Über die Müllentsorgung im Kreis Rottweil ist eine Diskussion entbrannt. (Symbolfoto) Foto: Seeger

Alt-Bürgermeister übt Kritik. "Alba weiß als Monopolist, dass nicht viel passieren kann."

Kreis Rottweil - Der Unmut über die Abfallentsorgung ist groß. Nun wendet sich der frühere Bürgermeister von Aichhalden und langjährige Kreisrat, Reinhold Kühner, mit einem Brief an die Landkreisverwaltung. Es ist eine schonungslose Abrechnung mit dem Abfallsystem im Kreis.

28 Jahre lang war Reinhold Kühner Bürgermeister von Aichhalden. Er war mehr als 20 Jahre Mitglied des Kreistags und vorne mit dabei, als die Abfallwirtschaft von den Gemeinden auf den Landkreis übertragen wurde. 1993 verabschiedete er sich in den Ruhestand und blieb ein Aktivposten. Jetzt meldet er sich mit einem offenen Brief an den Leiter des Eigenbetriebs Abfallwirtschaft, Christian Mutz, zu Wort.

Reinhold Kühner geht auf die Situation im Sommer ein, als in Aichhalden die Müllabfuhr lückenhaft war: Demnach war am Montag, 24. Juni, in Aichhalden Regelabfuhr von Biomüll. Da am Dienstag bei nahezu 30 Grad Hitze noch Tonnen an der Straße standen, hat Kühner bei Alba schriftlich reklamiert. "Ich bekam keine Antwort und es erfolgte keine Leerung."

Wie lautet die Passage zur Konventionalstrafe?

Deshalb habe er am Donnerstag Christian Mutz verständigt. Er habe erfahren, man solle sich stets an den Eigenbetrieb wenden. Von dort werde reklamiert. Alba hätte dann 48 Stunden Zeit zur Abfuhr. Am Samstag, zwei Tage vor dem nächsten Abfuhrtermin, erfolgte dann die Abholung. Dass die Behältnisse später als vorgesehen abgeholt wurden, hat sich laut Kühner mehrere Male wiederholt.

Der Ex-Bürgermeister bezieht sich in seinem Schreiben auf die Berichterstattung unserer Zeitung in den vergangenen zwölf Monaten. Demnach berichteten wir Ende September, dass eine Konventionalstrafe erst fällig werde, wenn die Abholung nicht innerhalb einer Frist von zwei Tagen nach einer Reklamation beim Eigenbetrieb erfolge. "Steht es tatsächlich so im Abfuhrvertrag?", fragt Kühner.

Der frühere Kreisrat meint: "Alba weiß als Monopolist, dass nicht viel passieren kann. Und leider wird das Unternehmen auch in der nächsten Vertragsperiode Monopolist bleiben." Laut unserem Zeitungsbericht vom 10. Dezember vergangenen Jahres hat Christian Mutz gesagt, dass Alba trotz europaweiter Ausschreibung erste Adresse für Entsorgungsleistungen im Kreisgebiet bleibe. Damit wisse jeder andere Interessent, dass er nur zweite oder gar dritte Wahl sei, so Kühner. Er werde sich nicht die Mühe machen, ein Angebot auszufüllen. So müsse Alba sein Angebot nicht im Wettbewerb mit anderen Bietern erstellen. "Das Unternehmen kann dem Landkreis den Preis diktieren und gleich einen gewissen Betrag für Konventionalstrafen einkalkulieren. Über die Abfallgebühren werden sie dann von den Abfuhrpflichtigen bezahlt", meint Kühner.

Interessant findet der früherer Bürgermeister von Aichhalden die verschiedenen Aussagen über den Austausch der Bio- und Restmülltonnen und die Verwendung eines Chips. Kühner erläutert, wie es zu der jetzigen Lösung kam: Ein Arbeitskreis habe ein neues Entsorgungssystem entwickelt, das die Tonnen mit Chips vorsehe. Der Kreistag habe das abgesegnet. Im Vorgriff auf dieses System seien 78.000 Bio- und Restmüllbehälter mit Chip zum Preis von 1,4 Millionen Euro in Auftrag gegeben worden. Es müssten die Abfuhrfahrzeuge mit Lesegeräten ausgestattet, und es müssen 78.000 intakte Gefäße eingesammelt und gleich viele verteilt werden. Da seien schnell zwei Millionen Euro beisammen.

