Bei Familie Faißt sind zwei Nationen vereint: Jette und Zoé haben ihre ersten Lebensjahre in Aichhalden verbracht, ihr kleiner Bruder Jarne ist echter Amerikaner. Foto: Faißt

Familie Faißt aus Aichhalden lebt seit 2010 in den USA. "Klinsmann kennt hier kaum einer".

Kreis Rottweil/Alamogordo - Wenn heute Deutschland gegen die USA spielt, dann wehen bei Familie Faißt zwei Flaggen – schließlich ist das jüngste der sechs Kinder echter Amerikaner. Die Aichhalder "Auswanderer" leben seit 2010 im US-Wüstenstaat New Mexico. Und Klinsmann, so sagen sie, "kennt hier kaum einer".Dennoch wird im Städtchen Alamogordo, zwischen Wüste und den Ausläufern der Rocky Mountains, heute Fußball geguckt. "Das Spiel ist bei uns um zehn Uhr morgens. Deshalb schauen wir es in der Schule mit allen Schülern zusammen in der Turnhalle", sagt Markus Faißt. Er arbeitet an der deutschen Schule als Lehrer für Physik, Informatik und Technik. Insgesamt leben rund 1200 Deutsche im 35 000-Einwohner-Städtchen Alamogordo, wo die Bundeswehr im Fliegerischen Ausbildungszentrum der Luftwaffe Jetbesatzungen für den Tornado ausbildet.

2010 entschlossen sich Markus und Claudia Faißt, den Sprung nach Amerika zu wagen, und zogen mit fünf Kindern vom beschaulichen Aichhalden nach Alamogordo, 140 Kilometer von der mexikanischen Grenze entfernt. Jarne (3), der sechste im Bunde, kam in Amerika zur Welt und kennt Deutschland nur aus dem Urlaub. Seine Geschwister Theda (20), Jared (18), Sören (15), Zoé (9) und Jette (7) sind in Aichhalden aufgewachsen. Und Fußball hat bei den Faißts immer eine Rolle gespielt. Die Söhne Jared und Sören haben beim FV Aichhalden in der Jugend gespielt, ihre beiden Opas beim SV Waldmössingen, wo auch Markus Faißt in seiner Jugend aktiv war.

In Amerika haben die Faißts das Hobby Fußball weiterbetrieben – auch wenn "soccer" in ihrer neuen Heimat eine echte Randsportart ist. "Fußball ist hier vor allem der Sport der ärmeren Bevölkerungsschichten sowie der Hispanics und der Deutschen", erklärt die Auswanderer-Familie. Vor allem Mädchenfußball sei populär unter den Hispanics. "Soccer an der Highschool wurde früher eher als Auffangbecken für jene Schüler gesehen, die es nicht ins Footballteam geschafft haben", weiß Markus Faißt. Heute stehe es immer noch im Schatten von Football, Baseball und Basketball.

Als Deutscher der Fußballleidenschaft nachzugehen, kann mit einigem Aufwand verbunden sein: Sören spielte in einem "traveling soccer team", das an überregionalen Turnieren teilnahm – was für die Faißts immer mit stundenlangen Anfahrten und Hotelübernachtungen verbunden war. Die normale Runde wurde im 120 Kilometer entfernten Las Cruces gespielt – die Dimensionen sind in Amerika eben einfach andere als im Schwarzwald. Das Team hat sich irgendwann wieder aufgelöst. Inzwischen gehen die Faißts öfters zu deutsch-amerikanischen Trainingsspielen in der Kaserne oder beteiligen sich im Winter an einer Fußball-AG an der deutschen Schule. Sohn Jared widmet sich in den USA vor allem dem Segelfliegen.

Alle Familienmitglieder haben sich in der neuen Heimat bestens eingelebt, das zeigen die tollen Berichte und faszinierenden Bilder, die Freunde, Familie und Bekannte regelmäßig per Rundmail erhalten. Und während anfangs von drei Jahren in den USA die Rede war, ist der Rückumzug mittlerweile "noch ungewiss", sagen die Faißts. Kann also sein, dass auch die nächste WM noch von Amerika aus verfolgt wird – mit zwei Flaggen versteht sich.