Der 42-jährige Angeklagte gab vor Gericht stellenweise ein merkwürdiges Bild ab. (Symbolfoto) Foto: dpa

42-Jähriger bestreitet in Berufungsverfahren Tatvorwürfe und gibt vor Gericht merkwürdiges Bild ab.

Kreis Rottweil - Ein 42-Jähriger aus einer Kreisgemeinde legt gegen seine Freiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten wegen Anstiftung zum Diebstahl und gewerbsmäßiger Hehlerei Berufung ein. Zum Auftakt des Verfahrens gestern hat er ein merkwürdiges Bild abgegeben.

»Macht die Handschellen auf, sonst war’s das für heute«, raunt der Angeklagte den Polizisten zu. Bereits vor Beginn des Berufungsverfahrens versucht der 42-Jährige, die Führung zu übernehmen. Doch Wolfgang Heuer, Vorsitzender Richter am Landgericht Rottweil, entgleitet sie nicht. Er lässt die Ehefrau des Angeklagten, die einen abgelehnten Bescheid als rechtlicher Beistand nicht akzeptieren will, kurzerhand von den Polizisten abführen. Mehrfach will sich der Angeklagte in seine Zelle bringen lassen. »Sie bleiben hier«, ruft Heuer.

Als Heuer das Urteil des Amtsgerichts Rottweil verliest, verstummen die ständigen Kommentierungen des 42-Jährigen langsam. Der Angeklagte ist laut Urteil in vier Fällen der Anstiftung zum Diebstahl und gewerbsmäßigen Hehlerei schuldig. Am 16. Mai 2011 bringt ein Paketbote 48 Kaffeevollautomaten und zahlreiche Zigarettenstangen mit einem Gesamtwert von knapp 39 000 Euro bei einem Bekannten in Dietingen-Böhringen unter. Dies soll der Angeklagte veranlasst haben. Den Beteiligten soll er 3000 und 2500 Euro dafür bezahlt haben. Zwischen dem 17. und 28. Mai soll der 42-Jährige Kleinunternehmern, Verwandten und Bekannten im Kreis Rottweil die Produkte angeboten oder verkauft haben.

Neben dem Angeklagten und Heuer setzt sich auch Joachim Dittrich, Leitender Oberstaatsanwalt, für eine Verständigung im Berufungsverfahren ein. Über den Weg dahin entwickelt sich aber eine eineinhalbstündige Auseinandersetzung.

Heuer fordert den Angeklagten immer wieder auf, sich zu den Tatvorwürfen zu äußern. Stattdessen richtet dieser jedoch in einem Rundumschlag über Staat, Justiz und Polizei, von denen er sich verfolgt fühle. Das Urteil des Amtsgerichts Rottweil sei eine »Lüge«. Seine Forderung: Ein »Deal« mit der elften Kleinen Strafkammer und der Staatsanwaltschaft und Zusicherung einer Bewährungsstrafe – ohne Ausführungen zu den Vorwürfen. »Das ist nicht möglich«, entgegnet Heuer. Dittrich bringt zur Vermittlung eine Höchststrafe von zwei Jahren und neun Monaten ins Spiel.

Der Angeklagte bleibt aber bei seiner bestreitenden Einlassung. Diese und das »außerhalb der Norm liegende Verhalten« des 42-Jährigen sind für Heuer die Gründe, »dass der Verständigungsversuch gescheitert ist«.

Dann beginnt die Beweisaufnahme. Der Angeklagte will den ersten Zeugen, einen Kommissar der Kriminalpolizei Rottweil, selbst aufrufen. Heuer kommt ihm zuvor. Der Kommissar schildert, wie die gestohlenen Zigarettenstangen vertickt worden seien. Für den Verkauf der Kaffeeautomaten liefert er nur eingeschränkte Beweise. Der Angeklagte nimmt den Kommissar ins Verhör, wirft ihm gar einen Meineid vor. Heuer unterbindet dies sofort, und kommt zu dem Schluss: »Bei ihnen gibt es wohl mehr Schein als Sein.«

Das Berufungsverfahren wird am morgigen Donnerstag fortgesetzt.