Damit es nicht zu ungewollten Schwangerschaften kommt, fordert die Fraktion "Frauen in den Kreistag" die Unterstützung von sozial schwachen Frauen bei Verhütungsmitteln. (Symbolfoto) Foto: Antonioguillem – stock.adobe.com

Soll das Landratsamt Frauen im Kreis Freudenstadt, die wenig Geld zur Verfügung haben, die Anti-Baby-Pille oder die Spirale bezahlen? Kreisräte und Spitze des Landratsamts taten sich am Montag schwer mit dieser doppelt heiklen Frage.

Kreis Freudenstadt - Über Sex und Geld spricht man in der Öffentlichkeit eher nicht so frei – vor allem, wenn damit gesellschaftspolitische Fragen verknüpft sind. Dass der Verwaltungs- und Sozialausschuss am Montag dennoch über das Thema "Unterstützung sozial schwacher Frauen bei Verhütungsmitteln" diskutierte und die Redner dabei jedes Wort abzuwägen schienen, ging auf einen Antrag der Fraktion "Frauen in den Kreistag" zurück.

Viel Nutzen für wenig Geld

Deren Vorsitzende Bärbel Altendorf-Jehle lieferte die Argumente ihrer Fraktion: Frauen ab 22 Jahren, die Hartz IV erhalten, sollten bei der Verhütung finanzielle Hilfe bekommen. Bis zum Alter von 21 Jahren bezahlt die Krankenkasse die Pille. Wer als Erwachsener mit 446 Euro "Regelbedarf" im Monat auskommen müsse, tue sich schwer, Geld für Verhütung aufzubringen. Dasselbe gelte für Geringverdienerinnen. Für den Staat sei es unterm Strich günstiger, für die Pille aufzukommen als für die Folgen einer ungewollten Schwangerschaft. Altendorf-Jehle verwies auf den Ortenaukreis. Dort gebe es dieses Modell seit fünf Jahren, die jährlichen Kosten betrügen 43.000 Euro. Seither gebe es dort weniger Abtreibungen. "Man kann also für relativ wenig Geld relativ viel Gutes tun", folgerte Altendorf-Jehle.

Aus Sicht des Landratsamts stellt sich die Lage etwas schwieriger dar. "Viele weitere Leistungen wären gut. Aber man muss sie auch bezahlen können", sagte Stefanie Kattner, Dezernentin für Soziales, Jugend, Integration und Gesundheit. "Wo fängt man an und wo hört es auf?" Es gehe hier weniger um die Summe als um die Tatsache, dass der Kreis damit "ein Fass aufmacht", wenn am Ende Bezieher von Hartz IV besser dastünden als mancher Geringverdiener. Auch hätten Hilfebedürftige damit in diesem Punkt bessere Gesundheitsleistungen als gesetzlich versicherte Frauen. Ist das gerecht?

"Es läppert sich"

Bedenken gegen neue Freiwilligkeitsleistungen äußerte auch Stephanie Hentschel (FWV): "In der Summe läppert es sich." Landrat Klaus Michael Rückert argumentierte ähnlich. Diese freiwillige Leistung liefe auch der gesetzlichen Ausgangslage zuwider: Ausgaben für Verhütung seien bei Hartz-IV-Bezug im "Regelbedarf" enthalten, und dessen Höhe werde auf Bundesebene festgelegt. Für ihn stelle sich aber auch grundsätzlich die Frage, ob Verhütung "Job des Landkreises" sei. Rückert verwies auf die Lösung, mit der der Landkreis Rottweil versucht, die Klippen zu umschiffen: keine generelle Kostenübernahme, sondern ein Fonds mit jährlich 10.000 Euro Budget, aus dem in Härtefällen Hilfe beantragt werden könne.

Was Gynäkologen sagen

Trotz Skepsis der Behördenleitung hatte die Verwaltung keinen Beschlussempfehlung formuliert, was laut Rückert sehr selten vorkomme. Klarheit in die Debatte brachten die Mediziner aus den Reihen der Kreisräte. Laut Margarete Rebholz (FDP), Frauenärztin, koste die Pille zwischen 25 und 30 Euro pro Monat – für einen Zeitraum von sechs Monaten. Eine Spirale wirke im Schnitt sechs Jahre, sie koste inklusive der ärztlichen Dienstleistung beim Einsetzen zwischen 150 und 350 Euro. Ihr Vorschlag: vor der Entscheidung mit den beiden Schwangerschaftsberatungsstellen im Kreis sprechen, um mehr über den tatsächlichen Bedarf zu erfahren und "ein Gefühl für das Thema" zu bekommen.

Abstimmung vertagt

Der Gynäkologe Adolf Megnin (CDU) sagte, in Härtefällen komme das Sozialamt schon jetzt für die Verhütung auf, wenn der Antrag glaubhaft sei und über den Arzt eingereicht werde. Es sei in der Vergangenheit "nie ein Problem" gewesen, in solchen Einzelfällen eine Lösung mit den Behörden zu finden. Megnin sprach von "drei bis vier Fällen im Jahr".

Diese Tatsache überraschte die Runde offenbar und schien den Dampf aus der Debatte zu nehmen. Der Landrat sagte zu, zur Sitzung des Kreistags noch mal zu berichten. Bärbel-Altendorf Jehle zeigte sich mit dem Vorschlag von Margarete Rebholz einverstanden, zunächst mit den beiden Schwangerschaftsberatungsstellen im Kreis zu sprechen. Die Abstimmung wurde vertagt.