Sinkende Einnahmen und steigende Ausgaben setzen dem Haushalt des Ortenaukreises zu. Foto: Armbruster

Im Ortenauer Haushalt klafft ein Loch: Für 2023 steht ein Minus von rund 27 Millionen Euro unter dem Strich – und das soll in den kommenden Jahren immer größer werden.

Trotz Millionen-Minus zeigt sich die Kreisverwaltung zufrieden – denn geplant hatte das Landratsamt mit einem noch höheren Verlust: 31,5 Millionen Euro. Nun steht der Haushalt 2023 um vier Millionen Euro besser da. Diese Abweichung sei „eigentlich eine Punktlandung“, erklärte Finanzdezernentin Ulrike Karl bei der jüngsten Sitzung des Verwaltungsausschusses.

 

Explodierende Sozialkosten und die unterfinanzierten Kliniken – beides außerhalb des Einflussbereichs der Kreisverwaltung – nannte Karl als Hauptursachen für das Minus. Zudem mache sich die schwächelnde Konjunktur bemerkbar. „Die Grunderwerbssteuer ist deutlich rückläufig.“

Grundsätzlich sei 2023 ein gutes Jahr gewesen – trotz des Defizits. „Das hört sich immer nach so viel an. Es ist aber insgesamt nicht dramatisch“, erläuterte Karl mit Blick auf das Haushaltsvolumen von rund 700 Millionen Euro. Der Kreis sei zudem mit einer großen Rücklage in den Doppelhaushalt 2023/24 gestartet – 96 Millionen Euro. Diese abzubauen, um den Kreisumlagehebesatz stabil zu halten und die Kommunen zu entlasten, sei einkalkuliert gewesen.

Kommunen wurden bislang geschont

Seit 2021 liegt der Hebesatz bei 28,5 Prozent, der Baden-Württemberg-Durchschnitt liegt deutlich darüber bei 30,5 Prozent. Durch den seit vielen Jahren unter dem Landesschnitt liegenden Hebesatz im Kreis seien seit 2010 rund 258 Millionen Euro bei den Haushalten der Kommunen geblieben, rechnete Karl vor. Der Kreis habe trotz Krisenbedingungen weiter investiert, Liegenschaften saniert und gar Alt-Schulden abgebaut. „Wir sind eigentlich so gut wie schuldenfrei“, erklärte Karl und Verwies auf den Schuldenstand von 7,4 Millionen Euro.

Der Blick nach vorne bereitet aber Unbehagen: Die ersten Zahlen für 2025/26 zeigten, dass es „sehr schwierig“ werde, einen Haushalt aufzustellen. „Auch die Hochrechnungen für 2024 sehen nicht gut aus“, so Karl. Die Schere zwischen den Sozialausgaben und den Einnahmen durch die Kreisumlage gehen drastisch auseinander.

So beträgt der Kreiszuschuss für die Sozialausgaben aktuell 295 Millionen, gegenüber stehen Einnahmen durch die Kreisumlage von 218 Millionen Euro. Standards würden erhöht, Leistungen ausgeweitet, Kosten jedoch auf die kommunale Ebene abgewälzt. „Wir bekommen von Bund und Land schon lange nicht mehr, was uns zugesagt wurde“, konstatierte Karl. Und die Schere zwischen Einnahmen und Aufwendungen werde 2025 noch weiter auseinandergehen – durch die Rücklagen allein sei das nicht mehr abzufangen.

Doppelhaushalt 2025/26 sorgt für Sorgenfalten

„Viel fällt einem dazu nicht ein“, kommentierte Scherer, der auch Bund und Land in die Pflicht nahm. Der Kreis werde weiter bei der Verwaltung einen rigiden Sparkurs fahren. Die sei aber ohnehin bereits eine von den effizientesten im Land. „Trotzdem bleiben wir zuversichtlich. Wir haben alle Krisen bisher gemeistert“, so der Landrat.

Die Ausschussmitglieder nahmen die Entwicklung ebenfalls mit Sorge zur Kenntnis: Bei den kommenden Haushaltsberatungen im Herbst werde „Erfindungsreichtum“ notwendig sein, stellte CDU-Kreisrat und Gengenbachs Bürgermeister Thorsten Erny fest. Er hoffe auf eine Vorlage, die eine gute Austarierung von Kreisumlage und Ausgaben vorsehe.

Eine solche „Balance“ wünschte sich auch Oppenaus Bürgermeister Uwe Gaiser, Kreisrat der Freien Wähler. Die Lage der Kommunen sei teilweise jetzt schon dramatisch. Er plädiere dafür bei großen Investitionen „etwas das Tempo rauszunehmen“, ohne konkreter zu werden, und den „Haushalt mehr auf Kante zu nähen“.

„Werden uns damit abfinden müssen, alle den Gürtel enger zu schnallen“, stellte Grünen-Fraktionschef Alfred Baum fest. Seine Fraktion werde mithelfen, durch schwierige Zeiten zu kommen. SPD-Kreisrat Hans-Peter Kopp sprach von großen Herausforderungen. „Wir sind uns einig das Bund und Land gefordert sind“, so der Offenburger Finanzbürgermeister. „Die Zukunft wird spannend. Das sage ich nicht angstvoll. Wer Angst hat, ist nicht geboren für die Politik. Ich freue mich auf die Herausforderungen. Wir werden sie in irgendeiner Form bewältigen.“

So geht’s weiter

Der bisherige Kreistag wird sich bei seiner letzten Sitzung am Dienstag, 23. Juli, ab 13.30 in Offenburg ebenfalls mit dem Jahresabschluss 2023 befassen. Der Verwaltungsausschuss empfahl dem Gremium diesen ordnungsgemäß festzustellen. Es handelt sich um eine der letzten Tagesordnungspunkte für den alten Kreistag. Die konstituierende Sitzung des neuen Gremiums findet ab 14.30 Uhr statt.