Nein, das ist kein Verhör! Frank Sommer im Gespräch mit einer jungen Albstädterin Foto: Baur

Ob auf dem Bildschirm oder zwischen Buchdeckeln, der Krimi erfreut sich seit Jahr und Tag ungeschmälerter Beliebtheit; alle anderen Formate müssen ihm den Vortritt lassen. Was dabei offenbar keine Rolle spielt: das Alter der Konsumenten.

Albstadt-Ebingen - Der Beweis: Wer in die Kriminacht für Kinder hineinschnupperte, welche die Stadtbücherei im Rahmen der Literaturtage Albstadt anbot, der stellte rasch fest, dass er es mit Experten in Sachen Verbrechen und Verbrechensaufklärung zu tun hatte. Spuren suchen und sichern, ermitteln, beobachten, kombinieren – wer die einschlägigen Abenteuer der "Drei ???" oder der "Pfefferkörner" kennt, dem wird man schwerlich noch etwas erzählen können.

Es sei denn, man heißt Frank Sommer, ist Schauspieler, Erzähler, Dozent für Deutsch als Fremdsprache und dazu noch ausgepichter Fachmann für literarische Verbrecherjagd. Der langjährige Lesevermittler, Gründer zweier Agenturen und selbsternannte "Eventilator" war im Rahmen der Literaturtage aus Berlin nach Albstadt gekommen, um gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen eine "Kriminacht" in der Stadtbücherei in Ebingen zu verbringen. Sommer ist darauf spezialisiert, interessante Themen und Inhalte in kleine Geschichten und Veranstaltungen für Kinder zu verpacken und ihre Neugier anzustacheln – und er hat festgestellt, dass ihr Vorwissen überdurchschnittlich ist, sobald das Thema Verbrechen heißt.

Vergehen oder Verbrechen?

Der Abend begann mit der Begrüßung der Zehn- bis 14-Jährigen durch Cordula Stepper, die stellvertretende Leiterin der Bücherei; anschließend legte Frank Sommer los – nicht etwa mit einer Lesung, sondern mit Ja- oder Nein-Fragen zum Thema Kriminalität. Ist es ein Verbrechen, wenn man verbotenerweise auf dem Schulhof Fahrrad fährt? Oder wenn man im Laden klaut? Auf spielerische Weise erklärte er seinen jungen Zuhörer, was eine Ordnungswidrigkeit, was ein Vergehen und was ein Verbrechen im Sinne des Gesetzes ist, beantwortete die vielen Fragen, die sie hatten, und gab ihnen Gelegenheit, eigenes Wissen vorzubringen.

Mehr als sieben war kaum drin

Das Thema Ermittlung blieb dabei natürlich nicht außen vor. Was unterscheidet den Bereitschafts- vom Kriminalpolizisten? Woran erkennt man einen Einbruch? Wer ist an einer Ermittlung beteiligt, was für verschiedene Aufgaben gibt es, wie werden sie verteilt? Warum trägt die Spurensicherung Schutzmasken und Anzüge? Was kann man von einem Zeugen erwarten? Nicht allzu viel, wie sich zeigte: Sommer präsentierte den Kindern und Jugendlichen zehn Sekunden lang ein Bild mit 17 Gegenständen; danach sollten sie möglichst viele davon auflisten – dass die meisten immerhin auf sieben kamen, war schon bemerkenswert; laut Sommer ist mehr der Mehrzahl der Probanden spätestens nach fünf Objekten Schluss. Oder Personenbeschreibungen – auch zu diesem Thema stand ein Testlauf auf dem Programm, in dem sich die Albstädter Kids erstaunlich gut schlugen. Einige von ihnen konnten sich sogar an die Farbe der Schnürsenkel an den Schuhen der fraglichen Person erinnern. Die Personenbeschreibung, welche die Gruppe lieferte, war am Ende ziemlich akkurat.

Nicht ohne das Wort Albstadt

Nach einer Pause, in der Snacks und Getränke serviert wurden, verteilten sich alle auf drei verschiedene Stationen. Die erste Gruppe verfasste einen Krimi, der maximal eine Seite lang sein durfte, die zweite inszenierte eine Spielszene auf dem Polizeirevier, in dem die einen in die Rollen der Polizisten, die anderen in die der Zeugen schlüpften, und die dritte drehte einen Videobericht für Albstadt TV. Vorgaben wurden dabei kaum gemacht, mit einer Ausnahme: ob Erzählung, Spielszene oder TV-Reportage, das Wort Albstadt musste mindestens einmal vorkommen. Zum Schluss stellten die Gruppen ihre Ergebnisse vor, und es zeigte sich, wie viele Interpretationsmöglichkeiten ein und dasselbe Thema zulässt.