Winfried Kretschmann, wie man ihn kennt: reflektiert, sachlich, argumentativ. Foto: Schuster

Wie sieht er aus, der "Zukunftsbauer", der angesichts der aktuellen Herausforderungen Lösungen für die Zukunft liefert? Diese Frage stand im Mittelpunkt des Landesbauerntags. Auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann gab Impulse.

St. Georgen - Die Zeichen stehen längst auf Dialog. Eine langjährige und oft hart geführte Auseinandersetzung zwischen Landwirtschaft einerseits und Umweltschützern andererseits scheint endlich überwunden. Auch auf dem diesjährigen Landesbauerntag des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbands (BLHV) in St. Georgen wurde erklärt, dass es nur Sinn mache, die vielfältigen Probleme – wie etwa Klimawandel und Ukraine-Krieg – gemeinsam anzugehen.

Bernhard Bolkart verwendete in seiner ersten Grundsatzrede als Verbandspräsident denn auch den Slogan "gobal denken, regional handeln", der seit Langem – leicht abgewandelt – eine der Kernaussagen der Klima-, Umweltschutz-, und sogenannten Dritte-Welt-Bewegung ist. Er setzte sich mit dem Thema "Zukunftsbauern finden Wege aus der Krise" auseinander.

Landwirtschaft nimmt in Krisen Schlüsselrolle ein

Allgemein gelte: Die Landwirtschaft müsse in Krisenzeiten eine Schlüsselrolle einnehmen. Der Krieg in der Ukraine zeige deutlich, wie zerbrechlich auch die hiesige Ernährungssicherheit in Wirklichkeit sei. Die Regionen müssten sich wieder mehr selbst versorgen könnten.

Auch die bislang problemlos laufende Energie- und Rohstoffversorgung Deutschlands sei gefährdet. Die Abhängigkeit von Erdöl, Gas und vielen anderen Produkten zwinge dazu, sich noch mehr Gedanken über erneuerbare Energien und stabilere Lieferketten zu machen. Der sich beschleunigende Klimawandel sei gerade auch für die Bauern eine starke Herausforderung und erfordere hohe Flexibilität: "Lösungen für die Zukunft anbieten, das ist die Idee des Zukunftsbauern."

Pflanzenschutzmittel in Naturschutzgebieten

Bolkart sah keinerlei Chance für eine Vereinbarkeit von Wolf und Weidewirtschaft hier in der Region. Es gelte weiterhin, den Wald im Sinne des Klimaschutzes widerstandsfähiger zu machen. Er wandte sich gegen Pläne der Europäischen Union, Pflanzenschutzmittel in Schutzgebieten gänzlich zu verbieten. Dies sei realitätsfremd.

Was bedeutet es, "Zukunftsbauer" zu sein?

Beim Podiumsgespräch "Zukunftsbauer – raus aus der Opferrolle", sorgten zahlreiche Wortmeldungen aus der Versammlung für eine rege Diskussion mit vielen Anregungen, was es bedeute, ein "Zukunftsbauer" zu sein.

Anschließend sprach Ministerpräsident Winfried Kretschmann über "Die Zukunft der Landwirtschaft in Baden-Württemberg". Sie gehöre zur kritischen Infrastruktur im Land. Er sprach sich für eine Kreislauf-Landwirtschaft aus. Man müsse wieder unabhängiger von Importen werden. Seiner Meinung nach erfahre der Bauer derzeit eine wachsende Wertschätzung in der Bevölkerung für seine Arbeit.

Kretschmann: Klimaschutz und Landwirtschaft in Einklang

Die Bauern bräuchten aber faire Preise für ihre hochwertigen Erzeugnisse. Denn es gebe einen gewichtigen Unterschied zwischen billig und preiswert. Er brach eine Lanze für eine mittelständische Landwirtschaft, die es unbedingt zu erhalten gelte. Konventionelle und ökologische Landwirtschaft dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden.

Es gehe hier auch um einen Gesellschaftsvertrag zur Stärkung des Zusammenhalts in unserem Land. Nur so könnten die Anforderungen etwa des Klima- und Artenschutzes sowie die berechtigten Anliegen der Bauern in Einklang gebracht werden.

Strategie-Dialog Landwirtschaft soll Impulse bringen

Der Ministerpräsident stellte den von der Landesregierung initiierten und vor kurzem gestarteten Strategie-Dialog Landwirtschaft vor. "Hier werden keine Sonntagsreden geschwungen." Vertreter aus Landwirtschaft, Produktion, Handel, Naturschutz, Politik, Wissenschaft und Gesellschaft arbeiteten gemeinsam daran, die unterschiedlichen Interessen zusammenzubringen. Schon bald lägen erste Ergebnisse vor, die bereits ab dem kommenden Jahr in Modellprojekte einfließen würden. Es sei auch beabsichtigt, im Gremium erarbeitete Resultate nach Berlin und Brüssel weiterzutragen, um dort Einfluss auf Entscheidungen zu nehmen.

Wie zuvor Bernhard Bolkart ging auch der Ministerpräsident auf den Ukraine-Krieg und seine Folgen ein. Putin rechne offensichtlich damit, dass die seiner Meinung nach schwachen Demokratien bei entsprechendem Druck einknickten – "aber da hat er sich geschnitten", ist Winfried Kretschmann überzeugt.