Die Tage des schwer abgehalfterten Landratsamt-Hochhauses sind gezählt. Doch noch steht es in der Mittelstadt von Rottweil weithin sichtbar. Für die Erneuerung des Standorts der Landkreis-Behörde ab 2020 stehen bislang 44 Millionen Euro auf der Rechnung. Auch der Rundling soll dem Neubaukonzept zum Opfer fallen. Foto: Scheidel

Kreisetat 2019: Auf Kredit: Einige Vorhaben sind nur mit Geldaufnahmen machbar / Kreisumlage bei 29,5 PP

Kreis Rottweil - Der Kreistag hat den Haushaltsentwurf in abgespeckter Form gutgeheißen. Die im Etatwerk von Landrat Wolf-Rüdiger Michel und Finanzdezernent Gerald Kramer trotzdem noch enthaltene Aufgabenfülle ist aber vielen am Ratstisch immer noch ein Dorn im Auge.

Ist das wirklich alles zu schaffen, war eine Frage, die bei den Haushaltsberatungen der vergangenen Wochen von Kreisräten immer wieder in die Runde geworfen wurde. Überhaupt ging am Montag die Verabschiedung des Etats 2019 in Abwesenheit des wegen einer Augen-OP verhinderten Landrats bei weitem nicht so geschmeidig über die Bühne, wie in den Vorjahren. Davon zeugen nicht nur die sechs Gegenstimmen aus den Reihen von FDP und ÖDP.

Dass das nun geplante Haushaltsvolumen von knapp 189 Millionen Euro (Entwurf: 191,21) nur mit einer merklichen Verschuldungsstrategie zu stemmen ist, gibt für ÖDP- Sprecher Bernd Richter und seine zwei Parteifreunde Anlass, das Etatwerk abzulehnen. Die auf 29,5 Prozentpunkte (PP) festgelegte Kreisumlage erscheint Richter, der mit 31 PP eine um etwa 3,3 Millionen höhere Einnahme von Städten und Gemeinden, gefordert hatte, deutlich zu wenig angesichts der 2019 geplanten Kreditaufnahme von 6,825 Millionen Euro für Investitionen. Gerhard Aden verweist zur FDP-Ablehnung auch auf die vom Kreis geplante Wahrnehmung zusätzlicher Kreditermächtigungen aus den Vorfahren und "die seit 2014 geschaffenen 75 neue Stellen. – Eine Steigerung um 15 Prozent." In Zeiten der Hochkonjunktur mit so sehr sprudelnden Steuereinnahmen müsse man doch auch mal antizyklisch agieren, auch um der Explosion der Baupreise nicht noch mehr Vorschub zu leisten, poltert Aden.

Gerald Kramer räumt ein, dass sich innerhalb von eineinhalb Jahren eine Neuverschuldung von 14,3 Millionen Euro ergibt, wobei ein Großteil darauf beruht, dass im neuen, nach der Doppik aufgestellten Haushaltsrecht, ZVK-Verpflichtungen aus dem Deal zur Abgabe der Kreiskrankenhäuser explizit auszuweisen sind.

Über dem angestammten anspruchsvollen Aufgabenportfolio für Schulen, Straßenbau, Breitband und Flüchtlings-/Asylbewerberbetreuung schwebt aber noch die momentan auf 44 Millionen Euro taxierte "Hausnummer" für die bauliche Erneuerung des Rottweiler Landratsamt-Standortes bis 2025. Die Pro-Kopf-Verschuldung könnte sich von 35,70 Euro zum Jahresende 2018 auf 278 Euro zum 31. Dezember 2022 erhöhen. Wie sich die Finanzlage für den Landkreis dann mittelfristig weiter zeigen wird, hängt entscheidend auch von der Konjunkturentwicklung, die sich in der Steuerkraft der Städte und Gemeinden niederschlägt, ab. Wenn CDU-Fraktionssprecher Rainer Hezel, konstatiert, dass von 2020 bis 2022 weitere Kreditaufnahmen in Höhe von knapp 30 Millionen Euro notwendig seien bei einem Fünf-Jahres-Investitions-Plan (2018 bis 2022) von gut 82 Millionen Euro, dann sind diese Feststellungen in Bezug auf die dahinter stehenden Erwartungen an ein weiter florierendes und damit hohe Steuereinnahmen versprechendes Wirtschaftsgeschehen auch mit einem kräftigen Stirnrunzeln verbunden.

Nachdem Freie Wähler und CDU der Landkreisspitze vor einigen Wochen klargemacht hatten, dass der Kreisumlage- Hebesatz im Sinne der Entlastung von Städten und Gemeinden deutlich unter 30 PP (Landrat Michel hatte bei der Haushaltseinbringung 30,5 PP) gefordert, angesiedelt sein müsse, wurden vor allem noch bei Straßenbauvorhaben Abstriche gemacht. Auch die baldige Sanierung der Schramberger Kreissporthalle (Kostenschätzung: 1,4 Millionen Euro) ist in Frage gestellt. Dem Legionellenproblem in Wasserleitungen soll bis zur Erarbeitung eines Gesamtsanierungskonzepts für das 38 Jahre alte Gebäude durch Heißspülungen begegnet werden.

Bei den Haushaltsreden der Sprecher von Fraktionen und Gruppierungen geht der Blick immer in viele Richtungen. Thomas Engeser (FWV) betont im Hinsehen auf die finanziellen Herausforderungen in den kommenden Jahren auch, dass für die über 40 bis 50 Jahre zu sehende Landratsamt-Erneuerung ein Verschuldungs-Arrangement Sinn macht. "Für frischen Wind beim Straßenbau" wird Martin Osieja gelobt, der die Amtsleitung vor noch nicht allzu langer Zeit übernommen hat.

Bessere Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum und leistungsfähiger ÖPNV sind Stichworte, die SPD-Fraktionssprecher Berthold Kammerer bei seiner Stellungnahme zur Haushaltsverabschiedung besonders am Herzen liegen. Dafür müsse man sich verstärkt mit Initiativen und Projekten auf den Weg machen. Zur Mobilität im ländlichen Raum ("Dörfer und kleine Städte verlieren immer mehr Dienstleistungen und Geschäfte") bringt der SPD-Sprecher auch Bürgerbusse und Mitfahr-Apps ins Gespräch.

Der Grüne Hubert Nowack blickt – wie zuvor auch andere – auf die schwierigen Entwicklungen und Szenarien in der Automobilindustrie. Er gibt bei der Bewertung des neuen Kreishaushalts der Hoffnung Ausdruck, dass es dieser wirtschaftlichen Triebfeder nicht ergeht wie einst in der Region der Uhrenindustrie.

Dass mit der vom Landkreis vor vier Jahren angestoßenen Breitbandoffensive für eine zukunftsfähige Internetversorgung kostengünstig ein wichtiger Schritt gemacht wurde, betonen die Sprecher aller Fraktionen. Allerdings dürfe man bei den Anstrengungen nicht Innehalten. Glasfaser bis zur Haustür sei die in den kommenden Jahren vom Landkreis und den 21 Kommunen anzustrebende Maßgabe.