Gefäße 20 Jahre alt

"Wenige Monate später musste der Kreistag Rolle rückwärts machen, weil das geplante System die Abfuhrgebühr mehr als verdoppelt hätte", so Kühner. Nun bleibe für die nächsten zwei Jahre alles beim Alten. Die Chips würden für die Abfuhr nicht benötigt. "Aber die Kosten für die Gefäße mit Chip werden in die Abfallgebühr einfließen", ist er sich sicher.

Der Austausch der Behälter werde laut Kühner damit verteidigt, dass man mit Hilfe der Chips Erkenntnisse für die Zukunft gewinnen wolle. Was nach 2021 komme, stehe in den Sternen. "Sicher nicht das unbezahlbare System, für das die Chips bestimmt waren", schreibt Kühner. "Weshalb hält man es für notwendig, sich schon jetzt Gedanken für ein neues Abfuhrsystem zu machen? Im Übrigen können die Chips nur die Häufigkeit der Abfuhren zählen."

Als weiterer Grund werde geltend gemacht, die jetzigen Gefäße seien 20 Jahre alt und müssten schon aus diesem Grund ausgetauscht werden. Bei der letzten Abfuhr dieses Jahres seien alle im Umlauf befindlichen Gefäße abfuhrtauglich. Bei der ersten Abfuhr 2020 seien sie schrottreif. "Sind die Papiertonnen jünger?" Über diese werde kein Wort verloren. Kühner: "Sie predigen Abfallvermeidung und machen aus 78.000 intakten Abfallbehältern Kunststoffabfälle!"

Grüngutentsorgung bestimmt teurer

Weshalb habe weder im Arbeitskreis noch bei der Verwaltung oder beim Kreistag jemand einen Gedanken darauf verschwendet, das seitherige Entsorgungssystem auch für die nächste Vertragslaufzeit beizubehalten? Es habe sich seit 20 Jahren bewährt, sei von den Abfuhrpflichtigen akzeptiert, und das bei Gebühren, die wesentlich unter dem Gebührendurchschnitt des Landes lägen.

Anderes Thema: die Grüngutentsorgung, die ab diesem Jahr neu geordnet wurde. Um Kosten zu sparen, sollten weiche Abfälle (hauptsächlich Gras) und hölzerne Teile getrennt in Behältern abgefahren werden, schildert Kühner. Alba könne aber bei Weitem nicht überall genügend Behälter bereitstellen. Was in den Behältern nicht Platz habe, werde gemischt auf dem Boden abgelagert, wie früher.

Der frühere Bürgermeister bemängelt, dass es keine einheitliche Regelung gebe. Jede Sammelstelle ist demnach anders organisiert. Es gebe welche darunter, da könne das Grüngut während der ganzen Woche gemischt auf dem Boden abgelagert werden, wovon reichlich Gebrauch gemacht würde. "Was soll da die getrennte Abfuhr überhaupt?", fragt der frühere Kreisrat. "Es macht die Grüngutentsorgung bestimmt teurer als das System bis Ende letzten Jahres, denn es müssen zweierlei Fahrzeuge eingesetzt werden. Der diesjährige Zustand entspricht sicher nicht dem Vertrag mit Alba. Gehen die Mehrkosten in die Abfallgebühr ein?"

"Mein Eindruck ist, dass Alba herrscht, und der Landkreis dem hilflos ausgesetzt ist", so Kühner. "Wie könnten sonst laut Schwabo vom 23. Mai 2019 bei der Grüngutabfuhr dem Voranschlag von 325.000 Euro im Wirtschaftsplan voraussichtliche Kosten von 880.000 Euro gegenüberstehen?" Schließlich sei im Schwarzwälder Boten vom 3. August zu lesen, nur noch eine Grüngutsammelstelle in der Gesamtgemeinde Aichhalden zu betreiben, sei so im Kreistag beschlossen worden. "Als Betroffener bitte ich um den Wortlaut dieses Beschlusses", so Kühner.