Polizeisprecher Michael Aschenbrenner (von links), Ulrich Schwarz und Manfred Schwanz stellen die Verkehrsstatistik für 2014 vor. Foto: Schickle

Aber: Sorgenkinder bleiben die reifen Motorradfahrer. Elf Biker verunglücken im Bereich des Polizeipräsidiums Tuttlingen 2014 tödlich.

Kreis Rottweil - Weniger Unfälle, weniger Verletzte: Der Verkehrsbericht 2014 der Polizei im Präsidiumsbereich Tuttlingen macht Hoffnung. Wäre da nicht die steigende Zahl der tödlich verunglückten Motorradfahrer.

Eigentlich sind die drei Männer in Blau zufrieden: "Wir haben fast nur gute Nachrichten", erklärt Polizeipräsident Ulrich Schwarz, als er am Montag mit zwei Kollegen den Jahresbericht Verkehr 2014 im Tuttlinger Präsidium vorstellt. Im vergangenen Jahr sank die Zahl der Unfälle im Präsidiumsbereich, der die Landkreise Rottweil, Schwarzwald-Baar, Zollernalb, Freudenstadt und Tuttlingen umfasst. 17.048 Mal krachte es, im Jahr 2013 waren es noch 17.341 Mal gewesen. Das bedeutet eine Abnahme von 1,5 Prozent, zudem liege der Wert unter dem Fünf-Jahres-Durchschnitt, und er folgt nicht dem Baden-Württemberg-Trend: Aufs Bundesland gesehen stieg die Zahl der Unfälle 2014 um 0,8 Prozent. Auch im Landkreis Rottweil kam es, im Gegensatz zu den vier anderen Kreisen, zu mehr Unfällen: 2863 (2013: 2796).

Darüber hinaus ist im Präsidiumsbereich, gesamt betrachtet, die Zahl der verunglückten Personen gesunken: Von 2927 im Jahr 2013 auf 2855 im vergangenen. Davon waren 687 schwer verletzt (2013: 739). Dafür verloren wieder mehr Verkehrsteilnehmer bei einem Unfall ihr Leben: 2014 waren es 48 (2013: 35), 27 davon in einem Auto. Die rote Laterne trägt in diesem Fall der Schwarzwald-Baar-Kreis: Dort starben 15 Menschen (sieben im Auto).

Bei immer mehr Todesopfern handelt es sich um Motorradfahrer. Diese werden zum Sorgenkind der Ordnungshüter. Elf verunglückte Motorradfahrer starben im vergangenen Jahr, 2013 waren es fünf. "Da zeichnet sich etwas ab, dem wir entgegenwirken wollen", erklärte Ulrich Schwarz. Außerdem ist auffallend, dass neun der Todesopfer bei selbst verschuldeten Unfällen ums Leben kamen, die meisten von ihnen war 40 Jahre und älter, bis auf eine Sozia alles Männer.

Sie scheinen die neue Problemgruppe zu sein: Viele, so schildert es der Polizeipräsident, steigen nach Jahren Pause wieder aufs Motorrad. Die Übung fehlt, die Maschinen sind viel größer als früher. So kommt eines zum andern. Viele würden schlicht bei zu hoher Geschwindigkeit aus der Kurve getragen. "Mit Verkehrsüberwachung allein werden wir das nicht in Griff bekommen", erklärt Manfred Schwanz, Leiter des Sachbereichs Verkehr. Vielmehr appellieren er und seine Kollegen an die Biker, erst einmal auf dem Verkehrsübungsplatz ein Sicherheitstraining zu machen.

Einen Unfallschwerpunkt kann die Polizei nicht ausmachen, deshalb rechnet sie auch nicht damit, dass Streckensperrungen ein Allheilmittel sind.

