Das neue Großgefängnis wird bei Rottweil errichtet. Foto: Nädele

Geplante JVA soll am Standort Esch bei Rottweil errichtet werden. Entscheidung der Landesregierung wird unterschiedlich aufgenommen.

Rottweil - Rottweil macht das Rennen. Die Landesregierung hat den Neubau des Gefängnisses auf dem Esch beschlossen. Das ist also die lange ersehnte Entscheidung. Und der Beginn des weiteren Verfahrens sowie möglicherweise eines Bürgerentscheids.

Eindeutig seien die Vorteile von Rottweil gewesen, heißt es aus dem Justizministerium. So eindeutig, dass der Konversionsgedanke beim Standort in Meßstetten sie nicht habe aufwiegen können. Der alternative Standort im Zollernalbkreis ist damit aus dem Rennen.

Oberbürgermeister Ralf Broß reagierte gestern erleichtert, dass die Entscheidung nun gefallen ist – und froh, dass sie für Rottweil ausgefallen ist. Gemeinsam mit seinem Fachbereichsleitern ist er für zwei Tage in Klausurtagung im Schwarzwald und hat dort gegen 10.30 Uhr gestern den Anruf von Justizminister Rainer Stickelberger erhalten. "Unsere Arbeit der zurückliegenden Wochen und Monate hat sich gelohnt", berichtet Broß von großer Freude im Führungskreis.

"Die zentrale Lage Rottweils im Zuständigkeitsbereich der Landgericht Rottweil, Waldshut-Tiengen, Hechingen und Konstanz und die gute Verkehrsanbindung sowie der besser erschlossene öffentliche Personennahverkehr stellen sicher, dass die Gefangenen auch während der Haft die sozialen Kontakte zu Angehörigen und Freunden leichter erhalten können", sagte Stickelberger. Die vollzuglichen Belange haben also den Aus-schlag gegeben – mit Blick auf die Möglichkeiten für die Resozialisierung der Gefangenen wie auf die Möglichkeit, die Mitarbeiter der zur Schließung vorgesehenen Anstalten weiter zu beschäftigen.

Wolfgang Blässing, Bürgerinitiative: "Wir hoffen, dass die Bürger dagegen entscheiden".

Des einen Freud, des anderen Leid: Wolfgang Blässing von der Bürgerinitiative "Neckarburg ohne Gefängnis" ist tief enttäuscht von der Entscheidung. Es sei schockierend, dass gerade eine grün-rote Landesregierung den Landschaftsverbrauch vorantreibe. Blässing verweist auf die 120 000-Quadratmeter-Fläche, die allein für das Gefängnis notwendig seien. Man greife in einen intakten Natur-Raum ein, der Standort Esch sei von drei Schutzgenbieten umgeben. Man sei nicht gegen Rottweil als JVA-Standort, aber es hätte Alternativen gegeben.

Blässing verweist auf den Hochwald, der in der früheren Bewertungsmatrix der Landesregierung vor dem Esch gelegen habe und auf den Stallberg, der längst nicht gründlich untersucht worden sei. Das hätte dann zwei bis drei Millionen Euro mehr gekostet, das hätte angesichts einer 80-Millionen-Investition den Bock auch nicht mehr fett gemacht. Die Hoffnungen der BI ruhen nun auf dem Bürgerentscheid. "Wir hoffen, dass die Bürger dagegen entscheiden".

Auch der einzige Landtagsabgeordnete aus dem Wahlkreis, Stefan Teufel (CDU), befürwortet die Entscheidung, wenngleich er bedauert, dass die Landesregierung eine Machbarkeitsstudie für den ursprünglich favorisierten Stallberg abgelehnt habe.

Voll des Glückes indes ist Alfons Bürk. Der Mann für die besonderen Projekte bei der Stadtverwaltung hat es so kommen sehen. "Es ist ein wunderbares Gefühl, und es ist wunderbar für die Stadt, solche Projekte zu bekommen", sagt der Mann, der auch schon geholfen hat, dass Thyssen-Krupp Elevator hier in Rottweil den Testturm baut.

Die Stadt Rottweil soll also Standort für das geplante Großgefängnis mit 400 bis 500 Häftlingen werden. Die Abstimmung im Kabinett soll laut einem Sprecher des Justizministeriums einmütig ausgefallen sein. Zum Staats-, Finanz- und Justizministerium seien in der Abwägungsphase auch weitere Ministerien wie das Verkehrsministerium hinzugezogen gewesen.

Stickelberger habe im Gespräch auch betont, schildert Broß, dass der offene und transparente Umgang zwischen Land und Stadt wie auch zwischen Gegnern und Befürwortern in Stuttgart positiv registriert worden sei. "Das bestätigt unsere Vorgehensweise", an der Rottweil für das weitere Verfahren festhalten will. Nachdem die Entscheidung nun für Rottweil gefallen ist, steht heute Abend in der Sitzung des Gemeinderats das Thema Bürgerentscheid auf der Tagesordnung. Broß bestätigt: Die Bürgerinitiative hat genügend Unterschriften gesammelt, so dass das Bürgerbegehren rechtlich zulässig ist. Die Stadtverwaltung wird deshalb vorschlagen, am 20. September den Bürgerentscheid durchzuführen.

Steffen Ganninger, Justizministerium: "Wir haben gute Gründe für die Entscheidung für Rottweil-Esch."

Trotz anstehenden Bürgerentscheids hat die Landesregierung bewusst an dem frühzeitig kommunizierten Fahrplan festgehalten und daher nun noch vor der Sommerpause die Standortentscheidung getroffen. "Wir werden natürlich die weitere Entwicklung in Rottweil ganz genau beobachten und begleiten", sagt Steffen Ganninger, Pressesprecher des Justizministeriums. "Wir haben gute Gründe für die Entscheidung für Rottweil-Esch. Diese wollen wir im engen Dialog mit der Stadt und den Bürgern weiterhin transparent kommunizieren und erläutern." Wie OB Broß ist auch das Ministerium angesichts der vielen positiven Rückmeldungen aus Rottweil zuversichtlich, dass die Bürger vor Ort von der Entscheidung überzeugt werden können. "Sollte sich – wider Erwarten – die Mehrheit in einem Bürgerentscheid gegen den Bau der Justizvollzugsanstalt aussprechen, werden wir prüfen, welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind", so Ganninger.

Zustimmung zur Entscheidung der Landesregierung gibt es jedenfalls schon mal vom Bund der Strafvollzugsbediensteten. "Das ist ein guter Tag für den Justizvollzug", sagte der Landesvorsitzende Alexander Schmid gestern der Deutschen Presse-Agentur. Eine Entscheidung für Meßstetten hätte für die Bediensteten aus dem Gefängnis Rottweil und den umliegenden Gefängnissen deutlich längere Fahrtwege bedeutet: "Ob Papa abends um 18 oder um 19 Uhr nach Hause kommt, ist schon ein Unterschied".