Dass „die Heimat ihn nicht vergessen habe“ war für den Gefangenen Kurt Kromer von großer Bedeutung. Foto: Hensle

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Kreisebene wurde ein Hilfskomitee für deutsche Kriegsgefangene gegründet, das zahlreiche Spenden zusammenbekam. Die Hausacher in Gefangenschaft waren enorm dankbar – nicht nur wegen der verschickten Würste.

Der Krieg in Hausach endete mit dem Einmarsch der Franzosen bereits am 21. April 1945, noch zwei Wochen vor der bedingungslosen Kapitulation des Deutschen Reiches am 8. Mai 1945. Der Krieg war jedoch nicht für alle Hausacher und Einbacher beendet, oder zumindest nicht ganz. So meldete am 26. Juli 1945 der geschäftsführend eingesetzte Einbacher Bürgermeister Alois Benz der Ortskommandantur, dass sich 20 entlassene Soldaten in der Gemeinde aufhielten. 68 weitere seien Kriegsgefangene, 17 seien vermisst, 22 waren bei 728 Einwohnern gefallen. In Hausach sahen die Zahlenverhältnisse ähnlich aus.

 

In dieser Situation erging am 13. Oktober 1945 die Anordnung der Militärregierung zur Bildung eines „Hilfskomitees für deutsche Kriegsgefangene“. Eine Begründung hierfür wurde nicht genannt, aber es ging wohl um eine Entlastung in der Gefangenenversorgung. Denn allein im Zuge der Kapitulation fielen mehr als sieben Millionen sogenannte Kapitulationsgefangene in alliierte Hände. Bis zum Frühjahr 1945 befanden sich bereits mehr als eine Million deutscher Soldaten in anglo-amerikanischer Kriegsgefangenschaft, von denen nach Kriegsende 700 000 an Frankreich abgegeben wurden. Es lag nicht in (west-)alliierter Absicht, die deutschen Gefangenen umkommen zu lassen, so wie in Teilen die Wehrmacht mit ihren sowjetischen Gefangenen verfahren war.

Die „Hilfskomitees für deutsche Kriegsgefangene“ wurden auf Kreisebene gegründet. Für den Vorsitz war der kriegsbeschädigte Hausacher Johann Hiller vorgesehen, weiter vorgeschlagen für Hausach wurden Fridolin Heizmann, Franz Schmid, Johann Weiß sowie der evangelische Stadtpfarrer Thienhaus und dessen kath. Kollege Würth. Die Aufgaben des „Hilfskomitees“ waren von der Militärregierung klar umrissen. Es ging darum, Sammlungen in Gang zu setzen, für „Geld, Bekleidungsstücke, Decken usw.“. Die Sammlungen sollten jedoch freiwillig sein. Eingedenk der national-sozialistischen Sammlungswut heißt es in einem Aufruf des Hausacher Ortsausschusses des „Hilfskomitees“: „Wir sind selbst arm. Das letzte wurde uns durch unzählige Zwangssammlungen seit 1933 herausgepresst und ein sechsjähriger, wertezerstörender Krieg hat uns gänzlich ausgepovert. Aber wenn wir unser Schicksal mit denen der Kriegsgefangenen vergleichen, müssen wir bekennen, wie viel wir haben, wie viel ihnen aber im Vergleich dazu fehlt. Denken wir doch an ihre seelische und körperliche Not. Es sind unsere Väter, unsere Söhne, unsere Brüder.“

Enorme Resonanz: 304 Spender gaben 6958 Mark

Die Resonanz auf den Aufruf war enorm: 6958 Mark gaben 304 Spender, das entsprach etwa der Zahl der damaligen „Haushaltsvorstände“. Auch die Summe war gewaltig, selbst wenn sich diese dadurch relativiert, dass Geld allenfalls neben Schwarz- und Tauschhandel rangierte. Zusätzliche kamen 13 große Pakete mit Decken und Bekleidungsstücken zusammen.

Inzwischen hatte die Militärregierung der französischen Besatzungszone die Wiederaufnahme der Postverbindung zwischen den deutschen Kriegsgefangenen und ihren Familien gestattet, wenn auch in stark reglementierter Form. Somit konnten sogenannte Liebesgaben-Päckchen an die angehörigen Gefangenen gesandt werden. Auch die Stadtverwaltung beteiligte sich.

Die zahlreich erhaltenen Dankesschreiben der beschenkten Kriegsgefangenen zeugen davon: „Mit großer Überraschung“, schrieb ein Beschenkter zurück, habe er „Euer wertvolles Weihnachtspäckchen“ erhalten. Und: „Dann die Landjäger“, da sei ihm „das Wasser im Munde“ zusammen gelaufen. Die Päckchen bewiesen, so ein anderer Beschenkter, „wie sehr man in der Heimat den Kriegsgefangenen gedenkt“. In Erinnerung zu bleiben, war eine zentrale Aussage in den Dankesschreiben: „Es ist schön für einen Kriegsgefangenen zu wissen, dass ihn die Heimat nicht vergessen hat.“ Aber auch für das seelische Wohlbefinden wurden versandt. Eine Büchersammlung in Hausach Ende 1946 erbrachte im Ergebnis eine siebenseitige Auflistung von Büchern, die den Kriegsgefangenen „die Möglichkeit geistiger Erholung“ verschaffen sollten.

Nach und nach kehrten immer mehr Kriegsgefangene zurück. Laut einer Aufstellung vom April 1947 waren es insgesamt 193 Kriegsgefangene in Hausach, 79 verblieben in Gefangenschaft, 32 davon in sowjetisch-russischer, 47 in sonstiger, 37 galten als vermisst.

Letzte Kriegsgefangene

 Bis Ende 1948 kamen nahezu alle Wehrmachtsangehörige in westlicher Gefangenschaft frei. Mit seiner bemerkenswerten Moskau-Reise im September 1955 erreichte Bundeskanzler Konrad Adenauer die Entlassung der letzten deutschen Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion.