Auf der Gäubahn gibt es zu oft Einschränkungen, meint Bundestagsabgeordneter Matthias Gastel (Grüne). Das Foto zeigt die Abfahrt der Gäubahn in Stuttgart-Vaihingen. (Archivfoto) Foto: Lück

Einer Analyse des Bundestagsabgeordneten Matthias Gastel (Grüne) zufolge sei die Gäubahn an 19,5 Prozent der Tage durch Baustellen unterbrochen. Kürzere Sperrungen hinzugerechnet, gebe es sogar an jedem vierten Tag Einschränkungen.

Horb/Region - Berücksichtigt seien dabei laut der Mitteilung von Matthias Gastel nur ganztägige Beeinträchtigungen im Jahr 2022. Rechne man Sperrungen hinzu, die nur Tagesrandlagen betreffen, so seien sogar an jedem vierten Tag baustellenbedingte Einschränkungen für den Bahnverkehr vorgelegen. Davon betroffen gewesen seien in diesem Jahr rund 4300 Zugfahrten. Ausfälle durch die jüngste Stellwerkstörung am Hauptbahnhof Stuttgart wurden nicht mitgerechnet. Durch diese Störung fielen tagelang alle Züge der Schweizerischen Bundesbahnen, die umsteigefreie Verbindungen zwischen Stuttgart und Zürich ermöglichen, aus. "Eine Streckenverfügbarkeit von 75 bis 80 Prozent ist viel zu gering, um einen verlässlichen Bahnverkehr anbieten zu können", kritisiert Matthias Gastel das Baustellenmanagement der Deutschen Bahn.

"Während einer Sperrpause mehr Arbeiten erledigen"

"Baustellen müssen viel stärker gebündelt werden. Dies bedeutet, dass während einer Sperrpause mehr Arbeiten erledigt werden müssen, statt für jede Maßnahme eine eigene Baustelle mit entsprechenden Sperrungen einzurichten." Der Konzern habe dies inzwischen erkannt und wolle seine Baustellenplanung entsprechend ändern, um die verfügbaren Kapazitäten weniger durch unkoordinierte Bautätigkeiten einzuschränken.

"Hier an der Gäubahn zeigt sich, wie dringlich diese Optimierung des Bauwesens ist", so Matthias Gastel, der seit kurzem dem Aufsichtsrat der DB Netz AG und der Beschleunigungskommission Schiene der Bundesregierung angehört. "In beiden Gremien werde ich Druck machen, dass notwendige Bauaktivitäten zügiger und abgestimmter als bisher umgesetzt werden. Wir müssen mehr ins Netz investieren. Wir können uns aber keine in Summe überdimensionierten, wiederkehrenden Sperrungen leisten. Wenn gearbeitet wird, dann muss alles gleich mitgemacht werden, was als sinnvoll und notwendig absehbar ist. Lieber einmal etwas länger als vielfach etwas kürzer sperren – und dann die Strecke länger unbeeinträchtigt nutzen können. Die Deutsche Bahn muss für eine möglichst große Verfügbarkeit der Infrastruktur und damit für mehr Verlässlichkeit sorgen."

"Abfolge von unzureichend koordinierten Baustellen"

In seiner Analyse geht Gastel auch auf die Gäubahn-Störungen in den vergangenen Jahren ein. Er schreibt: "Auch in den Vorjahren gab es überdurchschnittlich viele Beeinträchtigungen durch eine Abfolge von unzureichend koordinierten Baustellen. Zwischen 2016 und 2021 war an 18 Prozent der Tage keine durchgehende Befahrbarkeit der Gäubahn-Strecke möglich."

Am Beispiel zweier besonders betroffener Abschnitte der Gäubahn lasse sich die Problematik besonders gut aufzeigen: So wurden beispielsweise im Abschnitt zwischen Herrenberg und Rottweil bereits 2017 Brückenarbeiten durchgeführt, was zu einer Sperrung der Strecke führte, ein Jahr darauf war der Abschnitt erneut mehrere Tage nicht befahrbar. Diesmal mussten Gleise und Weichen erneuert werden. Im Jahr 2021 folgten dann weitere Sperrungen zwischen Herrenberg und Horb, einmal aufgrund der Erneuerungen von Weichen- und Bahnsteigen und später im Jahr noch einmal aufgrund von Weichenerneuerung.

Abschnitt Herrenberg-Horb beeinträchtigt

Auch in diesem Jahr war der Abschnitt Herrenberg-Horb wieder beeinträchtigt, diesmal zunächst im Juni aufgrund von Vorbereitungsarbeiten für den zweigleisigen Ausbau und abermals über die Sommerferien, in denen Stellwerksarbeiten und erste Maßnahmen für den Zweigleisausbau für Sperrungen sorgen.

Auch der Abschnitt Tuttlingen-Singen sei vielfach betroffen. 2018 wurden Gleise und Weichen erneuert, 2019 dann wiederum durch Gleisarbeiten. "Beides führte immer wieder zu Teil- und Totalsperrungen", berichtet Gastel. Eine weitere Gleissperrung 2019 folgte noch im Jahr 2019, diesmal aufgrund von Brückenbauarbeiten. 2021 führten Bahnübergangsarbeiten zu weiteren Sperrtagen und 2022 standen und stehen auch hier erste Ausbaumaßnahmen sowie Erneuerungs- und Sanierungsarbeiten an Gleisen und Brücken an, was abermals für zwei Sperrzeiträume sorgt.

"Keine der Baumaßnahmen ist verzichtbar"

Gastel schreibt: "Um es abschließend noch mal deutlich zu machen: Keine der Baumaßnahmen ist verzichtbar. Die Baumaßnahmen müssen aber besser koordiniert werden. Wenn ein Korridor baustellenbedingt gesperrt werden muss, dann müssen gleich alle absehbaren Baumaßnahmen innerhalb eines möglichst kurz zu haltenden Sperrfensters mit erledigt werden. Es geht darum, Baumaßnahmen konsequent zu bündeln, um die Strecke in möglichst großem Maß betriebsbereit zu halten."