Weil er seinen Nachbarn getötet hat, muss Mustafa Y. für zwölf Jahre ins Gefängnis. Foto: Schulz

Tödlicher Nachbarschaftsstreit: 39-jähriger Schütze muss ins Gefängnis. Hat Sprachbarriere zu Missverständnissen geführt?

Kreis Rottweil - Weil er seinen Nachbarn erschossen hat, muss ein Sportschütze für zwölf Jahre ins Gefängnis. Der 39 Jahre alte Mann aus Wilflingen wurde am Dienstag vor dem Rottweiler Landgericht wegen Mordes verurteilt.

Eigentlich stehe auf Mord eine lebenslange Haftstrafe, man sei bei dem Angeklagten aber von einer verminderten Schuldfähigkeit ausgegangen, sagte der Vorsitzende Richter. Der Mann habe sich bei der Tat in einem Ausnahmezustand befunden und sei paranoid gewesen. Außerdem spricht der Mann nur gebrochen Deutsch. Die große Sprachbarriere zu seinem Nachbarn habe zu weiteren Missverständnissen geführt.

Jahrelang hatte ein Streit zwischen den Nachbarn geschwelt, die in einem Doppelhaus wohnten. Im Juli des vergangenen Jahres eskalierte die Situation und der Hobbyschütze tötete nach eigener Aussage den 43-jährigen Nachbarn mit seiner Sportpistole.

Durch Ramadan-Fastenvorschriften stark geschwächt

Dass der 39-Jährige nicht lebenslang ins Gefängnis kommt, hänge auch damit zusammen, dass der gläubige Muslim durch die Fastenvorschriften im Ramadan bei der Tat im Juli vergangenen Jahres stark geschwächt gewesen sei, so das Urteil. Der Angeklagte hatte an jenem heißen Sommertag 14 Stunden lang nichts gegessen und getrunken, sei unterzuckert und dehydriert gewesen. Der Richter betonte, dass das Fasten bei einem gesunden Menschen keinen Einfluss auf das Verhalten gehabt hätte. Der Täter aber ist depressiv.

Auslöser für den Nachbarschaftsstreit sei ein Riss in der Wand gewesen, dann habe sich die Auseinandersetzung immer weiter hochgeschaukelt, so der Vorsitzende Richter. Vor der Tat war es zu einem erneuten Wortgefecht gekommen. Der 39-Jährige habe gedacht, der Nachbar hätte ihn auf türkisch als „Zuhälter“ beschimpft. Nach Auffassung des Gerichts hat diese Ehrverletzung zu einer akuten Belastungssituation für den Mann geführt. Der Hobbyschütze ging gedemütigt zu seinen Waffenschränken, nahm eine halbautomatische Pistole und passende Munition heraus und erschoss seinen 43 Jahre alten Nachbarn aus unmittelbarer Nähe. Er feuerte auf dessen Oberkörper und die Augen, bis das Magazin leer war.

Das Opfer hat nach Auffassung des Gerichts nicht mit dem Angriff rechnen können. Als der Täter auf ihn zukam, habe der Nachbar gedacht, es folge eine verbale Auseinandersetzung - wie schon unzählige Male zuvor. Dass der bis dahin unbescholtene 39-Jährige Mitglied im Schützenverein war und Waffen zu Hause hatte, habe der Nachbar nicht gewusst. Dass der Sportschütze bis zum letzten Moment seine Waffe versteckt gehalten habe, sei besonders heimtückisch gewesen. Im Prozess hat sich der Täter für seine Tat entschuldigt.