FDP-Fraktion den Bescheid an das RP unterstützt. Kreisrat Gerhard Aden sprach von einem durch die Entscheidung des Landrats "sehr weit überzogenen Budget".

Michel hatte in einer ersten Stellungnahme mitgeteilt, dass die zusätzlichen Aufgaben mit dem aktuellen Personal nicht zu bewältigen seien. Bei der Besetzung komme es auf jeden Tag an, die Bewerberlage sei sehr dünn. Deshalb habe man die rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft.

Wogen geglättet

In der Sitzung am Montag schienen die Wogen geglättet. Nach der Kritik habe er die Möglichkeit für eine kurzfristige Zusammenkunft nutzen wollen und deshalb alle am 21. März verkündeten Eilentscheidungen nun noch einmal auf die Agenda gepackt, so Michel. Generell sei nichts Unanständiges daran, zu überprüfen, ob Formalien eingehalten wurden, sagte er zur Entscheidung der Freien Wähler, eine Überprüfung einzuleiten.

Zwar sei seine Eilentscheidung nun formal und rechtlich schon "in der Welt" und könne von Dritten nicht aufgehoben werden – das hatte zuvor AfD-Kreistag Christoph Maaß angemerkt mit der Bemerkung, dass der Vorstoß der Freien Wähler nicht zielführend sei – jedoch sei es gut, die Entscheidung für eine Stellenaufstockung nun durch den Verwaltungsausschuss bekräftigen zu lassen und dann am Ende eben zwei deckungsgleiche Eilanträge zu haben. Denn einig darüber, dass man das Personal aufstocken müsse, sei man sich, war sich Michel sicher. Sollte die Abstimmung am Ende Gegenteiliges beweisen, so wäre das ein Grund zum Nachdenken, meinte er.

Schnelles Agieren nötig

Jetzt gehe es nicht darum, in die Diskussion zur Sache einzusteigen und zu klären, wer formal Recht habe, und womöglich noch gerichtlich einen Streit auszutragen, der Monate dauern würde, sondern um eine möglichst schnelle Personalaufstockung, so Michel.

FWV-Kreisrat Thomas Haas meinte, man hätte sich lediglich formal die Beteiligung des Kreistags oder zumindest des Ausschusses gewünscht. Um die Anzahl der Stellen sei es nicht gegangen. Diesen Faktor könne die Verwaltung vermutlich ohnehin besser einschätzen. Dass man personell agieren und es nun weitergehen müsse, sei klar. Auch CDU-Kreisrat Herbert Halder sagte, das Augenmerk müsse jetzt auf der Aufgabenerfüllung liegen. "Aber es wäre besser gewesen, das Gremium früher miteinzubeziehen."

Deckungsvorschlag gefordert

Die Freien Wähler hatten am Montag noch einen Antrag eingereicht, in dem sie die Verwaltung aufforderten, bis Ende April Deckungsvorschläge für die Mehrkosten durch die zusätzlichen Stellen zu unterbreiten. Das sei vernünftig, meinte Michel, denn die Liquidität des Landkreises sei nicht unendlich. Die Deckungsvorschläge werde man dem Kreistag voraussichtlich am 25. April vorlegen.

Ehe man zur Abstimmung kam, brachte Finanzdezernent noch eine Korrektur der Zahlen an. So handle es sich nicht, wie anfangs gedacht, um rund 580 000 Euro, die der Landkreis nach Abzug der Erstattung durch das Land noch zu tragen hätte, sondern um nur noch rund 440 000 Euro. Die Korrektur komme daher, dass es auch bei den zusätzlichen Hausmeister-Stellen die Möglichkeit der Erstattung gebe.

Entscheidung abgesegnet

Insgesamt sollen drei Stellen im Jugend- und Versorgungsamt, 14 im Kreissozialamt (Sachgebiet Umsiedlungs- und Flüchtlingswesen) und zwei Stellen beim Ordnungsamt (Sachgebiet Ausländerbehörde) geschaffen werden. Nach einem Wegfall des Mehrbedarfs soll das Personal auf anderweitige offene Stellen in der Landkreisverwaltung verteilt werden.

13 Kreisräte im Verwaltungsausschuss stimmten für die Schaffung der 19 zusätzlichen Stellen, einer dagegen, einer enthielt sich.