Das Hochhaus kommt weg: Ein größerer rechteckiger Baukörper soll das Herzstück am räumlich neu sortierten Rottweiler Landratsamtstandort sein, an dem auch der als architektonisch wertvoll geltende Rundbau keine Zukunft mehr haben wird. Foto: Scheidel

Ab 2020 wird mit Rückbau bgeonnen. Ämterensemble bekommt ganz anderes Gesicht.

Kreis Rottweil - Jetzt ist es endgültig beschlossene Sache: Das Landratsamt-Hochhaus in Rottweil wird nur noch einen Bruchteil des 2020er-Jahrzehnts erleben. Das langjährige Wahrzeichen in der Mittelstadt von Rottweil muss Platz machen für eine bauliche Neuordnung der Kreisbehörde.

Als zentrales Element für die Schaffung eines modernen Dienstleistungszentrums ist ein fünfgeschossiger Riegelbau geplant. Die Mittelkalkulation für das große Bauvorhaben, das sich mindestens bis 2025 hinziehen dürfte, wird im Moment auf etwa 44 Millionen Euro taxiert. Viele Unsicherheiten sind allerdings in einer solchen Kostenprognose enthalten , die nicht zuletzt in der fast schon überhitzten Baukonjunktur zu suchen sind. Wegen Baupreis-Explosionen kommt mittlerweile so mancher Bauträger an den Rande der Verzweiflung.

Auch Entwicklung der Baupreise sorgt für viele Unwägbarkeiten

Deshalb empfiehlt Projektentwickler Dominik Straka vom Stuttgarter Büro Drees & Sommer dem Kreistag, der für das ambitionierte Vorhaben gewissermaßen den Bauherr gibt, nichts über den Stab zu brechen und bei der Verwirklichung der Maßnahme in Form einer kontrollierten Offensive zu agieren. Soll auch heißen: Wenn man Firmen bei der Abarbeitung von Aufträgen längere Fristen einräumt, kann eventuell schon einmal ein gehöriger Preisabschlag erzielt werden, mit dem die ursprüngliche Kostenschätzung zumindest einigermaßen im Auge behalten werden kann.

Mit einer Realisierungsstudie zur Umsetzung der Variante 3 insbesondere im Hinblick auf die Nutzung eines neuen Raumprogramms durch die verschiedenen Dienstleistungseinheiten der Behörde soll Drees & Sommer nun den Boden weiter so bereiten, dass vielleicht schon Ende des Jahres ein Architektenauswahlverfahren zur Feinplanung eingeläutet werden kann, das dann auch kostenmäßig genaueren Aufschluss bringen muss.

Dass zu dem Vorhaben noch viele Stellschrauben zu justieren sind, wurde gestern auch nochmals beim mit großer Mehrheit gefassten Grundsatzbeschluss des Kreistags für die als Variante 3 bezeichnete Gebäudeneustrukturierung deutlich gemacht. Dass dem Hochhaus keine gute Zukunft mehr beschert werden kann, wird in einer aufwändig erstellten Studie von Drees & Sommer verdeutlichen. Am Hochhaus festhalten, hieße nur, den Bestand in einen bausicheren Zustand zu versetzen. Besonders zukunftsgerichtet sei dies aber nicht, betont Straka.

Nichtsdestotrotz gab es aus den Reihen von SPD und Grünen Stimmen, die diese Variante befürworteten, die sich auf den ersten Blick am wirtschaftlichsten (im Prinzip nur Sanierungskosten) darstellt. Der Einschätzung von SPD-Kreisrat Josef Günter, wegen großer Unwägbarkeiten über die künftige Entwicklung der Landkreisbehörde sei es doch eher angezeigt, den bisherigen Bestand (mit Hochhaus) zu restaurieren und modernisieren, trat Straka mit dem Hinweis entgegen, moderne , gewissermaßen im Baukastensystem entwickelte Gebäudekonzepte seien bei Veränderung der Behördenkapazität später deutlich besser vermietbar. Günters Parteifreund Winfried Hecht sieht im Niedergang des Hochhauses zudem einen herben städtebaulichen Verlust.

