Nicht immer sind die Westen der Bauunternehmer so weiß, wie die Fliesen, die sie verlegen lassen. Illegale Beschäftigung kommt auch auf den Baustellen im Zollernalbkreis vor. Foto: Remmers

Die IG Bau will "saubere Baustellen im Zollernalbkreis" und weist auf erschreckende Zahlen hin. "Kriminelle Methoden auf dem Bau gehören auch in unserer Region zum Alltag", sagt Regionalleiter Andreas Harnack.

Burladingen - Er beruft sich auf die offiziellen Zahlen der staatlichen Kontrollbehörde. So habe das Hauptzollamt Ulm, das auch für den Zollernalbkreis zuständig ist, allein im ersten Halbjahr des vergangenen Jahres in der Region insgesamt 300 Ermittlungsverfahren im Baugewerbe eingeleitet. Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) deckte bei ihren Kontrollen vor allem illegale Beschäftigung, Sozialbetrug und Mindestlohnverstöße auf.

Schaden in Höhe von 1,7 Millionen Euro

Insgesamt habe die vom Ulmer Zoll ermittelte Schadenssumme durch nicht gezahlte Steuern und Sozialabgaben auf dem Bau rund 1,7 Millionen Euro betragen, so die IG Bau Baden-Württemberg. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres leitete das Hauptzollamt Ulm 259 Ermittlungsverfahren auf dem Bau ein.

Die Baugewerkschaft kommentiert jetzt Zahlen, die das Bundesfinanzministerium auf eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Bernhard Daldrup (SPD) zur Kontroll-Bilanz des Zolls auf dem Bau mitgeteilt hat. Schon vor zwei Jahren war ein Burladinger Unternehmer tagelang vor den Schranken des Hechinger Schöffengerichtes gestanden. Angeklagt waren der Mann und seine greise Mutter wegen "Vermittlung illegaler Leiharbeit".

Slowaken schufteten für sechs bis acht Euro pro Stunde

Auch bei ihnen hatte die Zollbehörde kontrolliert, fand heraus: Sie ließen Slowaken für sechs bis acht Euro die Stunde schuften, ohne Krankenversicherung, ohne Unfallversicherung, ohne Gewerbeschein, Steuernummer oder Bescheinigung der Berufsgenossenschaft. Die oft der deutschen Sprache nicht mächtigen Osteuropäer waren zusammengepfercht in menschenunwürdigen Behausungen.

Pikant: Die Räume hatte der Angeklagte von der Stadt Burladingen gemietet und vor Gericht als seine eigenen ausgegeben. Die Stadtverwaltung war völlig ahnungslos.

"Die hohe Zahl der Ermittlungsverfahren zeigt, dass kriminelle Methoden auf dem Bau auch in unserer Region zum Alltag gehören. Die tatsächlich aufgedeckten Verstöße sind nur die Spitze des Eisbergs", sagt der Regionalleiter der IG Bau Baden-Württemberg, Andreas Harnack. Neben den vielen "sauber arbeitenden Unternehmen" gebe es noch immer unseriöse Firmen, für die Lohndumping und illegale Beschäftigung bei Bauaufträgen zum Geschäftsmodell gehörten.

Unseriöse werden sich mehr Tricksereien einfallen lassen

Harnack warnt vor einer weiteren Zunahme illegaler Machenschaften: "Die hohe Inflation, steigende Bauzinsen, hohe Material- und Energiekosten – alles führt zu einem wachsenden Kostendruck auf dem Bau. Unseriöse Chefs werden deshalb jetzt erst recht versuchen, ihre Kosten durch Lohndumping zu senken. Und sie werden sich noch mehr Tricksereien einfallen lassen, um Steuern und Sozialabgaben zu hinterziehen. Dadurch geraten Arbeitgeber, die sich an den Bau-Tarifvertrag halten, weiter unter Druck".

Schwarze Schafe ohne öffentliche Aufträge lassen

Vor diesem Hintergrund fordert die IG Bau Baden-Württemberg deutlich mehr Kontrollen und eine stärkere Präsenz des Zolls auf den Baustellen. "Auch im Zollernalbkreis wollen wir saubere Baustellen. Der Staat muss sicherstellen, dass kriminelle Praktiken auf Baustellen keine Chance mehr haben", so Harnack.

Zudem müssten auffällig gewordene Firmen von der öffentlichen Auftragsvergabe ausgeschlossen werden. "Wir brauchen ein "Sündenregister für Schwarzarbeit – eine öffentliche Kartei, in der die Betriebe aufgelistet werden, deren Geschäftsmodell auf illegaler Beschäftigung und Lohnprellerei beruht", so der Regionalleiter Harnack.