Jul Vielmo plant Umbau und Erweiterung des Beruflichen Schulzentrums in Rottweil. Foto: Scheidel

Ausschuss hält am Umbau des Beruflichen Schulzentrums in Rottweil fest. Neue Schulden kein Tabu. Mit Kommentar

Kreis Rottweil - Das Ziel bleibt bestehen: Das Berufliche Schulzentrum in Rottweil soll erweitert und saniert werden. Der Fachausschuss des Kreistags gab zusätzliche Planungsmittel in Höhe von 350.000 Euro frei. Die Berechnung hat indes eine weitere Kostenzunahme auf 12,7 Millionen Euro ergeben.

Umbau, Erweiterung und Teilsanierung des Beruflichen Schulzentrums in Rottweil sind ein weiteres Mal teurer geworden. Bei den ersten groben Schätzungen ging man noch von 8,8 Millionen Euro aus, jetzt sind es 12,7 Millionen Euro. Dazwischen, im Juni 2014, war von 10,8 Millionen Euro die Rede.

Die Kreisverwaltung und der Planer, Architekt Jul Vielmo, führen den Kostensprung auf weitere Arbeiten zurück, die zusammen mit Erweiterung und Umbau des Schulzentrums angepackt werden: Es handelt sich dabei um Schadstoffsanierungen, die Erneuerung der Fensterfassade und den Umbau der Verwaltung auf Ebene 4.

Das sind Maßnahmen, die zum Teil schon länger geplant, zum Teil neu hinzugekommen sind. Jedoch seien sie allesamt notwendig, wird betont. Diese Arbeiten jetzt, zusammen mit den anderen Vorhaben, zu erledigen, sei am wirtschaftlichsten, so das Hauptargument. Immerhin, so der wiederholte Hinweis, habe das Gebäude zwischen 30 und 35 Jahre auf dem Buckel. Und dementsprechend sieht es aus – optisch und funktional. Landrat Wolf-Rüdiger Michel sagt in der Sitzung des Sozial-, Kultur- und Schulausschusses, er wisse aus eigener Erfahrung, wie zugig das Schulhaus sei.

Zusammengefasst: Erweiterung und Umbau gemäß dem Planungswettbewerb kosten 8,6 Millionen Euro, der Rest von 4,1 Millionen Euro wären laut Landrat sowieso auf den Kreis zugekommen.

Der Wettbewerb aus dem Jahr 2013 sah vor, das Schulzentrum in Rottweil, in dem die Erich-Hauser-Gewerbeschule und die Nell-Breuning-Schule untergebracht sind, für größere Veranstaltungen, individuelles Lernen und einen Ganztagesbetrieb zu ertüchtigen. Immerhin besuchen rund 3000 Schüler die Schulen.

Schulden machen? Das ist denkbar

Schul-Dezernent Gerald Kramer betont in der Sitzung des Fachausschusses, in der Summe von 12,7 Millionen Euro sei alles enthalten. Er räumt indes ein, dass die Finanzierung schwierig werde.

Wie diese Summe geschultert werden kann, darüber wird sich der Kreistag spätestens im Herbst, wenn über den Haushalt 2016 gesprochen wird, Gedanken machen müssen (siehe Extra-Artikel). Aufgabe des Ausschusses in dieser Sitzung ist es, über weitere Planungskosten von 350.000 Euro zu entscheiden.

Freilich ließen sich auch Mittel in Höhe von rund zweieinhalb Millionen Euro einsparen. Architekt Vielmo stellt dar, wo das möglich ist. Man könne den Umbau des Verwaltungstrakts zurückstellen, ebenso die Fassadensanierung, den Bau einer Bibliothek oder eines PC-Raums. Technisch vorstellbar, doch funktional nicht empfehlenswert, so der Planer. Würde man diese Arbeiten später nachholen, müsse man zudem mit Mehrkosten von 600.000 Euro rechnen.

Diese Vorgehensweise stellt für den Ausschuss keine Alternative dar, wie die Aussagen von mehreren Kreisräten unterstreichen. Georg Schumacher (CDU-Fraktion, Rottweil) räumt zwar ein, dass man angesichts der hohen Kosten und der vielen Aufgaben im Kreis in einem Dilemma stecke. Er fordert jedoch, die duale Ausbildung attraktiv zu halten. Deswegen hält er nichts von Einsparungen und davon, Baumaßnahmen zu verschieben. Seine Präferenzen: Schulwesen und Breitandkabelausbau.

Ebenso sieht das Thomas Engeser (Rottweil) von den Freien Wählern. Es sei nicht sinnvoll, Arbeiten auf später zu verschieben. Kein Tabu ist es für ihn, neue Schulden zu machen: "Wir haben Schulden abgebaut und sind heute in der Lage, sinnvoll neue Schulden zu machen", so Engeser. Laut dem Landrat habe der Kreis 1,2 Millionen Euro an Verbindlichkeiten, das seien neun Euro pro Kreis-Bewohner – die niedrigste Quote im Landesvergleich.

Norbert Swoboda pflichtet Engeser bei: "Wenn die Bevölkerung sieht, wofür man Schulden macht, regt sich keiner auf", meint der Lauterbacher Bürgermeister.

Widerspruch kommt von Bernd Richter (Schramberg). "Wir als Öko-Demokraten halten die Null-Verschuldung für sinnvoll", sagt er. Da müsse man in anderen Bereichen sparen. Zurückhaltung auch bei Bernhard Tjaden, dem Bürgermeister aus Fluorn-Winzeln und Mitglied der Freien-Wähler-Fraktion. Immerhin soll der Ausschuss über weitere Planungskosten von 350.000 Euro entscheiden. Tjaden denkt, man mache es dadurch dem Kreistag schwer, schließlich sei die Frage der Finanzierung des Gesamtmaßnahme noch nicht gelöst. Tjaden enthält sich daher bei der Abstimmung. Alle anderen sind dafür. Landrat Michel betont zuvor, der Ausschuss sei für die Planungskosten zuständig, und er solle nicht seine Daseinsberechtigung in Frage stellen.

Kommentar: Kein Tabu mehr

Von Armin Schulz

Neue Schulden zu machen, war bei den Kämmerern in den Rathäusern und Kreisverwaltungen – vor allem hier im Schwabenländle – jahrelang verpönt. Wer mit seinem Geld nicht haushalten konnte und neue Kredite brauchte, um im Ort zu investieren, wurde schief angesehen. Nicht auf Kosten nachfolgender Generationen leben, lautete die strikte Devise. Und jetzt? Jetzt sieht das etwas anders aus: Sowohl Landrat Wolf-Rüdiger Michel als auch der Rottweiler Oberbürgermeister Ralf Broß gehen mit dem Thema offener um. Der Rottweiler OB hält neue Kredite für denkbar. Bedingung: »Wenn wir es uns leisten können«, so Broß. Landrat Michel spricht von einer »vernünftigen Schuldenaufnahme«. Früher wäre das als Widerspruch aufgefasst worden. Heute, vor allem angesichts der günstigen Zinslage, sieht das anders aus. Schulden kommen wieder in Mode.