Schon in der Vergangenheit wurden Stellen per Eilentscheidung geschaffen. Symbol- Foto: sebra, Robert Biedermann – stock.adobe.com / Montage: Kieninger

Nachdem Landrat Wolf-Rüdiger Michel vom Regierungspräsidium attestiert wurde, mit der Eilentscheidung zur Personalschaffung einen Fehler begangen zu haben, äußert sich nun der FDP-Abgeordnete Daniel Karrais (MdL) mit scharfer Kritik zu Wort.

Kreis Rottweil - Zur Vorgeschichte: Michel hatte Ende März die Eilentscheidung getroffen, im Zuge des Flüchtlingszustroms aus der Ukraine 19 zusätzliche Stellen innerhalb der Landkreisverwaltung zu schaffen – mit Personalmehrkosten in Höhe von rund 440. 000 Euro. Daraufhin hatte die Freie-Wähler-Fraktion des Kreistags eine aufsichtsrechtliche Überprüfung durch das Regierungspräsidium eingeleitet.

Offenbar war die "fragwürdige Besetzungspraxis des Landrats", wie Karrais es nennt, keine Ausnahme. Eine Anfrage bei der Landesregierung habe ergeben, dass der Kreis Rottweil bei den Eilentscheidungen generell negativ auffalle.

Teilweise dauerhafter Personalbedarf

Im April hatten die FDP-Abgeordneten Stephen Brauer und Julia Goll den Landtag zur Stellenentwicklung seit 2011 in den Baden-Württemberger Landratsämtern befragt. Mit Schreiben vom 3. Juni hatte das Ministerium des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen dazu und speziell zum Thema Eilentscheide durch Landräte Stellung genommen.

So heißt es: "Im Zuge der Abfrage über die Regierungspräsidien haben neun Landkreise mitgeteilt, dass seit dem Jahr 2015 – insbesondere im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise und der Pandemie – entsprechende Personalentscheidungen des Landrats getroffen wurden. Teilweise hat sich in der Folge ein dauerhafter Personalbedarf ergeben, der über entsprechende Gremienentscheidungen verstetigt wurde."

73,6 Stellen per Eilentscheidung

Angaben hatten gemacht: der Rems-Murr-Kreis (jährlich rund 20 Stellen, keine dauerhaft eingerichtet), der Hohenlohekreis (insgesamt fünf Stellen, alle dauerhaft eingerichtet), der Landkreis Schwäbisch-Hall (insgesamt 35 Stellen, alle dauerhaft eingerichtet), der Main-Tauber-Kreis (eine Stelle, dauerhaft eingerichtet), der Landkreis Calw (52,75 Stellen, alle dauerhaft eingerichtet), der Enzkreis (21 Stellen, zwei dauerhaft eingerichtet), der Landkreis Rottweil (73,6 Stellen, 43,6 dauerhaft eingerichtet), der Landkreis Tübingen (12,5 Stellen, keine dauerhaft eingerichtet) und der Landkreis Biberach (40,65 Stellen, keine dauerhaft eingerichtet).

Die landesrechtliche Grundlage für eine Eilentscheidung sei unter anderem, dass diese in "dringenden Angelegenheiten des Kreistags, deren Erledigung an Stelle des Kreistags auch nicht bis zu einer ohne Frist und formlos einberufenen Sitzung des zuständigen beschließenden Ausschusses aufgeschoben werden kann", getroffen werden könne.

Kein Einzelfall

Für Daniel Karrais zeigt die Statistik, dass im Vergleich zu den anderen Kreisen nicht nur weit überdurchschnittlich viele Stellen geschaffen, sondern auch überdurchschnittlich viele dieser Stellen dauerhaft eingerichtet worden seien. "Man sieht, dass die übergriffige Eilentscheidung also wohl kein Einzelfall war, sondern sich über die letzten Jahre offenbar öfters zugetragen hat als andernorts", so sein Fazit.

Die Freie-Wähler-Fraktion des Rottweiler Kreistags hatte bei ihrer Beschwerde über die Vorgehensweise des Landrats ebenfalls einen zurückliegenden Disput aus 2020 angeführt. Da habe Michel den Homepage-Relaunch des Kreises über rund 40 .000 Euro ohne Not in einer Eilentscheidung vergeben, hieß es. Michel, so der Vorwurf, lasse damit "jegliches Gespür für Zuständigkeiten" vermissen. Man fühle sich in der Gremienarbeit missachtet.

Es geht um Steuergeld

Mit der Bestätigung des RP, dass Michel nach Ansicht der Behörde einen formalen Fehler begangen hat, zieht Karrais nun folgendes Fazit: "Das Regierungspräsidium bestätigt, dass der Landrat seine Kompetenzen deutlich überschritten hat. Damit endet hoffentlich die gutsherrenartige Praxis des Landrats, einfach Stellen per Eilentscheidung zu schaffen."

Mit 73,6 Stellen, die im Alleingang vergeben wurden, sei der Kreis Rottweil einsamer Spitzenreiter im Land, obwohl er bevölkerungsmäßig einer der kleineren Kreise sei. "Dabei wurden über 43 Stellen entfristet. Mit jeder Stelle geht es um viel Steuergeld, das strukturell für andere Aufgaben fehlt. Die Entscheidung darüber muss beim vom Volk gewählten Kreistag liegen und nicht im Amtszimmer des Landrats. Es ist etwas anderes, ob man sich vorher die Zustimmung des Rats holen muss oder man dann, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist, um Bestätigung bittet."

Er hoffe nun, dass die klare Aussage des Regierungspräsidiums zu einer besseren Achtung des Kommunalparlaments führe. "Eilentscheidungen sind nicht dazu da, sich der Diskussion und Kontrolle durch den Kreistag zu entziehen."