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Linke und Grüne kritisieren Pläne von Schwarz-Rot. Doch auch ihre eigenen Programme klaffen weit auseinander.  

Linke und Grüne kritisieren Pläne von Schwarz-Rot. Doch auch ihre eigenen Programme klaffen weit auseinander.

Stuttgart/Berlin - Die Opposition wird, wenn es zu einer Großen Koalition kommen sollte, verschwindend klein sein: Nur 127 Sitze, das sind rund 20 Prozent, fallen auf Grüne und Linkspartei. Schwierig, so Oppositionsarbeit zu leisten. Noch schwieriger, wenn sich die beiden Parteien nicht einig sind. Wie beim Thema Rente.

Hier sind sich Grüne und Linkspartei in vielen Punkten uneins. Beispielsweise wenn es um die Benachteiligung der Frauen gegenüber der Männer geht. Daten von Bundesregierung und Rentenversicherung zeigen, dass jeder zweite männliche Neurentner im Alter von 63 bis 65 Jahren die Voraussetzung für die geplante abschlagfreie Frührente erfüllt, aber nur jede siebte Frau. Voraussetzung für die abschlagfreie Rente mit 63 sind 45 Beitragsjahre. „Die Art der Ausgestaltung benachteiligt Frauen massiv, weil die sich wegen der Kindererziehung weniger Zeiten anrechnen lassen können“, beklagt der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Anton Hofreiter, ein Ungleichverhältnis.

Die Stoßrichtung dieser Kritik sei falsch, hält der rentenpolitische Sprecher der Linkspartei, Matthias Birkwald, dagegen. „Man muss nicht den einzelnen Baustein bewerten, sondern das Ganze“, sagte er unserer Zeitung. Im Koalitionsvertrag sei einmal mehr für die Männer einmal mehr für die Frauen drin. Die Mütterrente komme beispielsweise zu 97 Prozent Frauen zu Gute. Die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern würde er deswegen nicht kritisieren.

Auch die eigenen Rentenpläne klaffen auseinander. So fordert die Linkspartei, dass Menschen nach 40 Jahren harter Arbeit ab 60 in Rente gehen können. Die Grünen dagegen haben in ihrem Wahlprogramm eine Garantierente in Höhe von 850 Euro nach 30 und mehr Beitragsjahren vorgeschlagen. „Wir haben das sauber gegenfinanziert“, betont Hofreiter, „deshalb haben wir in unserem Wahlprogramm Steuererhöhungen für hohe Einkommen vorgeschlagen.“

Dass der CDU-Wirtschaftsrat eine Anhebung des Renteneintrittsalters von 67 auf 69 Jahre fordert, kritisiert Birkwald heftig. Er habe letztens einen Tag auf dem Bau mitgearbeitet – „und das war extrem anstrengend“. Keiner seit älter als 58 gewesen. „Wer heute die Rente erst ab 69 fordert, hat nicht alle Tassen im Schrank“, sagt Birkwald.

Dem Grünen-Fraktionschef ist besonders die Finanzierung der schwarz-roten Rentenpläne ein Dorn im Auge. Rentenpolitik solle zum einen die Kosten dafür gerecht verteilen, zum anderen das aus den Beiträgen generierte Geld gerecht verteilen. „Beides bleiben Union und SPD schuldig“, sagte Hofreiter den Stuttgarter Nachrichten. Vor allem die Mütterrente sei unseriös finanziert. „Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und nicht nur eine derer, die Beiträge zahlen“, sagt der Grünen-Politiker. „Man müsste die Mütterrente aus Steuermitteln finanzieren – hier hat die Union etwas versprochen, von dem sie wusste, dass sie es nicht halten und sauber finanzieren kann. Diese Art der Finanzierung ist eine verdeckte Staatsverschuldung.“

Dieser Meinung ist im Prinzip auch die Linkspartei. Aber dagegen, dass die Beiträge zur Rentenversicherung zugunsten der Mütterrente nicht gesenkt werden sollen, will sie nicht klagen. „Ich will ja gar nicht, dass die Rentenbeiträge gesenkt werden“, sagt Birkwald. Die Linke fordere im Gegenteil die Anhebung der Beiträge. „Wir Linken würden davon die Aussetzung der Rente ab 67 finanzieren, die Abschläge aus der Erwerbsminderungsrente streichen und das Rentenniveau stabil halten.“ Ob die Grünen gegen die Finanzierung der Mütterrente klagen werden, ließ Hofreiter offen: „Man muss sich die endgültige Ausgestaltung in Ruhe anschauen und dann abwägen.“

Keine Kompromisse gebe es dagegen bei der Frage nach den Oppositionsrechten, stellte der Vorsitzende der 63-köpfigen Grünen-Fraktion klar. „In jedem Fall klagen werden wir aber, wenn uns die Oppositionsrechte nicht vollumfänglich zugestanden werden.“ Zusammen mit der Linkspartei kommen die Grünen auf 127 Stimmen im Parlament und damit weniger als ein Viertel aller Abgeordneten. Zur Einberufung etwa eines Untersuchungsausschusses, ist jedoch die Zustimmung von mindestens 25 Prozent der Bundestagsabgeordneten erforderlich.

„Eine Opposition muss unabhängig von ihrer Größe die vollen Oppositionsrechte haben. In dieser Ansicht stützen uns viele Staatsrechtler. Denn eine der Hauptaufgaben der Opposition ist die Kontrolle der Regierung“, sagt Hofreiter. „Wir müssen als Opposition das Recht haben, etwa einen Untersuchungsausschuss einzufordern. Wenn das nicht gewährleistet ist, werden wir klagen.“ Auf die Ankündigungen von Union und SPD, der Opposition ausreichend Möglichkeiten zur Gegenrede einzuräumen, will sich Hofreiter dabei nicht verlassen. „Eine Kontrolle, die abhängig ist von Gnaden der Regierungsmehrheit, ist keine Kontrolle.“