Kritik an Kreuzfahrten wegen ihrer Klimabilanz wird immer wieder laut. (Archivbild) Foto: Georg Wendt/dpa

Dem Nabu zufolge planen manche Kreuzfahrtunternehmen, erst 2050 klimaneutral zu arbeiten. Dem Naturschutzbund ist das zu langsam. Der Kreuzfahrtverband Clia bewertet das anders.

Hamburg - Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) kritisiert die Klimaziele mehrerer Kreuzfahrtunternehmen. "Es ist unverantwortlich, wenn sich eine Branche selbst Ziele steckt, die hinter den Klimazielen der Bundesrepublik zurückbleiben", sagte Nabu-Verkehrsreferent Sönke Diesener. Dem Nabu zufolge gaben in einer Befragung acht von zwölf Kreuzfahrtunternehmen an, 2050 Klimaneutralität erreichen zu wollen. "Das ist weder akzeptabel noch vermittelbar – insbesondere für eine Freizeitaktivität", sagte Diesener. Insgesamt wurden 14 Unternehmen befragt, zwei antworteten nicht.

Klimaneutral heißt, dass das Klima nicht beeinflusst wird. Die Bundesregierung will in Deutschland bis 2045 Treibhausgasneutralität erreichen. 

In der Nabu-Befragung ging es unter anderem um Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen, Schweröleinsatz, Landstromnutzung, Rußpartikelfilter und Katalysatoren, die den Stickoxidausstoß reduzieren.

Aus den Antworten hat der Nabu eine Rangliste gemacht, in der Hurtigruten, Havila und Hurtigruten Expeditions aus Norwegen die ersten Plätze belegen. Diesener sagte, in Norwegen gebe es eher günstigen Landstrom aus Wasserkraft und strengere Regeln. Aus Deutschland schneidet Mein Schiff am besten ab, es folgen die Anbieter Aida Cruises und Hapag-Lloyd Cruises. Der Kreuzfahrtriese Carnival ist auf dem vorletzten Platz, die Linie Marella auf dem letzten. 

Kreuzfahrtverband fordert mehr erneuerbare Kraftstoffe

"Die Kreuzfahrtindustrie verschreibt sich dem übergeordneten Ziel der Klimaneutralität 2050", teilte der Kreuzfahrt-Branchenverband Clia in Deutschland zur Nabu-Rangliste mit. Das Ziel stünde im Einklang mit einer Treibhausgasstrategie der internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) für den internationalen Schiffsverkehr. Die IMO ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen.

Eine Herausforderung bei der Dekarbonisierung der Schifffahrt ist dem Verband zufolge die breite Verfügbarkeit erneuerbarer Energieträger. Die Politik sei gefragt, mit ehrgeizigen Produktionszielen den Hochlauf von erneuerbaren Kraftstoffen anzureizen, fordert der Verband. Auch Landstrom müsse verfügbar sein, teilte Clia mit. Die Hälfte der Clia-Flotte verfüge über Landstromanschlüsse. Die Zahl solle in den nächsten Jahren weiter steigen. 

Kreuzfahrt wird laut Wirtschaftsfachmann nachhaltiger 

Kreuzfahrtschiffe beeinträchtigen zunächst immer die Umwelt, sagt Burkhard Sommer, stellvertretender Leiter des maritimen Kompetenzzentrums bei der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC Deutschland. Dennoch werde die Branche in Deutschland und auch im Ausland nachhaltiger, was unter anderem mit der Verwendung neuer Treibstoffe und Filter sowie den Landstromanlagen zusammenhänge. 

Sommer glaubt, die Entwicklung werde sich fortsetzen. "Zum einen aufgrund einer sich immer weiter verschärfenden Regulatorik", sagt der Experte. "Und zum anderen aufgrund einer Kundschaft, die immer mehr auf Nachhaltigkeit auch im Urlaub achtet und bereit ist, dafür Geld auszugeben."

Nabu: Landstrom steht bereit

In Hamburg, Kiel und Rostock stehe Landstrom für Kreuzfahrtschiffe bereit, sagte der Vorsitzende des Nabu Hamburg, Malte Siegert. Siegert rief die Reedereien auf, die Anlagen zu nutzen. "Ansonsten muss eine Landstrompflicht her, um die Menschen in den Städten vor den Abgasen zu schützen." In Bremerhaven gibt es noch keinen Landstrom. Geplant ist, dass zunächst eine Anlage 2025 am Kreuzfahrtterminal in Betrieb gehen soll, wie Bremenports mitteilte. 

Landstromnutzung nimmt in Hamburg zu

Landstromanlagen versorgen Schiffe mit Strom. Ein Vorteil ist, dass Schiffe, die an die Anlagen angeschlossen sind, keinen klimaschädlichen Schiffsdiesel verfeuern müssen. Viele Schiffe nutzen die Landstromanlagen bislang dennoch nicht. In Deutschland sind die Kosten für den Strom eher hoch und nicht alle Schiffe können Landstrom beziehen.

In Hamburg gibt es mehrere Kreuzfahrtterminals. Am Terminal in Altona fließt Landstrom seit 2017, am Terminal Steinwerder seit April, teilte die Hamburg Port Authority (HPA) auf Anfrage mit. An einem weiteren Terminal, dem im Bau befindlichen Cruise Center Hafencity, ist eine Landstromanlage vorgesehen. Der HPA zufolge sind während der diesjährigen Kreuzfahrtsaison in Hamburg 270 Schiffsanläufe geplant. Bei 135 Anläufen, also der Hälfte, ist vorgesehen, dass die Schiffe Landstrom aus erneuerbaren Energien nutzen sollen. In den vergangenen Jahren wurde Landstrom weitaus weniger genutzt. 

Aida Cruises teilte anlässlich der Nabu-Rangliste mit, dass das Unternehmen im vergangenen Monat bei 45 Anläufen in europäischen Häfen Kreuzfahrtschiffe mit Landstrom aus erneuerbaren Energien versorgt habe. Im gesamten vergangenen Jahr habe das Unternehmen weniger Abnahmen erreicht. Alle Schiffe von Aida Cruises, die in Nordeuropa eingesetzt werden, können dem Unternehmen zufolge Landstrom nutzen.