Der Omsdorfer Hang in Rottweil ist ein Beispiel für Sozial-Wohnraumsanierung statt Neubau. Hier müssen die Wohnungen unter anderem auch für die Bedürfnisse älterer Menschen umgerüstet werden. Gerade bei dieser Bevölkerungsgruppe vermutet die Stadt Rottweil in Zukunft einen höheren Bedarf. Foto: Staiger

Neue Mietwerttabelle wird ausgehandelt. Sie dient vor allem dem sozialen Frieden. Mit Kommentar.  

Kreis Rottweil - Wie steht es eigentlich mit den Mietpreisen und dem Wohnungsangebot zu Beginn des neuen Jahres in Rottweil und Umgebung?

In Rottweil laufen derzeit Verhandlungen zwischen dem Mieterverein und dem Haus- und Grundeigentümerverein, Haus und Grund. Beide Interessengruppen handeln in dieser Stadt alle zwei Jahre eine Mietwerttabelle aus, die für Mieter wie auch für Wohnungsbesitzer eine bindende Grundlage für das Gebaren auf dem freien Wohnungsmarkt sein soll.

Die aktuelle Mietwerttabelle ist noch gültig bis 13. Februar. Sie deckt über Rottweil hinaus die Gemeinden Deißlingen, Villingendorf, Wellendingen, Zimmern ob Rottweil sowie Dietingen mit seinen Teilorten ab. Auf ihr lässt sich der Wert der Kaltmiete pro Quadratmeter ablesen, nach Kriterien der Wohnungslage, -Größe und -Qualität.

Für eine Beispielrechnung legen wir also eine Wohnung aus den Baujahren 1991 bis 2000, mit Zentralheizung in einer Wohnlage von mittlerer Qualität zugrunde. Laut Liste ergibt sich da ein Quadratmeterpreis von 6,70 Euro. Also 670 Euro für 100 Quadratmeter in der Stadt. In Gößlingen oder Rotenzimmern dürfte man 20 Prozent von diesem Wert abziehen, also 134 Euro, dann käme man auf einen Kaltmietwert von 546 Euro. Der Vermieter darf aber, wenn der Mietpreis seit 15 Monaten unverändert ist, eine Erhöhung zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen, und zwar frühestens ein Jahr seit der letzten Mieterhöhung. Innerhalb von drei Jahren darf sich die Miete jedoch nicht um mehr als 20 Prozent erhöhen.

Wie dies in der Realität gehandhabt wird, weiß Guido Speiser, Vorsitzender des Mietervereins Rottweil. Seine Beobachtung: "Die 20-Prozent-Regel wird voll ausgeschöpft". Er habe kürzlich zehn bis 15 Wohnungen, die von Maklern in Rottweil und Umgebung angeboten wurden, auf ihre Kaltmietpreise überprüft. Wucher sei das noch nicht. "Die Staatsanwaltschaft greift erst ein bei einem Aufschlag um 50 Prozent", weiß er aus Erfahrung. Die Mietpreise steigen also schleichend.

Während sich der Vorsitzende des Ortsvereins der Haus und Grund mit Blick auf die laufenden Verhandlungen noch nicht zum Thema äußern will, fordert Speiser: "Eine prozentuale Erhöhung sollte knapp unter der Teuerungsrate bleiben." In naher Zukunft würden vor allem ältere Menschen mit geringer Rente vermehrt bezahlbaren Wohnraum brauchen.

Die Stadt Rottweil, so war auf Anfrage zu erfahren, arbeitet jedenfalls an einer Datenerhebung zur Bevölkerungsentwicklung in den einzelnen Wohngebieten und will diese Zahlen dem Gemeinderat im Frühjahr präsentieren. Sie konzentriert sich auf die Sanierung der bestehenden Sozialwohnungen und will sich auf das altersgerechte Wohnen einstellen.

Doch können die jetzt anstehenden Verhandlungen einer schleichenden Verteuerung entgegenwirken? Das Problem ist die Grundlage der Vereinbarung der Mietwerttabelle. Bisher gibt es keine zuverlässigen Statistiken zum Wohnungsmarkt. Speiser weiß, dass es für die Stadt Rottweil kein Mietwohnungs-Kataster gibt, das den tatsächlichen Bestand von Mietwohnungen festhält. Im letzten Mikrozensus des statistischen Landesamt vom Jahr 2010 ist Rottweil und um Umgebung nicht enthalten. Die Mietwerttabelle wird ausgehandelt zwischen den Interessensvertretern, mit dem Ziel, den sozialen Frieden auf dem Wohnungsmarkt zu erhalten. Jeder sammelt dazu selbst seine Daten, so Speiser. Die Mietwerttabelle habe keinen wissenschaftlichen Anspruch.

Kommentar: Die halbe Miete

Von Babette Staiger

Die Kaltmiete ist die halbe Miete. Mehr nicht. Das könnte man auch über die Mietwerttabelle sagen. Mal wieder geht es um die Zukunft bezahlbaren Wohnraums im Raum Rottweil. Keine Frage: Es ist von Vorteil, dass es überhaupt eine Mietwerttabelle gibt. Mieter wissen, was sie zahlen müssen, Vermieter, was sie verlangen dürfen. Und ebenso ist zu begrüßen, dass sie alle zwei Jahre zwischen den beiden Parteien neu verhandelt wird.

Aber aufgepasst: Je nach Verhandlungsverlauf kann das für den Mieter teuer werden. Transparenz? Fehlanzeige! Hier in Rottweil fehlt es an statistischen Angaben, fundierten Zahlen, verlässlichen Prognosen. Die Stadt Rottweil könnte diese erarbeiten, auch wenn das Geld kostet. Erst damit wäre ein verlässliches Instrument zur Gestaltung des zukünftigen Wohnungsmarktes geschaffen. So ist das lediglich eine halbe Sache.