Hamas-Terroristen filmen und veröffentlichen ihre Gräueltaten. Dies ist Teil der psychologischen Kriegsführung, erklären Experten.
Das Video wurde gefilmt aus dem Blickwinkel des Täters. Eine ruhige Landstraße, trockenes Buschwerk links und rechts, im Hintergrund ein grünes Hinweisschild. Von der unteren Bildhälfte ragt die Spitze einer Maschinenpistole hervor, wie in einem Egoshooter-Spiel. Doch das hier ist blutiger Ernst. Zwei weitere Männer mit Maschinenpistolen stehen auf der rechten Fahrbahnseite. Aus der Gegenrichtung fährt ein silberner PKW heran. Alle drei Männer beginnen, zu schießen. Es folgt ein Schnitt, dann ist das Auto von Nahem zu sehen, stehend, mit zerborstenen Scheiben. Auf Fahrer- und Beifahrersitz sind zwei schlaffe Körper zu erkennen.
Schockvideos fürs kollektive Gedächtnis
Dieses Video ist eines von vielen, das Israels Armee den Bodycams von Hamas-Terroristen entnommen hat. Eine kleine Auswahl hat sie veröffentlicht, zahlreiche weitere Clips haben die Terroristen selbst ins Netz gestellt. Auf manchen ist zu sehen, wie bewaffnete Hamas-Männer schutzlose Männer, Frauen und Kinder abführen oder in Autos zerren. Andere Aufnahmen zeigen Terroristen dabei, wie sie wehrlose Menschen töten, mit Schüssen oder Granaten. Auf einem besonders schwer erträglichen Clip versucht ein Mann, sein offenbar noch lebendes Opfer mit einem Spaten zu enthaupten.
Es handele sich bei dem Angriff vom 7. Oktober um eine „hybride Attacke“, sagte Itai Yonat, Experte für psychologische Kriegsführung im Rahmen eines Pressebriefings am Dienstag. Das Briefing wurde von der staatlichen Pressebehörde organisiert, Yonat betonte jedoch, als unabhängiger Experte zu sprechen. Neben dem physischen Terror habe die Hamas die Inszenierung ihrer Gräueltaten offenbar strategisch geplant, um drei Ziele zu erreichen: Zum einen sollten die schockierenden Videos sich ins kollektive Gedächtnis der Israelis einbrennen, um die Gesellschaft zu demoralisieren. Zudem wolle Hamas die sogenannten „arabischen Straße“ für sich gewinnen, die Menschen in benachbarten arabischen Ländern sowie die arabische Minderheit Israels. „Deshalb hat Hamas sich als Sieger präsentiert, Soldaten getötet und ihre Körper getreten.“ Dieses Ziel hätten die Terroristen erreicht, wie spontane Aufmärsche in verschiedenen arabischen Staaten bewiesen hätten. Schließlich habe die Hamas gehofft, Sympathisanten zu mobilisieren und zu Taten anzustiften, insbesondere innerhalb der arabisch-israelischen Minderheit. Das jedoch gelang der Organisation nicht.
Zudem hätten sich die Horrorvideos der Hamas als zweischneidiges Schwert erwiesen, meint Shlomo Shpiro, Sicherheit- und Geheimdienstexperte von der Bar-Ilan-Universität. „Mit diesen Videos hat die Hamas ihr wahres Gesicht gezeigt: bösartige, barbarische Terroristen“, sagte er kürzlich in einem unabhängigen Pressebriefing. Wer diese Videos sehe, könne „keine Zweifel daran haben, wer die Hamas ist und warum Israel sich gegen diese Bedrohung mit all seiner Macht zur Wehr setzt.“ Dies dürfte der Grund dafür sein, dass Israels Armee ihrerseits eine Auswahl der Videos auf ihren Social-Media-Accounts veröffentlicht hat.
Töten gegen den Willen des Propheten
Und nicht nur das. Seit kurzem kursieren in den sozialen Medien angeblich geleakte Aufnahmen von Verhören einiger Hamas-Männer, die israelische Sicherheitskräfte nach dem Terrorangriff lebend fassen konnten. In den Videos, die mit englischen Untertiteln versehen wurden, beschreiben mehrere Häftlinge, wie sie Männer, Frauen und Kinder umbrachten. Die Verhörer fragen jeden von ihnen, ob ihre Taten mit dem Islam vereinbar seien. Alle verneinen. Dies ist eine der Szenen: „Die Religion verbietet das“, sagt ein kräftig gebauter Mann in grünem Overall. „Der Prophet sagt: Töte keine Frau, töte kein Kind.’“
In einer weiteren Aufnahme beschuldigt ein junger Mann mit Kinnbart die führenden Köpfe der Hamas. „Die Anführer haben uns im Stich gelassen.“ Hätten diese die Zerstörung Gazas zu verantworten, fragt der Verhörer, der im Bild nicht zu sehen ist. Der Mann stimmt zu. „Sie haben das getan, mit ihren eigenen Händen, und wir, mit unseren eigenen Händen haben wir Gaza zerstört.“
Unter welchen Umständen die Videos entstanden sind, bleibt unklar. Die Botschaft, die sie senden sollen, ist dagegen unmissverständlich.