A 8 bei Rohr in Richtung München: Der Standstreifen ist erstmals befahrbar. Foto: Max Kovalenko

Hessen hat seine Staus auf Autobahnen nach eigenen Angaben auch mit der vorübergehenden Freigabe der Seitenstreifen um 80 Prozent reduziert. In Stuttgart soll die Kapazität der A 8 um 15 Prozent wachsen.

Stuttgart - Hessen hat seine Staus auf Autobahnen nach eigenen Angaben auch mit der vorübergehenden Freigabe der Seitenstreifen um 80 Prozent reduziert. In Stuttgart soll die Kapazität der A 8 um 15 Prozent wachsen. Dazu müssen die Autofahrer die Neuerung zwischen Kreuz Stuttgart und Möhringen aber erst noch bemerken.

Montag, 6.45 Uhr, auf der A 8 in Fahrtrichtung München: Ein Lastwagenfahrer aus Rottweil ist der Erste, der von dem neuen Angebot Gebrauch macht und die Rohrer Höhe rechts von der durchgezogenen weißen Linie hinunterrollt. Danach dauert es, bis es ihm jemand gleichtut. Die Linie stellt auch beim Selbstversuch eine hohe Hürde dar, die nicht so einfach überfahren wird. Außerdem zeigen lediglich Zusatzschilder an der Fahrbahnseite mit weißen Pfeilen auf blauem Grund an, dass hier eine zusätzliche Spur zur Verfügung steht. Der Zusatz „Seitenstreifen befahren“ wie an der A 8 zwischen München und Salzburg fehlt ebenso wie ein grüner Pfeil auf den großen Wechselzeichen über der Autobahn. Diese sollen nach Informationen der Stuttgarter Nachrichten möglicherweise nachgerüstet werden.

Tempolimit von 100 Kilometer pro Stunde

In der Gegenrichtung, wo die Verkehrsrechnerzentrale am Pragsattel den Seitenstreifen nach Kontrollblicken über die elf Kameras eine Viertelstunde früher freigegeben hatte, rollen einige Pkw und Lkw mehr über die neue rechte Spur. Verkehrsminister Winfried Hermann zeigt sich bei der Inbetriebnahme am frühen Morgen zuversichtlich, mit der neuen Technik „vergleichsweise günstig und schnell den Stau begrenzen zu können“. Rund 24 Millionen Euro Bundesmittel fließen in die Verkehrssteuerung zwischen Leonberg und Wendlingen, 1,6 Millionen kostet die Nutzung des Standstreifens. Dafür musste das Land alle 1000 Meter eine Nothaltebucht anlegen und die blauen Wechselzeichenschilder aufstellen. „Ausbauen wäre sehr viel teurer“, sagt Hermann, „und würde zehn Jahre Zeit kosten.“ Stattdessen müsse man „die bestehende Infrastruktur optimal nutzen“. Mit Blick auf die Debatte in der Regionalversammlung, die sich vergangene Woche zum Nordostring bekannt hatte, sagt der Landesminister: „Mit Reden löst man Verkehrsprobleme nicht, ich suche Wege, die machbar sind.“

Freie Fahrt auf dem Standstreifen gilt ab sofort morgens zwischen 6.30 und 9.30 Uhr sowie nachmittags zwischen 15.30 und 18.30 Uhr. Dann ist das Verkehrsaufkommen so hoch, dass die Geschwindigkeit auch auf 100 Kilometer pro Stunde begrenzt wird. Die A 8 wird bei Vaihingen täglich von 140.000 Fahrzeugen befahren. Der Probebetrieb startete am Montag „ohne Probleme“, wie Thomas Bucher von der Verkehrsrechnerzentrale des Landes am Nachmittag bilanziert. Wenn es gut läuft, könnte auch der Seitenstreifen zwischen Esslingen und Wendlingen noch einbezogen werden. Zwischen Ludwigsburg-Süd und -Nord soll die Freigabe des Seitenstreifens wohl noch dieses Jahr folgen. Die B 27 von Aichtal bis zum Echterdinger Ei scheidet dagegen aus, da es hier zu viele Brücken ohne Standstreifen gebe.