Zum dritten Mal in Folge stieg die Zahl der in Baden-Württemberg erfassten Straftaten im Internet 2020 um mehr als 20 Prozent. Foto: imago stock&people/imago stock&people

Die neue polizeiliche Kriminalstatistik für Baden-Württemberg zeigt: Internet- und Computerkriminalität steigen rasant an. Ein politisches Konzept, sie einzudämmen, fehlt, meint Kommentator Franz Feyder.

Stuttgart - Insgesamt ist der Südwesten im vergangenen Jahr sicherer geworden, bilanziert Innenminister Thomas Strobl (CDU) – mit Recht. Beunruhigend allerdings: Zum dritten Mal in Folge stiegen die erfassten Fallzahlen im Bereich der Cyberkriminalität um mehr als 20 Prozent an: Insgesamt stiegen die Straftaten in der Internetkriminalität seit 2017 um 83,9 Prozent auf 29 575 Fälle. In Corona-Zeiten kann so eine Kurve auch als exponentielles Wachstum definiert werden. Dass die Aufklärungsquote von 44,3 auf 41,4 Prozent sank, verschärft die Lage. Die Entwicklung zeigt: Menschen werden über Smartphone und Tablet, Laptop und Rechner betrogen, erpresst und beleidigt.

Und auch sonst sind mit Blick auf den Sicherheitsbericht 2020 Begeisterungsstürme unangebracht: Wirtschaftskriminalität ist auf dem höchsten Stand seit 2011, zugenommen haben erneut auch Straftaten, die sich gegen Polizistinnen und Polizisten richten. Die von der Polizei erfassten Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung haben um 13,8 Prozent zugenommen, aktuell sind das 9 239 Fälle.

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Ein schlüssiges Konzept, wie gerade der Entwicklung in der Cyberkriminalität zu begegnen ist, bietet Innen- und Digitalisierungsminister Strobl nicht an. Seine jährlich zehn Millionen Euro verschlingende Cybersicherheitsagentur jedenfalls wird in keinem einzigen Fall Täter ermitteln. Dass ist schlicht nicht ihre Aufgabe; das ist so im Gesetz über die neue Behörde festgelegt. Sie darf allenfalls technische Unterstützung leisten. So bleibt: zu viele Fälle für viel zu wenig Ermittler. Dafür streiten sich Polizei, Verfassungsschutz und Agentur um die wenigen Computerforensiker und -ermittler, die der Markt hergibt.

Eines aber gilt es zu realisieren: Straftaten verlagern sich von der realen Welt zunehmend in die virtuelle. Täter, Opfer, Schäden – das alles ist aber auch dort höchst real. Außer politischen Konzepten fordert das von jedem Einzelnen, wachsam, kompetent und vorsichtig in der digitalen Welt unterwegs zu sein. Gerade, weil wir das Internet täglich und überall jederzeit verfügbar mit uns herumschleppen. Und gerade in den Zeiten von Homeoffice und digitalem Unterricht.

franz.feyder@stuttgarter-nachrichten.de