Kreis Rottweil - Wie Sündenböcke sehen sich die Landwirte beim Thema Agrarpaket und Volksbegehren "Pro Biene" und wollen das nicht auf sich sitzen lassen. Daher stellte der Kreisbauernverband (KBV) ein Grünes Kreuz in Zimmern auf und beteiligt sich damit an einer Protestaktion.

Wenn es um die Existenz geht, dann wird Tacheles geredet. Das war beim Aufstellen des Grünen Kreuzes an der K 5540 bei Zimmern schnell klar. Landwirte, aber auch Vertreter der Kommunalpolitik und Unterstützer des Volksbegehrens "Pro Biene" hatten sich am Montag versammelt. Manfred Haas, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes, ergriff das Wort. Das Agrarpaket zum Schutz von Insekten und das Volksbegehren seien insbesondere für kleinere Strukturen Sargnägel. Ein Verbot von Pflanzenschutzmitteln bedeute das Aus für einen Großteil der Ackerbaustandorte.

Die Landwirtschaft soll nicht als Sündenbock herhalten

Über Generationen geschaffene Familienexistenzen würden zerstört. Auch eine pauschale Reduktion des Schutzmitteleinsatzes sei weder sinnvoll noch umsetzbar. In Jahren mit höherem Schädlings- oder stärkerem Pilzdruck müssten die Ernten geschützt werden. "Das ist, wie wenn man ein Dorf in der Mitte teilt. Und wer auf der falschen Seite der Grenze lebt, bekommt einfach keine Medizin mehr, wenn er krank ist", stellt Haas einen Vergleich an. Eine staatlich verordnete Ausdehnung des Ökolandbaus führe derweil zum Preisverfall.

Die Landwirte hätten ohnehin schon zunehmend mit schärferen Restriktionen und mehr Bürokratie zu kämpfen. "Wir tun schon jetzt vieles freiwillig", so Haas und meint etwa die Lebensräume für Insekten, die die Landwirte schaffen. "Dass nun von allen Seiten auf uns eingedroschen wird und wir etwas aufgedrückt bekommen sollen, tut weh", meint der KBV-Vorsitzende. "Wir arbeiten schon immer mit der Natur, nicht gegen die Natur."

Mit dem Grünen Kreuz setze man nun ein Zeichen. Die Landwirtschaft soll nicht als Sündenbock herhalten, so der KBV-Vorsitzende. Landwirt Willi Kremer-Schilling hat mit der Protestaktion in Nordrhein-Westfalen begonnen. Nach und nach kamen immer mehr. Auch im nördlichen Rottweiler Kreisgebiet stehen schon einige. Manche seien in Nacht-und-Nebel-Aktionen der Gegner demoliert worden, so Haas. Erst wenn die Zahl regionaler Produkte zurückgeht, wird man merken, welchen Bärendienst man der Landwirtschaft mit dem Volksbegehren und dem Agrarpaket erwiesen hat, meinte er.

"In Deutschland sind die Regale natürlich trotzdem immer voll – dann aber mit Produkten aus dem Ausland", warf ein anderer Landwirt ein und gab damit den Startschuss für eine feurige und teils emotionale Diskussion, die sich vom Insektensterben über Viehpreise bis zu Bio-Produkten entspann. "Wir wollen nicht zwangsbiozertifiziert und gegeneinander ausgespielt werden", warf ein Landwirt ein. Zudem sei das Insektensterben eben Teil der Evolution. "Evolution über Pestizide", merkte Kreisrat Bernd Richter von der ÖDP, die sich für "Pro Biene" stark macht, an.

Hauptversammlung des Kreisbauernverbandes am 1. Februar

Man leiste bereits riesige Beiträge zur Insektenvielfalt, so ein Landwirt. "Wir sind freiwillig zu vielem bereit, aber die Politik soll nicht in den Markt eingreifen. Schon das letzte Agrarpaket hat ihn geschädigt." Generell gebe es immer mehr Auflagen für die Landwirte und gleichzeitig immer höhere Hindernisse, stellte Manfred Haas fest.

Auch die Vertreterin der Landjugend Rottweil-Tuttlingen, Diana Stierle, schaltete sich ein: "Wir haben eine verhärtete Front gegen uns. Wir Junglandwirte brauchen eine Perspektive. So geht es nicht weiter. Redet mit uns", appellierte sie an die Anwesenden.

Das Agrarpaket und das Volksbegehren werden auch bei der Hauptversammlung des Kreisbauernverbandes am 1. Februar auf den Tisch kommen, versprach Haas. Gespannt wird auch eine Stellungnahme der Landesregierung erwartet. Die CDU hat den Antrag gestellt, die Auswirkungen des Volksbegehrens zu prüfen. "Wir wollen auf Basis einer breiten Faktenlage die Debatte führen", so der Landtagsabgeordnete Stefan Teufel. Sollte das Volksbegehren erfolgreich sein, könnte es zur Volksabstimmung kommen.

Die Zeit der Unterschriftensammlung müsse dazu genutzt werden, den Austausch fortzusetzen und Lösungsoptionen zu diskutieren. Existenzbedrohende Regelungen sollen abgewendet werden. "Es kann nicht das Ziel sein, dass ganze Wirtschaftszweige in eine bedrohliche Schieflage geraten. Wir plädieren für Maß und Mitte", so Teufel.

Von ebendem scheint man aber angesichts der Diskussion bei der Stellung des Grünen Kreuzes im Kreis Rottweil noch weit weg zu sein.

Info: Volksbegehren

Im Juli haben die Initiatoren und Unterstützer von "Pro Biene" den Zulassungsantrag für ihr Volksbegehren mit rund 36 000 Unterstützungsunterschriften beim Innenministerium eingereicht. Zu den Forderungen der Initiative gehören: 50 Prozent Ökolandbau bis zum Jahr 2035, Halbierung der mit Pestiziden belasteten Flächen bis 2025, ein Verbot von Pestiziden in Naturschutzgebieten und der Schutz der Streuobstbestände.