Russische Truppen auf dem Vormarsch. Foto: dpa/Alexei Alexandrov

Den Kämpfern im Stahlwerk in Mariupol wird ein Ultimatum gestellt. US-Präsident Joe Biden berät mit den europäischen Verbündeten.

Mit einem Großangriff der russischen Truppen im Osten des Landes hat der Krieg in der Ukraine eine neue Phase erreicht. Das Verteidigungsministerium in Moskau berichtete am Dienstag von Luftangriffen auf mindestens 60 Ziele. In der schwer zerstörten Hafenstadt Mariupol ist die Lage besonders dramatisch. Russland forderte Kämpfer, die dort in einem Stahlwerk eingeschlossen sind, noch einmal ultimativ zur Kapitulation auf.

2500 Kämpfer haben sich verschanzt

In der Ostukraine übernahmen russische Truppen nach Angaben der örtlichen Behörden die Kontrolle über die Stadt Kreminna. Die Stadt mit ursprünglich mehr als 18 000 Einwohnern sei von allen Seiten angegriffen worden, sagt der Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Gaidai. Nach seinen Angaben sollen mehrere Hundert Zivilisten getötet worden sein. Am Nachmittag verkündeten die russischen Streitkräfte für Mariupol, wo sich noch etwa 100 000 Menschen aufhalten sollen, eine einseitige Feuerpause. Zugleich öffneten sie einen „humanitären Korridor“, damit ukrainische Kämpfer, die sich in dem Stahlwerk verschanzt haben, und auch Zivilisten sicher herauskommen können. Nach russischen Angaben handelt es sich um 2500 Kämpfer. Generaloberst Michail Misinzew gab allen, die ihre Waffen niederlegen, eine Garantie für „Leben, völlige Sicherheit und medizinische Versorgung“. Die Ukrainer bekräftigten jedoch, weiter kämpfen zu wollen.

Moskau weist Diplomaten aus

Angesichts der russischen Offensive in der Ostukraine berieten US-Präsident Joe Biden und europäische Regierungschefs am Dienstagnachmittag über das weitere Vorgehen. An dem Gespräch nehmen nach britischen Angaben die Regierungschefs von Deutschland, Frankreich, Italien, Rumänien sowie die Führungsspitzen von Nato und EU teil. Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire hatte zuvor gesagt, er hoffe, dass die EU in den kommenden Wochen auch Ölimporte aus Russland stoppen werde.

Russland wies mehrere Dutzend Diplomaten der Niederlande, Belgiens und Österreichs aus. Die Regierung in Moskau reagierte damit auf Ausweisungen russischer Diplomaten aus diesen EU-Staaten. Verteidigungsminister Sergej Schoigu warf dem Westen vor, mit seinen Waffenlieferungen an die Ukraine den Krieg in die Länge zu ziehen.

Scholz will keinen Alleingang

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte am Abend, dass Deutschland der Ukraine in Abstimmung mit westlichen Partner weitere Waffen liefern wird. „Das Ziel ist es, das ukrainische Militär so zu ertüchtigen, dass es sich des russischen Angriffs erwehren kann“, sagt Scholz. Weil die Bundeswehr über keine großen Bestände mehr verfüge, arbeite man mit der Industrie und der Regierung in Kiew eine Liste ab, was geliefert werden kann. „Deutsche Alleingänge wären falsch“, sagt er. Unionspolitiker, Grüne und FDP werfen dem Kanzler Zaudern vor.