Auf dem Weg ins Final Four der European League muss Frisch Auf Göppingen mit RK Nexe Nasice noch eine Hürde nehmen. Kreisläufer Kresimir Kozina spricht über die Chancen gegen seinen Ex-Club, die enttäuschende Bundesligasaison und die desaströse Bilanz gegen die Kellerkinder der Liga.
Handball-Bundesligist Frisch Auf Göppingen empfängt an diesem Dienstag (20.45 Uhr/EWS-Arena) im Viertelfinal-Hinspiel der European League das kroatische Spitzenteam RK Nexe Nasice. Kreisläufer Kresimir Kozina schätzt die Lage ein.
Herr Kozina, hat Frisch Auf keine Lust mehr auf die Liga?
Nein. Ich kann aber verstehen, dass so eine Frage aufkommt. Ich war nach unserem 26:28 gegen die HSG Wetzlar auch enttäuscht, ja sogar schockiert und möchte mich bei den Zuschauern entschuldigen. Es war eine Frechheit, was wir an freien Würfen vergeben haben. Wir müssen zur Pause mit sechs, sieben Toren vorne liegen, dann brennt nichts mehr an.
Vier Tage zuvor gegen den Bergischen HC…
…haben wir noch eine unsere besten Saisonleistungen abgeliefert, ein Top-Spiel gemacht und mit 37:28 gewonnen. Ich musste mich an die Worte meines Ex-Trainers Velimir Petkovic erinnern. Er meinte, Spiele nach hohen Siegen sind immer die gefährlichsten.
Weil man zur Überheblichkeit neigt. Ihr Team hat in bisher sieben Spielen gegen die letzten Vier der Tabelle keinen Sieg gelandet. Fehlt es an der Einstellung?
Diese 3:11 Punkte gegen Hamm, Minden, Wetzlar und Stuttgart sind eine Katastrophe. Solche Spiele haben wir in der vergangenen Saison gewonnen. Das ist der entscheidende Unterschied. Mit einer durchwachsenen Leistung, an einem nicht ganz so guten Tag, gegen solche Gegner die Spiele knapp zu gewinnen, das zeichnet gute Mannschaften aus.
Fehlt einer, der die Mannschaft in schwierigen Situationen, gerade im Liga-Alltag, wachrüttelt? Liegt es daran, dass mit Kapitän Jacob Bagersted, die vorbildliche Führungsfigur vor der Saison von Bord ging?
Jacob war ein sehr starker Charakter. Seine Präsenz vor allem in der Kabine fehlt uns, gar keine Frage. Aber wir haben genügend erfahrene Kräfte mit Mentalität in unserem Kader, die Jacob gemeinsam kompensieren können.
Alle Mann an Bord
Zumal inzwischen alle Mann an Bord sind.
Das müsste eigentlich ein Vorteil sein. Doch wir haben komischerweise unsere besten Spiele gemacht, als wir stark dezimiert waren. Bei voller Kapelle denkt sich möglicherweise der eine oder andere, wenn’s bei mir nicht läuft, richten es halt andere.
Am Dienstag geht es in der European League gegen ihren Ex-Club Nexe Nasice. Wie schwer wird es?
Vielleicht war es ganz gut, dass wir nach sieben ungeschlagenen Pflichtspielen in Serie gegen Wetzlar einen Dämpfer bekommen haben. Jetzt wird bei uns dieses kroatische Topteam garantiert keiner mehr unterschätzen. Wobei es dazu ohnehin keinen Grund gibt.
Warum?
Weil sie sehr gute Spieler in ihren Reihen haben. Zwar liefert die Mannschaft auch mal grottenschlechte Spiele ab wie gegen Alpla HC Hard oder daheim gegen HC Motor Zaporizhzhia, doch dann legt sie wieder Galaauftritte wie gegen Sporting Lissabon hin, in denen sie die Gegner regelrecht auseinandernimmt. Nexe war bereits in der vergangenen Saison ins Final Four der European League eingezogen und scheiterte erst im Halbfinale unglücklich am SC Magdeburg. Sie wollen unbedingt wieder ins Endturnier.
18. April in Nasice
Wieviel Tore sollte Ihr Team im Hinspiel in Göppingen vorlegen?
So viele wie möglich. Uns erwartet im Rückspiel in Nasice (Anm. d. Red.: 18. April, 18.45 Uhr) ein brodelnder Hexenkessel mit heißblütigen Fans. Grundsätzlich will ich die Favoritenrolle nicht von uns wegnehmen. Mein Ziel ist es, beide Spiel zu gewinnen.
Was würde ein Einzug ins Final Four am 27./28. Mai bedeuten?
Mit einem Sieg gegen Wetzlar hätten wir in der Liga zumindest noch Zehnter oder Elfter werden können. Jetzt ist nicht einmal das mehr realistisch, wir werden nach dem letzten Spiel am 11. Juni auf eine enttäuschende Bundesligasaison zurückblicken. Wir können die Saison nur mit dem Final-Four-Einzug halbwegs retten.
Mit dem Europapokaltitel wahrscheinlich sogar komplett?
2017 hat Frisch Auf in einer vergleichbaren Konstellation schon einmal geschafft, das Unmögliche möglich zu machen. Damals musste das Team noch ein wichtiges Spiel in Balingen gewinnen, um nicht in Abstiegsgefahr zu kommen. Kurz zuvor war man völlig überraschend EHF-Pokal-Sieger geworden.
Allerdings in eigener Halle.
Stimmt. Diesmal geht das Final Four nicht in der EWS-Arena über die Bühne, sondern in Flensburg. Da wäre ein Titelgewinn fast ein kleines Wunder. Aber unser Team hat das Potenzial, in zwei Spielen alles rauszuhauen und auch die Großen zu bezwingen. Doch erst einmal gilt es, die Hürde Nasice zu nehmen, das wird schwer genug.
Zur Person
Karriere
Kresimir Kozina wurde am 25. Juni 1990 in Derventa/Bosnien und Herzegowina geboren. Der Kreisläufer spielte für RK Nasice (2011 bis 2013), Alpla HC Hard (2013 bis 2015 Österreich Alpla HC Hard, SG Flensburg-Handewitt (2015/16), Füchse Berlin (2016/17) und seit 2017 für Frisch Auf Göppingen. Sein Vertrag läuft bis 2024. Für die kroatische Nationalmannschaft absolvierte er 25 Länderspiele.
Persönliches
Kozina lebt mit seiner Frau Petra und den Kindern Magdalena (4) und Petar (2) in Göppingen. Sein Bruder Bruno (31) spielt beim HSC Kreuzlingen in der Schweizer ersten Liga. (jüf)