Margrit Marte und Guido Mauch sind Mitglieder des Verbandes Poliomyelitis im Kreis Rottweil. Foto: Meene

Zwei Betroffene berichten. Risikogruppe hofft auf baldigen Corona-Impfstoff. Weltpoliotag am 28. Oktober.

Rottweil - Guido Mauch und Margrit Marte haben eines gemeinsam: Sie sind als Kinder an Poliomyelitis erkrankt. Noch heute leiden sie und etwa 80 weitere Betroffene im Kreis unter den Spätfolgen der Krankheit - und zählen aktuell zu der sogenannten Corona-Risikogruppe.

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Anlässlich des Weltpoliotags am Mittwoch, 28. Oktober berichten Margrit Marte und Guido Mauch wie sie die Corona-Pandemie als unter den Spätfolgen der Polioerkrankung Leidende erleben - und wie es ihnen als Teil der sogenannten Risikogruppe des Coronavirus ergeht. Guido Mauch und Margrit Marte sind Mitglieder des Bundesverbands Poliomyelitis im Kreis Rottweil, Marte ist Sprecherin des Landesverbandes und Mauch Schatzmeister der Gruppe. Beide sind in ihrer Kindheit am Poliovirus erkrankt, auch bekannt unter dem Begriff Kinderlähmung. Nicht nur für die etwa 80 betroffenen Mitglieder des Polioverbands im Landkreis herrschen in diesem Jahr durch die Pandemie veränderte Zustände - doch als Teil der sogenannte Hochrisikogruppe bekommt diese die aktuelle Situation sehr deutlich zu spüren.

"Wir kämpfen jeden Tag mit den Spätfolgen"

"Viele meinen die Polioerkrankung würde es heutzutage gar nicht mehr geben," erklärt Marte. Doch über die Spätfolgen der um die 50er-Jahre von Kinderlähmung erkrankten Betroffenen, würden laut ihr die wenigsten Bescheid wissen. Die Infektionskrankheit führte bei den meisten Betroffenen im Kindesalter zu Lähmungen, welche, je nach Krankheitsverlauf blieben oder im Alter wiederkehrten.

Ein Befall der Atemmuskulatur ist je nach Krankheitsverlauf möglich, und Probleme bei der Atmung seien keine Seltenheit des sogenannten Post-Polio-Syndroms, so die beiden Betroffenen. Und gerade deswegen ist der Corona-Virus für viele von Kinderlähmung Betroffene gefährlich, nicht nur aufgrund des hohen Alters der meisten Post-Polio-Patienten.

"Wir kämpfen jeden Tag mit den Spätfolgen", erzählt Marte. Die beiden Betroffenen wollen jedoch nicht in die Opferrolle schlüpfen, da sind sie sich einig. Stattdessen möchten sie durch den Verband auf die Spätfolgen der Krankheit aufmerksam machen und Aufklärung schaffen - gerade in der aktuellen Situation.

Gruppentreffen abgesagt

"Ich habe Angst vor dem Virus", gibt Marte zu. Auch Mauch findet "man darf die Situation nicht auf die leichte Schulter nehmen." Die Corona-Maßnahmen werden nach eigenen Aussagen von den Betroffenen sehr diszipliniert eingehalten. Seit Beginn des Lockdowns haben keine Gruppentreffen der Polio-Selbsthilfegruppe mehr stattgefunden und alle Veranstaltungen wurden abgesagt - auch privat seien die beiden besonders vorsichtig gewesen. Mit Blick auf große Menschenansammlungen, denen Marte teilweise auf der Straße begegne, fühle sie sich unwohl, erzählt diese.

Die anfängliche Angst vor dem Virus sei bei einem großen Teil der Gesellschaft verflogen, vermutet Mauch, Mitglied der Selbsthilfegruppe für Polioerkrankte. Die Gruppe hofft jedoch auf mehr Solidarität innerhalb der Gesellschaft - auch was das Thema Impfen angeht. "Mein Wunsch ist, dass sich so viele wie möglich impfen lassen, sobald ein geeigneter Stoff auf dem Markt ist," macht Marte deutlich. Und hinter diesem Statement steht sie: Sie habe sich sogar als freiwillige Testperson für die Corona-Impfstudie in Tübingen beworben.

Den Umgang einiger Mitbürger mit den Corona-Maßnahmen halten die beiden für fahrlässig. "Ich sehe, dass ein großer Teil der Bevölkerung mit den Maßnahmen klar kommt - Doch es gibt trotzdem Einige, welche die Situation nicht ernst nehmen," so Mauch.