Wegen des Besitzes von Tausenden Dateien kinderpornografischen Inhalts muss sich ein 56-Jähriger aus einer Kreisgemeinde vor dem Oberndorfer Amtsgericht verantworten. Foto: © vulkanov – stock.adobe.com

56-Jähriger auf Anklagebank des Oberndorfer Amtsgerichts. Verhandlung wegen weiterer Untersuchungen vertagt.

Kreis Rottweil - Menschliche Abgründe taten sich am Mittwoch vorm Oberndorfer Amtsgericht auf. Ein Pädophiler musste sich wegen des Besitzes von Kinderpornografie verantworten. Tausende von Dateien waren bei einer Hausdurchsuchung auf USB-Sticks und auf seinem PC gefunden worden.

Auf der Anklagebank saß ein 56-Jähriger aus einer Kreisgemeinde. Mit verschränkten Armen und leiser Stimme versuchte er sich anfangs zu rechtfertigen, räumte auf Nachbohren von Amtsgerichtsdirektor Wolfgang Heuer jedoch ein: "Ich gebe ja zu, dass ich da Blödsinn gemacht habe." Als Begründung nannte der ledige, derzeit arbeitslose Mann, ständig alleine zu Hause zu sein und zuviel getrunken zu haben.

Besonders brisant: Im Laufe der Zeugenvernehmungen der mit dem Fall betrauten Kriminalbeamten stellte sich heraus, dass der wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern bereits Vorbestrafte an Schulen in Schramberg und Oberndorf als Aushilfshausmeister angestellt war. Das Jobcenter hatte ihm diese Arbeiten vermittelt.

Erneut aufgeflogen war der Angeklagte im März 2015. Damals wurde die Kriminalpolizei eines heute 31-Jährigen in Coburg habhaft, der sich im Internet bei seinen Chatpartnern als Kind ausgab und zudem kinder- und jugendpornografisches Material besaß und versandte. Unter den "Tauschpartnern" der Bilder und Videos fand sich auch der nun in Oberndorf Angeklagte. Der 31-Jährige trat gestern als Zeuge auf. Er ist mittlerweile verurteilt. Von Coburg wanderte der Fall zunächst nach Freudenstadt und dann zügig weiter an die Kripo in Rottweil. Doch obgleich ein dort zuständiger Beamte schon bei einer ersten Sichtung mehr als 2000 eindeutig kinderpornografische Dateien ausmachte, wird der Fall erst jetzt verhandelt. Richter Heuer wollte von den Kripobeamten wissen, weshalb sich das Ganze fast drei Jahre hingezogen hatte. Unter den Dateien fanden sich extreme Darstellungen – teilweise mit Kindern, die sogar noch Windeln trugen, darunter viele Jungen.

Da gab es zum einen Wechsel der Software, die das Aufarbeiten der Daten eigentlich vereinfachen und damit schneller machen soll, bekam Heuer zur Antwort. auf seine Frage. Für den Amtsgerichtsdirektor sah es so aus, dass sich das Verfahren gegen einen einschlägig Vorbestraften hingezogen hat, weil "Sie zu wenig Personal hatten und die Software nicht vorhanden war." In der Tat, so räumte der Kripobeamte ein, sei man nach der Polizeireform 2014 "unterirdisch gestartet".

Mitte 2016 lag der Staatsanwaltschaft dann der Bericht der Kripo vor. Es sollte nochmals ein halbes Jahr vergehen, bis der Fall schließlich vor Gericht landete. Inwieweit dies beim Richterspruch eine Rolle spielen wird – Stichwort schuldhafte Verfahrensverzögerung – muss sich noch weisen.

Zunächst einmal wurde der Fall allerdings vertagt. Denn Richter Heuer, für seine klaren Worte und unorthodoxen Methoden bekannt, wollte sich nicht auf die Beteuerungen des Angeklagten verlassen. Dieser hatte erklärt, dass er seit zwei Jahren "nichts mehr in dieser Richtung macht". Wegen einer Depression sei er mal "zehn Tage im Rottenmünster" (Vinzenz-von-Paul-Hospital) gewesen. Derzeit gehe er einmal im Montag für eine halbe Stunde zur Gesprächstherapie.

Heuer: "Wenn das so ist, dann haben Sie ja sicher nichts dagegen, wenn die Kripobeamten jetzt gleich mit Ihnen in Ihre Wohnung fahren und Ihren PC durchsuchen?" Auch für den forensischen Gutachter Ralph-Michael Schulte wäre das Ansinnen von Heuer im Hinblick auf die Prognose wichtig, wie dieser betonte. Der Angeklagte war einverstanden. Die Verhandlung wurde unterbrochen. Am 19. März geht’s weiter.