Zwischen Singen und Tuttlingen gibt es ein Ringen um den Kriminaldauerdienst. Foto: Kraufmann

Ping-Pong zwischen Singen und Tuttlingen. Innenministerium in Stuttgart funkt dazwischen. Mit Karte

Kreis Rottweil - Zwischen Singen und Tuttlingen gibt es ein Ringen um den Kriminaldauerdienst. Bislang in Singen angesiedelt, soll er im Zuge der neuerlichen Polizeireform nach Tuttlingen kommen. So die Idee der Polizei. Doch die Politik schießt quer. Offensichtlich unter gewissem Einfluss aus Konstanz stehend.

Andreas Jung ist in diesem Fall beim Wort zu nehmen: "Als Wahlkreisabgeordneter ist es meine Aufgabe, Stimme für unsere Region zu sein. Mit Leidenschaft arbeite ich für die Menschen hier", steht auf seiner Homepage. Das hat der Vorsitzende der CDU-Landesgruppe im Bundestag und Wahlkreisabgeordnete von Konstanz nun offensichtlich auch getan. Er hat sich, so die uns vorliegende Information, seine Stimme erhoben und bewirkt, dass das Innenministerium in Stuttgart den kommissarischen Leiter des Polizeipräsidiums (PP) Konstanz, Gerold Sigg, zurückgepfiffen hat.

Sigg, zugleich Leiter des Teilprojekts 5 "Polizeipräsidium Konstanz-neu" im Rahmen des Projekts "Polizeistruktur 2020" und früher Behördenchef in Rottweil und Stellvertreter in Tuttlingen, soll angeordnet haben, den Kriminaldauerdienst von Singen (die Stadt gehört zum Einzugsbereich des PP Konstanz) nach Tuttlingen überzusiedeln. Aus sachlicher und polizeifachlicher Sicht spricht, dass Tuttlingen zentraler in einem neu geschnittenen Präsidium Konstanz läge. Dieses ist ab dem Jahr 2020 für die Landkreise Konstanz, Rottweil, Tuttlingen und Schwarzwald-Baar zuständig. Der Kriminaldauerdienst, rund um die Uhr im Einsatz, wäre schneller vor Ort. Zudem wäre der Dienst näher am Standort der Kriminalpolizeidirektion in Rottweil.

Doch das Innenministerium ist dem kommissarischen Leiter wohl in die Parade gefahren. Demnach soll Staatssekretär Martin Jäger Siggs Anordnung zurückgenommen haben. Der Kriminaldauerdienst solle in Singen bleiben, so Jäger.

Mit diesen Vorgängen konfrontiert äußert sich das IM ausweichend. Ein Sprecher teilt auf Anfrage lediglich allgemein mit, dass zur Umsetzung der Ergebnisse der Evaluation der Polizeistrukturreform unter Leitung von Polizeipräsident Ekkehard Falk das Projekt "Umsetzung der Evaluierung Polizeistrukturreform" eingerichtet worden sei. Dieses prüfe vertiefend die Empfehlungen des Lenkungsausschusses zur Evaluation der Polizeistrukturreform und plane sie weiter aus. Vor diesem Hintergrund befasse sich das Umsetzungsprojekt intensiv mit der zukünftigen Organisation der Kriminalpolizei in den "neuen" Polizeipräsidien, so auch mit der Kriminalpolizeidirektion Rottweil, die ab Januar 2020 für den Landkreis Konstanz zuständig sein werde. Hierzu gehörten neben der Aufgabenzuteilung und der Personalausstattung auch Standortfragen. Die Prüfungen dauerten an.

Interessant ist der Hinweis auf Ekkehard Falk. Dieser hat bis zu seiner Berufung als Projektleiter im Ministerium in Stuttgart im September vergangenen Jahres das Polizeipräsidium in Konstanz geleitet. Sein Wort dürfte aufgrund seiner jetzigen Funktion ein gewisses Gewicht haben – und sein Herz weiterhin besonders für die Region am Bodensee und damit für Singen schlagen? Es wäre nicht verwunderlich.

Die Diskussion in Polizeikreisen und hinter den Kulissen ist nun auch den beiden Oberbürgermeistern von Tuttlingen und Singen, Michael Beck und Bernd Häusler, zu Ohren gekommen. Sie teilen gemeinsam mit, dass sich ihre beiden Städte nicht gegenein-ander ausspielen ließen. Man wolle eine Lösung, die sich an Sachentscheidungen orientiere – "und dazu gehören auch die Bedürfnisse der Mitarbeiter". Die beiden Rathauschefs weiter: "In Zeiten, in denen die innere Sicherheit ein ständiges und oft auch sehr emotional diskutiertes Thema ist, brauchen die Bürger klare und nachvollziehbare Verhältnisse – sonst droht die Diskussion in eine ungute Richtung abzugleiten."

Guido Wolf, Wahkreisabgeordneter aus Tuttlingen und Justizminister, äußert gegenüber dem Schwarzwälder Boten: "Das Innenministerium hat mir fest zugesagt, dass Tuttlingen ein starker Polizeistandort bleibt. Mehr als 100 Polizeistellen sollen hier in Tuttlingen verbleiben. Auf diese Aussage vertraue ich." Wolf fordert, dass in dieser Frage zügig Klarheit geschaffen wird: "Ebenso erwarte ich, dass das IM seine Entscheidungen ausschließlich nach polizeifachlichen Erwägungen trifft. Von einer etwaigen Verlegung des Kriminaldauerdienstes habe ich auch nur aus den Medien erfahren. Ich hoffe, dass hier schnell Klarheit geschaffen wird und werde darauf in Gesprächen mit dem IM auch drängen."