Konkret sind es über 900 Gram Marihuana, die von Zollsekretären in dem Rucksack gefunden wurden, den der Angeklagte bei einer Personenkontrolle bei sich hatte. (Symbolfoto) Foto: dpa

Flüchtling wird mit beachtlicher Menge an Betäubungsmitteln ertappt. Seit halbem Jahr in Untersuchungshaft.

Kreis Rottweil - Vor drei Jahren als unbegleiteter Flüchtling von Gambia nach Deutschland gekommen, hat er sich im Landkreis zunächst scheinbar gut integriert. Doch im Februar fanden Zollbeamte bei ihm fast ein Kilogramm Gras. Vor dem Rottweiler Amtsgericht wird der Fall nun aufgerollt.

Simba Azikiwe (Name von Red. geändert) wird mit Fuß- und Handschellen von einem Vollzugsbeamten in den Gerichtssaal gebracht. Seit einem halben Jahr sitzt er in Untersuchungshaft. Und schweigt. Auch vor dem Gericht wolle er laut Verteidiger keine Aussage zur Tat machen, die ihm vorgeworfen wird: unerlaubter Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Konkret sind es über 900 Gram Marihuana, die von Zollsekretären in dem Rucksack gefunden wurden, den der Angeklagte bei einer Personenkontrolle bei sich hatte.

Einer der zwei Zollbeamten schildert den Ablauf der Kontrolle, bei der ihnen der 20-jährige Gambier ins Netz gegangen ist. Zunächst sei den Zollbeamten eine Gruppe von fünf Afrikanern am Tuttlinger Bahnhof aufgefallen. Da diese in einen Zug Richtung Rottweil eingestiegen sind, fuhren die Zollbeamten mit dem Auto hinterher. In Frittlingen fiel ihnen Azikiwe auf, den sie dann kontrollierten. Zunächst nahmen sie seine Personalien auf, dann untersuchten sie den Rucksack, den der junge Gambier bei sich hatte. Dabei sei Azikiwe zunehmend nervös geworden. "Zwei große Pakete in Frischhaltefolie haben wir gefunden", so der Zollsekretär vor Gericht. In den Plastiktüten befand sich fast ein Kilogramm Marihuana. Daraufhin nahmen sie den jungen Mann vorläufig fest.

Um seine Haftfähigkeit zu prüfen, nahmen die Zollbeamten den jungen Mann mit zum Krankenhaus, wo er aggressiv geworden sei und sich selbst habe verletzen wollen, so der Zollbeamte vor Gericht.

Der Angeklagte macht keine Aussage zu der Tat, die ihm vorgeworfen wird. Auf den Beuteln, die bei ihm gefunden wurden, hat das Landeskriminalamt keine Fingerspuren gefunden. Es wurden auch sonst keine DNA-Spuren gefunden. Im Bad einer Flüchtlingsunterkunft in der Kreisgemeinde Rottweil, in der der Angeklagte lebte, wurden zwar weitere Marihuana-Päckchen beschlagnahmt. Da sich der Angeklagte das Bad aber mit acht anderen Flüchtlingen teilt, sei es nicht möglich gewesen, den Fund dem Angeklagten zuzuordnen, so die Richterin. Ob Azikiwe wirklich ein Drogendealer ist, konnte in der Verhandlung jedenfalls nicht geklärt werden.

Der junge Afrikaner kam vor drei Jahren aus Gambia über Lybien, Italien und die Schweiz nach Deutschland, weil ihm in seinem Herkunftsland eine Haftstrafe gedroht habe, so der Verteidiger. Er hatte dort sieben Jahre eine Schule besucht, eine Berufsausbildung hat er nicht. In Deutschland wurde er dem Landkreis Rottweil zugeteilt.

Die Jugendhelferin schildert vor Gericht, dass der junge Gambier zunächst einen guten Weg eingeschlagen habe. Er habe Sprachkurse besucht, Praktika gemacht, selbstständig in einer Wohnung gelebt. Doch auf einmal ging er weg, war monatelang in Augsburg bei einem Bekannten, hörte nicht auf Warnungen seiner Betreuer, dass er seine Wohnung verliere, wenn er nicht zurück komme. Als er zurück kam, war seine Wohnung weg, er musste wieder in eine Massenunterkunft ziehen. Der Drogenfund ist wie eine Krönung des Bruchs, den sein Umfeld bemerkte.

Die Jugendhelferin meint heute, er habe seine Chancen vorerst verspielt. Sie gibt ihm keine gute Prognose und spricht sich für eine Haftstrafe aus, die nicht zur Bewährung ausgesetzt werden solle. "Er hat nichts vorzuweisen, was künftig auf einen guten Lebenswandel schließen lässt", so die Jugendhelferin.

Das Schöffengericht unter dem Vorsitz von Richterin Petra Wagner muss nun beim nächsten Verhandlungstag ein Urteil finden. Weil der Angeklagte nicht aussagt, werden weitere Zeugen gehört. Der Fortsetzungstermin ist am Donnerstag, 13. September, um 10 Uhr.