In der Gymnasiums-Sporthalle wird voraussichtlich im Januar eine Netzersatzanlage installiert. Dort soll zudem im Ernstfall eine Notfallunterkunft eingerichtet werden. Foto: Rahmann

Fachbereichsleiter Matthias Rehfuß hat vorgestellt, wie die Stadt Schramberg beim Notfall- und Krisenmanagement aufgestellt ist.

Schramberg - "Der Bevölkerungsschutz ist in ganz Europa seit dem Ende des Kalten Kriegs sträflichst vernachlässigt worden. Die Strukturen wieder schnell aufbauen, ist nicht auf die Schnelle möglich. Es läuft noch nicht alles rund. Aber wir geben unser Bestes, um die Menschen in Schramberg im Falle einer Krise schützen zu können", so Rehfuß im Gemeinderat.

Erstmal keine Sirenen

Alarmsirenen etwa hat Schramberg keine mehr – woran sich auch mit Mitteln im 2023er-Haushalt auf die Schnelle nichts ändern wird. Rehfuß erinnerte an das Bundes-Förderprogramm, das 2021 sehr bald überzeichnet war – Schramberg ging wie viele andere Kommunen leer aus. Die Gemeinden aber, die zum Zuge gekommen waren, bestellten entsprechend bei den Herstellern. Lieferzeit aktuell bei Anfragen: drei Jahre.

Schon vor Ahrtal begonnen

Sirenen sind aber nicht der einzige Teil der Alarmierung – und die Alarmierung nicht der einzige Teil beim Krisenmanagement. An jenem arbeitete die Stadt, betonte Rehfuß, schon vor den Ereignissen im Ahrtal. Was immer mehr mit in den Fokus rücke, sei ein "Blackout", also ein flächendeckender Stromausfall über längere Zeit.

Nicht in der Schublade versauern

Weil das Konzept keines sein soll, das "in einer Schublade versauert, bis etwas passiert", sollen die erarbeiteten Strukturen rund um den dann zuständigen Verwaltungsstab bei jährlichen Übungen mit der EnBW verfestigt werden, um im Ernstfall professionell und schnell handeln zu können, erläuterte Rehfuß. Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr ergänzte: "Unsere diesjährige Übung lief noch eher chaotisch. Es wurde klar: Nur ein Buch in der Hand zu haben, reicht nicht."

Stab einberufen

Die Alarmierung, die am Tag der Ratssitzung wegen des bundesweiten Warntags ohnehin Thema war, sei das erste Zahnrädchen: Per App würden die Stabsmitglieder "sehr schnell" einberufen. Um "wirklich wach zu werden, wenn der Strom weg ist", würden bei diesen zuhause sogenannte Stromwächter installiert. Ein erster Schritt sei das Einrichten eines Norfalltreffpunkts in jedem Ortsteil. Dort seien je ein Vertreter des Stabs, der Feuerwehr und des DRK – an diese könnten sich Bürger bei einem akuten beispielsweise medizinischen Notfall wenden.

"Inseln bilden"

Bei einer langfristigen Krise und dem Ausfall von Teilen der Infrastruktur müsse man "Inseln bilden", so Rehfuß. Inseln mit Notstromversorgung, von denen aus man nach extern kommunizieren und von wo aus man agieren kann. Der Verwaltungsstab wird in der Gymnasiumshalle tätig sein. Dort soll voraussichtlich Mitte Januar eine Netzersatzanlage (NEA) installiert werden.

Die Gymi-Halle wurde zudem als Notfallunterkunft für die Talstadt definiert. In Tennenbronn gilt das für die Festhalle, wo ein NEA beim Neubau eingeplant ist, in den Notunterkünften Turn- und Festhalle Sulgen sowie Kastellhalle Waldmössingen werden die NEA in den kommenden Jahren nachgerüstet.

