Der grüne Winfried Kretschmann hat dem schwarzen Markus Söder die Narrenschelle verliehen. Foto: dpa/Philipp von Ditfurth

Bei der Verleihung der Narrenschelle im Europa-Park erfahren die Zuhörer, warum Markus Söder Bäume umarmt und warum die Mädchen lange nichts von ihm wissen wollten.

In der Lobby des Hotels Colosseum im Europa-Park herrscht schwäbisch-alemannische Fröhlichkeit. Dazwischen steht der Söder Markus, seines Zeichens Ministerpräsident eines Freistaats, der sich – wie sich an diesem Abend gleich mehrfach zeigt – so wunderbar auf „feiern“ reimt und wirkt ein wenig eingeschüchtert. Eine Hexe schlawänzelt um die Füße des Bayern. Und rundum von den Balkonen des vierstöckigen Atriums darüber grüßen die Narren mit Saublodere, Pritschen und lautem Narri Narro. Die Furtwangener Stadtkapelle spielt ihren Narrenmarsch.

 

Dass ganz oben einige eine weißblaue Flagge drapiert haben, kann Söder nicht sehen. Die Moschtköpfe aus Lindau haben sie mitgebracht. Unter den 63 Mitgliedsvereinen der Vereinigung schwäbisch-alemannischer Narrenzünfte (VSAN), gegründet vor exakt 99 Jahren, sind auch einige aus Bayerisch-Schwaben.

Söder freut sich über die „höchste Auszeichnung“

Die Narrenschelle gibt es noch nicht so lange, erst seit 2006 wird sie verliehen. Doch dass Söder sie bekommt, weiß er schon eine Weile. Zweimal ist die Verleihung coronabedingt ausgefallen. An diesem Abend klappt sie endlich. Und Söder ist durchaus dankbar über diese „höchste Auszeichnung, die es in Baden-Württemberg gibt“, wie er verschmitzt in seiner Dankesrede anmerkt.

Die wichtigste Frage des Abends ist zu diesem Zeitpunkt längst geklärt. Was hat das Feierbiest aus Franken diesmal aus seiner Fasnachtskiste gezaubert? Darüber hat im Vorfeld auch Winfried Kretschmann gerätselt. Dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten obliegt es, die Laudatio zu halten. Als Eisbär, Gandalf, Punker, Prinzregent, Marylin Monroe oder Edmund Stoiber habe sich Söder schon verkleidet, zählt Kretschmann auf. Doch diesmal ist es nur ein Trachtenjankerl. Der VSAN hilft noch mit einem roten Halstuch nach. Das kratze ein wenig, findet Söder. „Normalerweise lasse ich Rotes nicht so nahe an meine Kehle.“

Warum die Mädchen lange nichts von Söder wissen wollten

Seit 2019 hat er auf Verkleidungen verzichtet. Als Ministerpräsident ist er staatstragend geworden. Und doch hatte es eine kleine Hoffnung gegeben, dass der CSU-Mann wieder seine Wandlungskunst unter Beweis stellen würde. Schließlich hatte sich Söder auf seinem Instagram-Account gerade erst beim Besuch eines Kostümverleihs gezeigt und dabei sogar einen grünen Frosch anprobiert. Doch da passte wohl besser der grüne S(c)hre(c)k, den er 2014 mimte. Den Klimaschutz, dichtet Kretschmann passend, betreibe Söder sowieso nur aus Eigennutz. „Denn wenn es hilft für Deinen Traum, umarmst du sogar einen Baum.“

Dafür ist Kretschmann im grünen Bauernfrack der Riedlinger Narrenzunft gekommen. Dahinter vermutet allerdings Söder seinerseits nur Maskerade. In Wahrheit trage Kretschmann doch bestimmt schwarze Unterwäsche und habe zuhause einen Altar mit Bildern von Erwin Teufel und Franz Josef Strauß stehen. Von Letzterem habe er übrigens selbst als Jugendlicher ein riesiges Poster über dem Bett hängen gehabt, bekennt Söder. „Vielleicht habe ich deshalb erst spät eine Freundin gefunden.“

Das Geheimnis von Kretschmanns Unterwäsche

Dass Kretschmann ein heimlicher Schwarzer sei, wisse er seit einem gemeinsamen Abendessen am Bodensee. Statt der befürchteten Tofuwurst mit Insektenmüsli habe er den größten Fleischberg aller Zeiten auf seinem Teller vorgefunden. Insofern dürften die beiden Männer auch im Festsaal des Hotels Colosseum auf ihre Kosten gekommen sein. Der Europapark-Chef Roland Mack („Europapark – ich bin der Wirt!“) hat Blutwurst, Salami und Griebenschmalz servieren lassen. Als Hauptgang kommt eine Rindsroulade.

So gestärkt kann Söder in diesem Jahr getrost seine Wiederwahl in Bayern anstreben. Ursprünglich hatte er ja mal darüber nachgedacht, die Amtszeit eines Ministerpräsidenten zu begrenzen. „Was geht mich mein dummes Geschwätz von gestern an?“, laute wohl die bayerische Regel, mault Kretschmann. Der droht da schon: „Vielleicht sollte ich es ein viertes Mal krachen lassen.“ Bei manchen Grünen, so Söder, werde er damit Schnappatmung erzeugen. Ihm allerdings sei das recht. Denn eigentlich verstehen sie sich auf der Südschiene ja ganz gut – nicht nur an den Fleischtöpfen. „Um den Europapark beneide ich euch wirklich.“ Und vermutlich auch ein bisschen um die richtige, die schwäbisch-alemannische Fasnacht.

Die Narren blicken über den Tellerrand

Die blickt am Ende auch ein wenig über den närrischen Tellerrand. Der Narrenpräsident Roland Wehrle lässt drei Sektkübel durch die Reihen ziehen – es werden Spenden für die Erdbebenopfer in der Türkei und Syrien gesammelt.