Landrat Wolf-Rüdiger Michel will die behördlichen Vorgänge zur Schweinezucht in Flözlingen intern aufarbeiten lassen. In der Pressekonferenz appellierte er außerdem für die Nutzung der Corona-App, die auch er auf dem Handy hat. Foto: Otto

Landrat Wolf-Rüdiger Michel sichert "interne Aufarbeitung" zu Vorgehen in Flözlingen zu. Corona weiter Thema.

Kreis Rottweil - Corona war eigentlich das Thema, um das es in der Pressekonferenz im Landratsamt am Donnerstag gehen sollte. Der Skandal um die Schweinehaltung in Flözlingen rückte dann allerdings in den Vordergrund. Auf die Rolle seiner Behörde angesprochen sagte Landrat Wolf-Rüdiger Michel: "Wir wollen auch daraus lernen."

Er betonte zwar nochmals, dass man von Seiten des Landratsamts die Maßnahmen gegen den Tierhalter schon vor dem Beitrag von Report Mainz "aufs Gleis gebracht" habe. Dennoch sei er auch für die mediale Berichterstattung zum Fall Flözlingen dankbar. "Je mehr Öffentlichkeit so eine Sache bekommt, umso mehr gibt es auch Verständnis für das Durchgreifen einer Behörde."

Hinweise nicht eindeutig

Man könne im Kreisgebiet nicht jeden Betrieb dauerhaft überwachen, dass lasse allein schon die Personalstärke nicht zu. Umso wichtiger sei, dass auch die Bürger Augen und Ohren offen halten. Angesprochen auf das zögerliche Verhalten des Veterinäramts und die wohl schon vor Juli beim Landratsamt aufgeschlagenen Hinweise zu Tierquälereien auf dem Hof erklärte Michel, man habe die ersten Hinweise nicht eindeutig dem Betrieb in Flözlingen zuordnen können. Das Videomaterial hätte erst aufgearbeitet werden müssen und man sei zunächst von einem anderen Dorf ausgegangen.

Michel räumte ein, dass man aus diesem Fall auch lernen wolle. "Die interne Aufarbeitung läuft. Wenn wir sehen, dass etwas nicht gut gelaufen ist, werden wir Verbesserungen einläuten." Allerdings bat er um Verständnis, dass diese Aufarbeitung Zeit brauche. "Die Arbeit muss weitergehen."

Arbeitsweise optimieren

"Wenn irgendetwas mangelhaft ist in einem Bereich, dann war es im Nachhinein immer zu spät", so der zuständige Dezernent Heinz-Joachim Adam. Man müsse versuchen, die Arbeitsweisen zu optimieren. "Das ist der Spagat, den wir haben, zwischen übermäßiger Behördenkontrolle und zu spät reagieren." Bisher kontrolliere man nach einer Risikobewertung. Es sei auch denkbar, auf ein Stichprobensystem bei den 2200 Tierhaltungsbetrieben zu gehen. "Dann wird eben auch mal ein Halter mit acht Hühnern kontrolliert." Auch da könne es tierschutzrechtliche Mängel geben.

Rückzug von Haas gefordert

Landrat Michel gab zudem bekannt, dass er Landwirt und Kreisobmann Manfred Haas aufgefordert habe, sich aus dem Vorstand des Landschaftsschutzverbandes zurückzuziehen.

Kontrollierter Ausstieg

Im Hof in Flözlingen habe man nun mit einem "kontrollierten Ausstieg aus der Schweinehaltung begonnen", so Adam. 200 Tiere seien gleich umgesetzt worden, Muttersauen und Ferkel verblieben zunächst im Stall, diese könnten noch nicht getrennt werden. Auch trächtige Tiere könnten noch nicht in andere Ställe verbracht werden. Man wolle bei dieser Auflösung im tierschutzrechtlichen Rahmen handeln und Schritt für Schritt vorgehen. Er gehe davon aus, dass die Auflösung der Schweinezucht zum 1. März 2021 abgeschlossen sein wird. Landrat Michel ergänzte, die Auflösung werde engmaschig betreut. "Ich lasse mir alle drei Tage dazu Bericht erstatten."

Corona: Weiter Disziplin

Zum Thema Corona appellierten Michel und Adam an die Bevölkerung, nun im Hinblick auf die weiter steigenden Zahlen und die Ausrufung der Pandemiestufe zwei nicht nachzulassen und die Hygiene- und Abstandsregel weiter einzuhalten.

Plädoyer für die App

Michel plädierte außerdem für die Nutzung der Corona-App. Er selbst habe vor gut zwei Wochen einen Hinweis auf ein leichtes Risiko wegen Kontakts mit einer infizierten Person erhalten und sich daraufhin ins Homeoffice begeben. "Die App funktioniert", so Michel. Und sie entlaste sie das Gesundheitsamt.

Anstieg spürbar

Der Anstieg im Landkreis Rottweil sei zwar nicht so gravierend wie anderswo, aber dennoch spürbar. Zum Vergleich: Im Juni und Juli gab es insgesamt zwölf Neuinfektionen, im August 31 und von 1. September bis jetzt bereits mehr als 70. Man habe bislang "Glück gehabt", dass keine Familienfeier aus dem Ruder gelaufen sei. Auch wenn eine Feier bereits Spuren hinterlassen habe. Hier sei durch konsequente Nachverfolgung und Quarantäne ein weiteres Ausbreiten des Virus verhindert worden.

Nicht verharmlosen

Der Landrat betonte, er trete einer Verharmlosung des Virus "entschieden entgegen". Es gebe im Kreis auch schwere Krankheitsverläufe bei jüngeren Menschen. Heinz-Joachim Adam sagt voraus, dass . "die Grippewelle die Mortalität noh erhöhen wird".

Wie schnell sich Verordnungen weiter ändern können machte Ordnungsamtsleiter Thomas Seeger deutlich. Zum 11. Oktober stehe eine weitere Verschärfung an. Zu neuen Beschränkungen bei Privatfeiern ab einer Inzidenz von 35 müssten jedoch die Kommunen aktiv werden, dies habe in die Landesverordnung nicht aufgenommen werden können.

Michel meinte dazu, man müsse auch nicht alles tun, was rechtlich möglich ist. "Man muss nicht auf jeder Feier und bei jedem Fußballspiel gewesen sein." Es gelte nun, so Gesundheitsamtsleiter Adam, gemeinsam einen zweiten Lockdown zu verhindert.