Schutzziele, Infrastruktur, Kommunikation

Im Konzept wurden diverse Schutzziele benannt, deren Sicherung im Ernstfall unmittelbar angegangen wird; Schulen, Kindergärten, Rathäuser, Kläranlagen – "das Spittel wird bei einem Hochwasser sofort evakuiert", gab Rehfuß ein Beispiel. Dafür wurden Anleitungen ausgearbeitet, die der Stab alternativlos Schritt für Schritt abarbeiten muss, "wie vom Pilot beim Landeanflug". Parallel wird gesichert, wie die "kritische Infrastruktur" aufrecht erhalten werden kann – etwa Wasserversorgung, Lebensmittelgeschäfte, Banken oder Tankstellen. Dass gerade die Grundbedürfnisse im Fokus stehen müssten, erinnerte Jürgen Winter (CDU).

Was ist zu tun? Wo bekomme ich Hilfe? Um die Bevölkerung darüber zu unterrichten, würden wie am Warntag "Infopoints" mit Aushängen eingerichtet, zudem werden Lautsprecherwagen unterwegs sein.

Kritik am Gymi-Standort

Auf Nachfrage von Lara Kiolbassa (SPD/Buntspecht) meinte Rehfuß, der Stab wäre grundsätzlich einsatzbereit, einige elementare Bestandteile fehlten aber noch. Wichtig sei das Aggregat für die Gymi-Halle zum Sicherstellen der IT. Dazu kritisierte Tanja Witkowski (SPD/Buntspecht), jener Standort sei wegen der Nähe zur Schiltach früher schon kritisiert worden. Sie als Schulleiterin wisse nicht, was die Stadt im Ernstfall wolle, sagte sie, regte zur Alarmierung "ganz traditionell" Kirchenglocken an und fragte, was im Ernstfall für Tennenbronn gelte, solange die neue Halle nicht steht.

In Tennenbronn "hätten wir beim Stromausfall ein Problem", verwies Rehfuß auf erwähntes langes Vernachlässigen der Strukturen. Auf die Schulen gehe man zu, das Gymnasium sei trotz Bachnähe als Standort interessant wegen des Raumangebots und der Mensa. Kirchenglocken, warfen einige Räte ein, läuten heutzutage ebenfalls nur mit Strom.

Diskussion um Notstrom-Aggregate

Eisenlohr ergänzte zur Stromversorgung, dass die Stadt mit den Metalacker-Veranstaltern zwecks deren Aggregate in Verbindung stehe. Das Aggregat im ehemaligen Krankenhaus, zu dem Emil Rode (Freie Liste) nachfragte, habe man geprüft – es funktioniere, brauche aber zur Drosselung ein Regelungs-Element. Udo Neudeck (Freie Liste) meinte, das THW müsse ein großes haben. Auf Nachfrage von Thomas Brantner (CDU) zählte Rehfuß auf, das Spittel verfüge über ein Notstrom-Aggregat, die Feuerwehr hätte eine Hand voll mobile, genauso seien mit kleineren Exemplaren seien Bauhof und Stadtwerke versorgt. Wirtschaftsförderer Ralf Heinzelmann frage zudem demnächst bei größeren Firmen zu deren Beständen an. Extra eine Übersicht von Klein-Aggregaten der Bürger sei aber nicht nötig.

Tiere nicht vergessen

Dass bei allen Überlegungen die Tiere nicht vergessen werden, die gemolken oder gefüttert werden müssen, war Oskar Rapp (Freie Liste) wichtig. Frank Kuner (Aktive Bürger) konnte in der Hinsicht beruhigen, dass Landwirte diesbezüglich zur eigenen Notstromversorgung verpflichtet sind.

Schulterschluss zur Politik?

Neudeck fehlte im Konzept der Schulterschluss zur Politik und regte an, Landwirte einzubeziehen, die Strom über Biogas erzeugen können. Rehfuß bot zwar den Gemeinderäten an, in den Notfallzentren tätig zu sein – im Ernstfall agiere aber primär der Krisenstab, die Kommunalpolitik sei dann erst mal "außen vor".

Das gefährliche am "Blackout" sei, dass das Stromnetz, wenn es nicht quasi europaweit wieder parallel hochgefahren werde, sofort wieder zusammenbricht. Einzelne "Einspeisungen" vor Ort brächten dann nichts. Glücklicherweise, wusste Jürgen Reuter (Aktive Bürger), würden die Wahrscheinlichkeiten solcher Katastrophen immer noch gering eingeschätzt. Es sei löblich, die Eventualitäten im Blick zu haben, müsse das Szenario aber "an der Realität festmachen".