Bei der Finanzierung will der Landkreis über die Jahre zu etwa einem Viertel Eigenkapital in die Waagschale werfen, wobei Landrat Wolf-Rüdiger Michel versichert, dass "dem Brot und Buttergeschäft wie Schulen, Straßen oder ÖPNV" die gleiche Aufmerksamkeit wie bisher zukommen werde. Die gleiche Botschaft gibt es an Berthold Kammerer, der sich dieses auch hinsichtlich des Landkreis-Engagements im Bereich Soziales bestätigen lassen wollte.

Auch zur Finanzierung gibt es noch viel zu tüfteln

Wer deshalb die Ahnung hegt, der Landkreis wolle seine Modernisierungs-Offensive vielleicht doch verstärkt auch über die Kreisumlage finanzieren, konnte am Montag von Michel den Hinweis entgegennehmen, dass vor Ort – in den Gemeinden und Städten – genügend Mittel belassen werden sollen, da es dort ebenfalls zu genüge Aufgaben gebe.

Intensiv mitreden über den Weg zu der neuen Standortgestaltung sollen auch weiterhin die Behördenmitarbeiter, wie allgemein betont wird. Die Personalvertretung gibt sich zum bisherigen Brainstorming ausgesprochen zufrieden. Wenn zum Raumprogramm und die Personalverteilung nun bald intensiver diskutiert wird, soll gerade auch diese Interessengruppe ihr Mitspracherecht weiter deutlich einfordern können.

Wie bereits berichtet, beschäftigen sich auch zusehends die Anwohner mit den Baumanövern, die in den kommenden Jahren – wohl ab 2020 – auf sie zukommen. Insbesondere der Rückbau des Hochhauses sorgt für Rückfragen wegen der zu erwartenden Altlastenentsorgung. Dass es diesbezüglich große Sorgfalt zu walten lassen gibt und bei den Arbeiten mit Sicherheit keine Abrissbirne geschwungen werden wird, berichtete der Schwarzwälder Bote schon vor einigen Wochen. Die Richtlinien für derlei Rückbauten sind eng gefasst. Das ist natürlich noch keine Garantie, dass der Vorschrift auch in jeder Phase genüge getan wird. Insofern ist eine fortlaufende Sensibilisierung bei diesem heiklen Thema sicher kein Fehler.

Bevor die eigentliche Bauphase beginnt, ziehen vornehmlich die im Hochhaus-Beschäftigten des Landratsamts ins danebenliegende ehemalige Telekomgebäude in der Marienstraße ein, das derzeit noch von der Kreissparkasse als Ausweichquartier genutzt wird. Ende 2019 will die KSK dann aber wieder "um die Ecke" in ihrem stattlichen Neubau am angestammten Standort zu Hause sein.

Kommentar: Alle profitieren

Von Winfried Scheidel

44 Millionen für die bauliche Neugestaltung des Rottweiler Landratsamt-Standortes sind eine Menge Holz, zumal man gar nicht weiß, ob die längst an den Kapazitätsgrenzen vieler Betriebe rüttelnde Hochkonjunktur am Bau letztlich nicht noch eine deutlich höhere finanzielle Aufwendung gegenüber dieser ersten Kostenschätzung fordert. Dennoch: Zu dieser Investition gibt es keine Alternative, will man als zentraler Dienstleistungsstandort modern und zukunftsfähig agieren. Dafür den Kreisstädtern neidisch zu sein, weil wieder eine geballte Ladung an Know-how dort abgeladen wird, wo ohnehin schon vieles gebündelt ist, gibt es wenig Grund. Gerade die Verwaltung 4.0 wird den Bürger mit vielen Online-Angeboten direkt zu Hause bedienen können. Behördenwege bleiben zunehmend erspart. So wird ein Komfort geschaffen, der verstärkt allen 139.000 Kreisbewohnern zugute kommt.