Strecken, wo es ständig kracht, lassen sich nicht ausmachen

Ein Beispiel dafür ist die Lochenstraße bei Balingen: Sie ist samstags und sonntags bereits für Motorradfahrer dicht – zu den meisten Unfällen kommt es an sonnigen Wochenende zwischen 11 und 17 Uhr, vor allem zu Beginn der Saison. Trotz dieser Vorsichtsmaßnahme: Voriges Jahr starb dort wieder ein Motorradfahrer – unter der Woche. Dafür verlor im Kreis Freudenstadt 2014 kein einziger Biker sein Leben. Das ist eine gute Nachricht, aber selbst für die Experten erstaunlich: Schließlich sind auf der B 500 viele Zweiräder unterwegs.

Weniger erfreulich ist die Erkenntnis, dass sowohl die Zahl der getöteten Radfahrer (vier statt null 2013) als auch die der Fußgänger (von drei auf fünf) angestiegen ist.

Um das Bewusstsein für die Gefahren für Motorradfahrer zu schärfen, überwacht die die Polizei ab April verstärkt Motorradstrecken, zudem findet am 19. April ein Infotag zum Thema Sicherheit am Biker-Treffpunkt "Hegaublick" statt. Darüber hinaus ist am 16./17. April ein europaweiter Blitzmarathon.

Positiv fällt der Polizei unterdessen auf, dass die Zahl der Unfälle, in die junge Fahrer (18 bis 24 Jahre) verwickelt sind, zurückgeht. Da klopfen sich die Ordnungshüter selbst auf die Schulter. Sie gehen davon aus, dass "umfassende Präventionsmaßnahmen" und eine "wirkungsvolle Verkehrsüberwachung" eine wichtige Rolle dabei spielen. Übrigens beobachtet die Polizei auch bei den Unfallursachen eine Verbesserung: So ist die Geschwindigkeit nur noch in 817 Fällen die Ursache dafür gewesen, dass es gekracht hat (2013: 1002). Auch die Zahl der Unfälle, bei denen Alkohol eine Rolle spielte, ging von 352 auf 326 zurück.

Gesondert behandelt wird in der Statistik die Autobahn 81 – 84,5 Kilometer davon fallen in den Präsidiumsbereich. Dort krachte es voriges Jahr 620 Mal (2013: 628). Auch die Zahl der verunglückten Personen sank um zehn auf 77. Zwei Verkehrsteilnehmer kamen ums Leben.

Für solche schweren Unfälle ist seit der Polizeireform die Verkehrspolizeidirektion in Zimmern ob Rottweil zuständig. Dort gibt es eine zentrale Unfallaufnahmestelle, die rund um die Uhr erreichbar ist und, wenn nötig, gemeinsam mit der Streife alarmiert wird. Noch etwas Positives aus Sicht des Polizeipräsidenten: "Überall dort, wo es um viel geht, wollen wir hohe Qualität liefern." Sprich: Bei komplexen Unfällen bedürfe es Experten. Und die sollen baden-württembergweit spätestens nach 60 Minuten am Unfallort sein. "Wir in Tuttlingen haben uns vorgenommen, das in 45 Minuten zu schaffen", sagt Schwarz.

Info: Kreis Rottweil

Im Landkreis Rottweil kam es im vergangenen Jahr zu 2863 Unfällen, dabei wurden 494 Menschen verletzt. Die Zahl der Schwerverletzten liegt bei 123, im Jahr zuvor waren es noch 109 gewesen. Insgesamt ereigneten sich 53 Motorradunfälle (2013: 51), Zwischenfälle mit Fußgängern gab es 40 Mal (35). Darüber hinaus verzeichnete die Polizei 604 Fälle, bei denen sich der Verursacher unerlaubt vom Unfallort entfernte. Für 2013 führt die Statistik 569 auf. Insgesamt kamen zehn Verkehrsteilnehmer bei Unfällen ums Leben (2013: acht, im Fünf-Jahres-Durchschnitt 7,4) – fünf im Auto, drei auf dem Motorrad und zwei Fußgänger.