Die Kita-Träger in Neuried und der Tageselternverein haben ihr Angebot, aber auch Herausforderungen geschildert. Dabei mussten sie auch Kritik einstecken - besonders hinsichtlich der sich häufenden reduzierten Öffnungszeiten in mancher Einrichtung.
Neun Kitas, 450 bis 500 Kinder, die es täglich zu betreuen gilt – „eine unglaubliche Mammutaufgabe“, weiß Bürgermeister Tobias Uhrich. Die Vielfalt in Sachen Kinderbetreuung in Neuried verglich er mit einem „wertvollen Blumenstrauß“, doch nicht allen sich darin befindlichen „Blumen“ blühen derzeit in voller Pracht: Am Mittwochabend haben sich alle Träger und der Tageselternverein in der Gemeinderatssitzung vorgestellt. Es ging um Zahlen, Strukturen und Werte, es ging vor allem aber auch um die großen Herausforderungen, die es täglich zu bewältigen gelte.
Dass es in Neuried nicht in allen Einrichtungen rund laufe, wurde bereits in der Frageviertelstunde deutlich – und zwar von ganz anderer Stelle aus, von der man zunächst glaubte: Eine Neurieder Zahnärztin meldete sich zu Wort und schilderte immer wieder kehrende Szenarien am frühen Morgen: „Meine Mitarbeiterinnen stehen immer wieder vor geschlossenen Kindergartentüren aufgrund von Krankheitsausfällen der Erzieherinnen.“ Dies habe wiederum zur Folge, dass sie Termine mit ihren Patienten umlegen müsse. Sie stellte die Frage, ob es das Gesamtkonzept Kinderbetreuung in Neuried überdacht werde – das wäre sinnvoll. Die Frage spielte Uhrich den Trägern weiter zu, die sich und ihre Arbeit anschließend vorstellten.
Kita St. Nikolaus ist „Sorgenkind“
Amelie Oertel von der katholischen Kirchengemeinde machte den Anfang – und hatte auch Kritik einzustecken. Schließlich stelle der St. Nikolaus Kindergarten in Ichenheim ein „Sorgenkind“ in Neuried dar. „Es soll hier kein heißer Stuhl sein, aber uns kommen die Probleme immer wieder zu Ohren“, erklärte Uhrich und fragte, ob sich die Situation denn mittlerweile entspannt habe. Die Sprache ist vor allem vom Fachkräftemangel und von langzeitkrankem Personal, was reduzierte Öffnungszeiten und spontane Notgruppen mit sich bringe. Auch Franziska Hog (UL) betonte die vorherrschenden Missstände – „diese sollten vor allem auch beim Träger ankommen.“ Sie stellte klar, dass die Erzieher keinen schlechte Arbeit verrichteten, dass die Einrichtung aber wieder in ein besseres Fahrwasser gelangen sollte.
Der Situation sei sich Oertel bewusst. Man arbeite daran, „Öffnungszeiten reduzieren, das machen wir nicht mit freudestrahlendem Gesicht“, verdeutliche sie. Es gelte sich aber, stets an Richtlinien zu halten. Könnten diese aufgrund von fehlendem Personal nicht erfüllt werden, seien dem Träger die Hände gebunden.
Die evangelischen Kindergärten stellten Pfarrerin Anna Schimmel und Pfarrer Gerold Koch vor. Allerlei Verwaltungsaufgaben werde dort vom Verwaltungs- und Serviceamt (VSA) übernommen, in Person ist das für Neuried Christina Himmelsbach. Sie brach eine Lanze für den St. Nikolaus Kindergarten: „Diese Umstände könnten in jedem anderen Kindergarten im Ortenaukreis auch herrschen“, sagte sie. Sie erklärte dies mit dem vor zehn Jahren in Kraft tretenden Rechtsanspruch auf Betreuung ab einem Jahr – die Zahl der Kinder wurde dadurch mehr, die Zahl der Erzieher allerdings nicht.
Naturkita hat keine Personalprobleme
„Die Betreuer kommen oft an ihre Grenzen“, so Himmelsbach. Nicht nur aufgrund der Unterbesetzung, sondern nun auch durch die „Corona-Kinder“, die einen erschwerten Start ins Leben hatten, denen Kontakte fehlten, was Auswirkungen auf die Entwicklung der Kinder mit sich brachte.
Es sei wichtig, über das Thema Leitungsfreistellung mit den Kommunen zu reden und es sei erstrebenswert dahingehend eine Gleichwertigkeit bei den Einrichtungen erreichen, so Himmelsbach.
Keinerlei Probleme bei Personalangelegenheiten hat der freie Träger „Vielfalt für Kinder“. Den Naturkindergarten in Müllen stellte Geschäftsführer Marko Kaldewey vor. „Ein Paradies haben wir uns da mittlerweile inmitten der Natur geschaffen“, schwärmte er und zeigte dazu ein paar Fotos zur Entwicklung der Einrichtung. Es herrsche stets eine gute Atmosphäre: „Wenn ich dort bin, sehe ich nur glückliche Kinder.“ Mit den Mitarbeitern gebe es immer wieder Aussprachen und man habe über die Erzieher hinaus auch Heilpädagogen in den eigenen Reihen. Er setze auf „miteinander reden“ statt auf Verwaltungsaufbau, erklärte er auf Nachfrage von Thomas Eble (FWV) hinsichtlich Leitungsfreistellung.
Tageselternverein wird von 17 Kindern genutzt
Letztlich stellte Sabine Herzog den Tageselternverein Offenburg vor. „Ein wichtiger Verein, mit dem Lücken schnell geschlossen werden können – eine sehr wertvolle Arbeit“, würdigte Bettina Dürr (UL). Hinter dem Verein stehen Tagespflegepersonen, die maximal fünf Kinder im Alter von null bis 14 Jahren in den eigenen vier Wänden betreuen. Dies biete nicht nur flexible Betreuungszeiten, es sei auch familiärer, so Herzog. Ein Vorteil für die Kommune sei, dass keine Gebäude benötigt würden. 17 Kinder würden derzeit über den Verein in Neuried betreut und sechs Pflegepersonen gebe es – im kommenden Jahr kämen noch drei weitere hinzu. „Es sieht gut aus in Neuried“, so Herzog abschließend.
Besichtigung
Bernd Uebel (SPD) fehlte die Vorstellungen eines kompletten Tagesablaufes in einer Einrichtung. Statt ihm diese zu erklären, warf Christina Himmelsbach den Ball zurück: „Machen Sie einen Termin mit den Leitungen aus, gehen Sie in die Einrichtungen und schauen Sie es sich am besten vor Ort an“. Eine Besichtigung der Einrichtungen, fügte Bürgermeister Uhrich hinzu, stehe ohnehin an.