Ein 26-jähriger Wellendinger soll auf Fahrzeuge der früheren Polizeidirektion Rottweil Brandanschläge versucht haben. Das Urteil soll am Mittwoch gesprochen werden. Foto: Schnekenburger

Prozess gegen 26-jährigen Wellendinger: Staatsanwaltschaft fordert Haft auf Bewährung, Verteidigung Freispruch.

Kreis Rottweil - Die Staatsanwaltschaft fordert für einen 26-jährigen Wellendinger, der zwei Brandanschläge auf Polizeifahrzeuge in Rottweil versucht sowie gegen das Betäubungsmittel- und Waffengesetz verstoßen haben soll, eineinhalb Jahre Haft auf Bewährung. Die Verteidigung sieht dies anders.

Im Schwurgerichtssaal des Landgerichts Rottweil stehen sich zwei Männer gegenüber, die die gleichen Sachverhalte bewerten. Staatsanwalt und Verteidiger haben 17 Zeugen und einen Sachverständigen gehört und befragt. Nach anderthalb Tagen Verhandlung kommen sie bei den strittigen Anklagepunkten eins und zwei aber zu unterschiedlichen Bewertungen. Weniger strittig sind hingegen die Anklagepunkte drei und vier.

Der 26-Jährige hatte am ersten Prozesstag eingeräumt, etwa 55 Gramm Betäubungsmittel sowie Waffen und Munition unrechtmäßig besessen zu haben. Während die Staatsanwaltschaft wegen dieser Delikte insgesamt sechs Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung für den Angeklagten fordert, spricht die Verteidigung von »einer milden Strafe auf Bewährung«.

Der Angeklagte bezeichnet diese Taten gestern vor Gericht als »sehr schwerwiegenden Fehler«. Er habe mit diesen Angelegenheiten nichts mehr zu tun, beteuert er.

Ex-Freundin belastet Angeklagten

Bei den beiden versuchten Brandstiftungen im August und September 2012 auf Fahrzeuge der ehemaligen Polizeidirektion Rottweil klaffen die Meinungen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung aber auseinander

Erstere sieht es als erwiesen an, dass der 26-Jährige für die Brandanschläge verantwortlich sei. Die Indizien seien in der Einzelbetrachtung keine eindeutigen Beweise, in der Gesamtschau aber schon. Der Staatsanwalt wertet die Aussagen des Angeklagten, er wisse, dass er mit den Anschlägen etwas zu tun habe, und »er kacke auf die Polizei« bei Vernehmungen durch Kriminalpolizeibeamte als ausreichend belastend. Weiter führt die Staatsanwaltschaft die Zeugenaussagen der Ex-Freundin des 26-Jährigen und eines Ex-Black-Jackets-Mitglieds an, der Angeklagte habe ihnen gegenüber die Brandanschläge eingeräumt. Der Staatsanwalt führt weitere Argumente an: die DNA-Spuren an der als Brandauslöser eingesetzten Teekanne, die verwendeten Grillanzünder stimmen mit den beschlagnahmten überein sowie das an der Kleidung des Angeklagten nachgewiesene Lösungsmittel. Er berücksichtigt die sieben Monate Untersuchungshaft und fordert insgesamt für alle vier Anklagepunkte eineinhalb Jahre Bewährung und 250 Stunden Arbeitsauflage für den 26-Jährigen.

Dessen Verteidiger sieht die Aussagen seines Mandanten gegenüber Kriminalpolizei-Mitarbeitern, Ex-Freundin und Ex-Black-Jackets-Mitglied nicht als Beweis für seine Schuld an. Zudem zweifelt die Verteidigung an dem wahrheitsgetreuen Ausführungen der beiden Letztgenannten. »Die Ex-Freundin hat ihre Aussage bei der Polizei geändert und das Ex-Black-Jackets-Mitglied brachte widersprüchliche Einlassungen vor«, sagt der Verteidiger. Deshalb fordere er einen Freispruch für den Angeklagten hinsichtlich der versuchten Brandstiftungen. Die Verteidigung verweist auf die Krankheitsgeschichte des 26-Jährigen, die vor allem durch einen Leistenbruch im April 2007 ausgelöst worden sei. Ihr gehe es vor allem darum, wie es mit dem Angeklagten weitergehe. Der Verteidiger regt eine vier- bis sechswöchige stationäre Sucht- und Schmerztherapie für den Wellendinger an.

Damit greift er einen Vorschlag des Sachverständigen auf. Dieser kann in seinem Gutachten die Frage nach einer verminderten Schuldfähigkeit nicht eindeutig beantworten. Er spricht von einem chronischen regionalen Schmerzsyndrom, einer sekundären Abhängigkeit von Opiaten und Cannabis sowie einem paranoiden Syndrom bei dem 26-Jährigen.

Nach Aussagen des Angeklagten ist er sich der Teilnahme an den Brandstiftungen nicht bewusst: »Ich kann mir die Brandstiftungen nicht erklären.«

Das Urteil wird morgen, Mittwoch, verkündet.