In einigen Gemeinden und Ortsteilen übernehmen das Maibaum-Aufstellen bereits seit Jahren Firmen, die mit Autokran anrücken, um das Schmuckstück sicher zu platzieren. Foto:  thongsee / Fotolia.com

Muskelkraft hat ausgedient: Immer mehr Gemeinden beauftragen Profis. "Schwalben" zu gefährlich.

Kreis Rottweil - Auch Traditionen können dem Wandel unterliegen. Besonders dann, wenn es um die Sicherheit der Bürger geht. Aktuelles Beispiel ist das Maibaum-Stellen.

Die Zeiten, in denen Maibäume durch reine Muskelkraft aufgestellt wurden, scheinen endgültig vorbei zu sein. Polizei und Sicherheitsbeauftragte sehen das Aufstellen mit sogenannten Schwalben (Holzstangen an denen Seile befestigt sind) schon länger mit Sorge.

In einigen Gemeinden und Ortsteilen übernehmen das Aufstellen bereits seit Jahren Firmen, die mit Autokran anrücken, um das Schmuckstück sicher zu platzieren. In anderen Kommunen sind aber immer noch Jahrgänge, Feuerwehr oder Vereine für diese Tradition zuständig. Und diese agieren meist mit "Schwalben".

Nachdem es im vergangenen Jahr in Trichtingen, einem Ortsteil von Epfendorf, zu einem schweren Unfall beim Aufstellen kam, hat man in der Gemeinde von Bürgermeister Peter Boch das Maibaumstellen nun ebenfalls anders organisiert.

In Trichtingen waren bislang Jahrgänger für das Spektakel zuständig. 2015 brach der Stamm des Baumes, so dass ein zweiter gebraucht wurde. Dieser kippte beim Aufstellen und traf einen jungen Trichtinger, der heute noch an den Folgen des Unfalls leidet.

Bei der Staatsanwaltschaft Rottweil dauern die Ermittlungen wegen fahrlässiger Körperverletzungen an, wie Pressesprecher Frank Grundke auf Anfrage erläutert. Vorsatz könne definitiv ausgeschlossen werden, auch sei nicht sicher, ob man überhaupt einen Verantwortlichen ausmachen könne. "Der Sachverhalt ist vergleichbar mit einem Arbeitsunfall", so Grundke.

"Der Unfall in Trichtingen ist das Schlimmste, was mir in meiner Zeit als Bürgermeister passiert ist", sagt Boch. Es brauche, trotz der schönen Tradition, ein Umdenken. "Die Sicherheit geht vor." Boch hat für Epfendorf nun eine Firma beauftragt, die das Stellen übernimmt, sowohl in Epfendorf selbst, als auch in den Ortsteilen. "Die Vereine und Jahrgänger übernehmen weiterhin aber das Kranzen und die Organisation des Festes im Anschluss."

Die Ereignisse in Trichtingen waren bereits im vergangenen Oktober Thema im Ortschaftsrat Horgen. Denn auch in der Eschachtalgemeinde lief das Maibaumstellen 2015 nicht reibungslos. Der Baum war nicht in die vorgesehene Öffnung gerutscht, sondern stattdessen umgekippt. Ein Helfer konnte sich gerade noch in Sicherheit bringen.

Deshalb hat die Gemeinde Zimmern inzwischen zwei Aufstellhilfen anfertigen lassen, die in Horgen und Zimmern, wo Maibäume stehen, demnächst installiert werden. Der Baum wird in der Vorrichtung fixiert. Wird er aufgerichtet und geht in die Senkrechte, dann rutscht er irgendwann automatisch ins für ihn vorgesehene Loch.

Auch der Bösinger Bürgermeister Johannes Blepp regiert auf den Unfall in Trichtingen. In der nächsten Sitzung des Gemeinderats am 14. April geht es um die Maibäume. In der Sitzungsvorlage heißt es, Blepp habe sich in Gesprächen mit der Oberndorfer Polizei und Bürgermeister Peter Boch über die Unglücksumstände informiert.

Die dortigen Polizeibeamten haben die Zuständigen in der Region für dieses Thema sensibilisiert. In Zusammenarbeit mit der Unfallkasse soll in den nächsten Tagen ein Merkblatt mit den wichtigsten Unfallverhütungsmaßnahmen und rechtlichen Hinweisen herausgeben werden.