Auf Bäckereien im Südwesten haben es die Angeklagten abgesehen: Nach dem Einbruch lassen sie in vielen Fällen Tresore samt Inhalt mitgehen. Foto: Armer

Trio muss sich wegen schweren Bandendiebstahls verantworten. Angeklagte kündigen Geständnisse an.

Kreis Rottweil - Für gewöhnlich geht, wer sich seinen Lebensunterhalt verdienen möchte, einer Arbeit nach. Das Trio, das seit gestern in Rottweil vor Gericht steht, hat sich für die Methode Selbstbedienung entschieden – und ist reihenweise in Bäckereien eingebrochen.

Das Einsatzgebiet der Angeklagten liest sich wie eine Landkarte des Südwestens: Dornhan, Waldachtal-Salzstetten, Hüfingen, Hechingen und Donaueschingen tauchen dort genauso auf wie Ehingen bei Ulm und das bayerische Jettingen-Scheppach nahe Günzburg. Dazu kommen Dutzende weitere Orte, die meisten davon in Baden-Württemberg, die alle eines verbindet: Bäckereien, die Supermärkten angegliedert sind, wurden ausgeraubt.

Das Spezialgebiet der drei Angeklagten: Einbruch und Diebstahl. Das zumindest wirft der Staatsanwalt den jungen Männern vor, die sich seit gestern vor der 1. Großen Jugendkammer des Landgerichts Rottweils verantworten müssen. Die Truppe besteht aus einem heute 24-Jährigen, der zuletzt bei seinen Eltern im Landkreis Waldshut lebte, und einem 29 Jahre alten Mann mit deutschem Pass, der allerdings in der Schweiz gemeldet war. Dazu kommt ein 21-Jähriger, wohnhaft in Berlin. Inzwischen haben die drei noch mehr gemein als ihre Beutezüge: Sie sitzen alle in Untersuchungshaft.

Dem Jüngsten im Bunde wirft die Anklage die Beteiligung an fünf der Einbrüche vor. Profis in ihrem Metier scheinen vor allem die älteren beiden zu sein. Sie sollen für weitere 43 Fälle von schwerem Bandendiebstahl jeweils in Tateinheit mit Sachbeschädigung sowie 15 Fälle von versuchtem Diebstahl samt Sachbeschädigung verantwortlich sein.

63 Taten zählt der Staatsanwalt bei der Verlesung der Anklageschrift auf, gut eine Stunde braucht er dafür. Für ihn ist klar: Zumindest die beiden Älteren wollten sich durch die Einbrüche "dauerhaft" ihren Lebensunterhalt finanzieren. Die Täter hätten gewerbsmäßig gehandelt und in allen Fällen Sachbeschädigungen "billigend in Kauf genommen". Ihr bevorzugter "Arbeitsplatz": die Bäckereien in den Discountern Netto und Lidl.

Die Taten fallen in die Zeit zwischen 28. Dezember 2012 und 18. Mai 2013. In diesen Monaten war das Duo, und fünfmal auch der 21-Jährige, teils mehrmals die Woche auf Beutezug. Für den ersten Einbruch suchten sich die zwei Männer die Bäckerei des Nettomarkts in Mönchweiler aus. Dort klauten sie den Tresor samt 1000 Euro und hinterließen einen Sachschaden in Höhe von 500 Euro. Einen Tag später schlugen sie in Immendingen-Zimmern zu, dort ließen sie ebenfalls den Tresor mitgehen. Taten unter anderem in Empfingen, Vöhringen, Seedorf, Bräunlingen, Tuttlingen, Hechingen, Dornstetten, Villingen-Schwenningen, Dotternhausen und Brigachtal-Kirchdorf folgten. Ein Schwerpunkt scheint auf dem Landkreis Rottweil zu liegen.

In Bisingen im Zollernalbkreis wichen die Männer einmal vom Muster ab und entwendeten statt Bargeld aus Bäckereien Handy und Notebook aus einem Firmengebäude. Ansonsten blieben sie ihrer Linie treu: Manche Bäckereiketten und Supermarktfilialen traf es im Laufe der Zeit sogar mehrmals, vielmals war der Schaden größer als die Beute.

Akribisch listet die Anklageschrift auf, wer was wann und wo getan hat. Für die Kammer ein Grund, den Verfahrensstoff zu entschlacken, wie der Vorsitzende Richter erklärt. Sonst droht ein Mammutprozess. Er schlägt deshalb eine Verständigung zwischen Kammer, Verteidigung und Staatsanwaltschaft vor.

Mit Erfolg: Gestern Mittag verkündet der Richter, dass sich die Parteien geeinigt hätten. Ergebnis: Die Verständigung umfasst 32 der vorgeworfenen Fälle, die restlichen werden fallengelassen. Diese 32 allerdings müssen die Hauptangeklagten gestehen, was sie gestern zusagen. Die Kammer legt im Gegenzug fest, dass das Strafmaß für den 24-jährigen Angeklagten zwischen dreieinhalb und viereinhalb Jahren liegen wird. Der 29-Jährige muss mit einer Freiheitsstrafe zwischen vier und fünf Jahren rechnen. Für den jüngsten Täter gilt das Jugendstrafrecht, ihn erwartet, ein Geständnis vorausgesetzt, eine Freiheitsstrafe zwischen zwei und zweieinhalb Jahren.

Die Verhandlung wird am 5. Februar fortgesetzt. Bis dahin soll ein Psychiater den 24-Jährigen untersuchen. Dessen Verteidiger gibt nämlich an, dass sein Mandant ein "massives Drogenproblem" habe. Dafür habe er sich bei den Einbrüchen Geld beschafft. Zugleich sei es der Grund für starke Gedächtnislücken in Bezug auf die vorgeworfenen Taten. Wie sich dies auf seine Aussage auswirkt, wird sich zeigen. Klar indes ist, dass er künftig kleinere Brötchen backen wird.