War der Angriff auf seinen Chef das Ergebnis einer wahnhaften Angststörung des Angeklagten (Zweiter von links)? Foto: Schönfelder

Mann greift im Januar Inhaber der Pizzeria "Rotu­villa" mit Messer an. Sachverständiger attestiert Persönlichkeitsstörung.

Kreis Rottweil - Als ein 25-jähriger Mann im Januar den Inhaber der Rottweiler Pizzeria "Rotuvilla" mit einem Messer angriff, stand er möglicherweise unter dem Einfluss von Wahnvorstellungen. So das Urteil des psychiatrischen Sachverständigen Charalabos Salabasidis.

Seine Untersuchungen sprächen für eine anhaltende wahnhafte Störung, aber auch eine Schizophrenie sei nicht ausgeschlossen. Zudem zeige der Angeklagte narzisstische Tendenzen. Um Weihnachten vergangenen Jahres habe sich seine Krankheit zugespitzt, so dass es im Januar in der Küche der "Rotuvilla" zu einer Attacke mit einem Messer gekommen sei, führte der Psychiater aus.

Seit Donnerstag vergangener Woche versucht die Schwurgerichtskammer des Landgerichts Rottweil unter Vorsitz von Richter Karl-Heinz Münzer zu klären, warum der junge Mann seinen Chef scheinbar unvermittelt bei der gemeinsamen Arbeit angriff.

Die Kammer wollte zunächst die Persönlichkeit des Angeklagten erhellen, indem sie mit dem Chef, der als Nebenkläger auftritt, und seinen Kollegen sprach. Am Donnerstag dieser Woche waren die Kriminaltechnik und die ermittelnden Beamten am Zug. Der rechtsmedizinische Sachverständige Frank Wehner, Leiter der Rechtsmedizin der Universität Tübingen, identifizierte die erheblichen Verletzungen, die das Opfer davongetragen hatte, eher als Schnitt- denn als Stichwunden. Die Wunden selbst seien nicht gravierend, aber durch die Nähe zur Halsschlagader alles andere als harmlos. Der Geschädigte habe noch nicht einmal Zeit gehabt, sich umzudrehen. Aber warum dieser Angriff?

Der psychiatrische Sachverständige Salabasidis geht davon aus, dass es an diesem Mittag aufgrund der schweren Persönlichkeitsstörung des Angeklagten zu einem gewaltsamen Ausbruch kam. Bereits vorher hatten sich Anhaltspunkte festmachen lassen. So zeigte sich der Angeklagte überzeugt, dass der Chef seine Kollegen und die Gäste vergiften wolle. Immer wieder geriet er mit dem Gastronomen aneinander, weil er in seiner psychotischen Angst vor eben diesem Chef überreagierte. Der Sachverständige stellte fest, dass der junge Mann komplexe Sachverhalte nur mühsam nachvollziehen kann und nur über eine unterdurchschnittliche Intelligenz verfügt. Die Kindheit und Jugend des Angeklagten lasse sich kaum nachvollziehen. Dieser flüchte sich in "kuriose Chronologien", also Zeitabläufe, die so nicht logisch sind. Von Eltern und Geschwistern erzählt er nur widerwillig. Dem Angeklagten fehle es an angemessenen Konfliktlösungsfähigkeiten. Zudem sei er unfähig, Gefühle zu zeigen und die der anderen einzuordnen.

Dennoch stellte Salabasidis dem Angeklagten eine günstige Prognose. Während der zu erwartenden Haft könnten eine stabilisierende Umgebung und eine Beschäftigung dem jungen Mann helfen, mit seiner Krankheit zu leben, so der Sachverständige.